Borussia Dortmund: Die gefühlte Nr. 1

Von Stefan Rommel
BVB-Maskottchen Emma hat den Vater des Dortmunder Erfolgs gefunden: Cheftrainer Jürgen Klopp
© Imago

Noch ein Spieltag ist zu absolvieren, ehe die Bundesliga in die kurzen Winterferien geht. Mit Leverkusen, Schalke und den Bayern haben noch drei Teams Chancen auf die Halbzeitmeisterschaft. Die wahre Spitzengruppe erstreckt sich aber bis zu Borussia Dortmund auf Platz sechs.

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Doch die momentanen Platzierungen in der Tabelle geben nicht zwangsläufig Aufschluss über die aktuellen Kräfteverhältnisse. So war zuletzt bei Leverkusen und Bremen ein leichter Abwärtstrend erkennbar, während gerade die Bayern und Dortmund kräftig aufholten.

SPOX hat die Spitzenteams der Liga und ihre Leistungen der letzten Wochen analysiert. Herausgekommen ist das Bundesliga-Power-Ranking vor dem Finale der Hinserie.

Borussia Dortmund

Tabellenplatz 6, 22:17 Tore, 27 Punkte

Der BVB ist Tabellenführer - zumindest, wenn man die letzten neun Ligaspiele hernimmt. In diesen holten die Westfalen trotz zahlreicher prominenter Ausfälle (Kehl, Dede, Hajnal) 21 Punkte und dürfen sich nach dem "suboptimalen" (Klopp) Saisonstart berechtigte Hoffnungen auf das internationale Geschäft machen.

Klopp gelang es, durch die (auch verletzungsbedingte) Abkehr vom 4-4-2 hin zum kompakteren 4-2-3-1 die defensive Stabilität zurück zu bringen, die Dortmund letzte Saison die zweitbeste Abwehr der Liga bescherte.

Schicksal spielen im Titelrennen - der SPOX-Tabellenrechner

Die "unbesiegbare" Innenverteidigung um Hummels und Subotic, das Sechsertandem Sahin/Bender, das den Kehl-Ausfall kompensiert, ein deutlich formverbesserter und vor allem mannschaftsdienlicher Zidan und zudem den beweglichen und treffsicheren Barrios im Sturmzentrum - für die Borussia kommt die Winterpause zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

Und genau darin liegt auch das Problem: Zum Auftakt der Rückrunde stehen mit Hajnal und Dede zumindest wieder zwei Profis bereit, die wohl kaum auf der Bank landen werden. Das System müsste Klopp dafür nicht extra umstellen, aber seine zuletzt dreimal in Folge siegreiche Stammformation sprengen.

 

Schalke 04

2., 31 Punkte, 25:13 Tore

Die Überraschung der Saison. In Bremen zeigte die blutjunge Mannschaft eine beeindruckend reife Vorstellung und gab einen Vorgeschmack auf das, was da noch kommen kann: Stabile Defensive, überfallartige Konter und eine mannschaftliche Geschlossenheit vom Feinsten.

Schalke ist mit 17 Punkten nicht von ungefähr das beste Auswärtsteam der Liga: Gegen die Knappen ein Tor zu erzielen, ist schon verdammt schwer. Und wenn Schalke das Spiel nicht machen muss, umso mehr.

Das ist aber auch schon das große Manko: Gegen einen ebenfalls defensiv eingestellten Gegner kommen unansehnliche Spiele wie zuletzt gegen Berlin heraus. Immerhin lernt die Mannschaft, solche verkopften Partien gelassen zu Ende zu spielen und mitunter auch zu gewinnen.

Trainer Felix Magath hat einstige Sorgenkinder wie Jefferson Farfan oder Vicente Sanchez wieder in die Spur bekommen, der Mannschaft mit einer ganzen Horde unverbrauchter Talente einen neuen Anstrich verpasst und - unheimlich wichtig auf Schalke - damit die Fans wieder für sich gewonnen.

 

Bayern München

3., 30 Punkte, 29:13 Tore

Nach dem schlechtesten Saisonstart seit 43 Jahren haben die Bayern seit nunmehr neun Spielen nicht mehr verloren und in der ganz jüngeren Vergangenheit auch überzeugt. Trainer Louis van Gaal und die Mannschaft sind zusammengerückt, bis auf das Theater um Luca Toni herrscht wieder beste Stimmung beim Rekordmeister.

"Ich glaube, dass die Mannschaft und er jetzt zusammengewachsen sind und dass wir eine bessere Einheit haben. Die Erfolge geben natürlich jetzt auch Selbstvertrauen und so spielen wir auch Fußball", sagt Präsident Uli Hoeneß.

Dabei ist das 4-4-2 jetzt vorerst gesetzt, mit den bärenstarken Mario Gomez und Ivica Olic im Sturm. Dort droht aber auch schon das nächste Konfliktpotenzial. "Wenn Ribery und Robben fit sind, spielen sie immer von Beginn an", sagt van Gaal.

Das heißt im Umkehrschluss: Zwei Spieler müssen raus, das System wieder auf ein 4-3-3 zurück - trotz des momentanen Erfolgs. Die Bayern haben trotzdem den Großteil ihrer Probleme in den Griff bekommen und sind jetzt im Prinzip erst so richtig in der Saison angekommen.

Die Winterpause kommt sportlich zur Unzeit. Allerdings wollen die Bayern ihren aufgeblähten Kader verkleinern. Neben Toni stehen auch Breno, Christian Lell oder Alexander Baumjohan zur Disposition.

 

Bayer Leverkusen

1., 32 Punkte, 32:11 Tore

Leverkusen steht trotz des Remis in Berlin noch immer dicht vor der Herbstmeisterschaft. Die Mannschaft ist als einzige der gesamten Liga noch ungeschlagen - hat aber auch schon so oft wie kein anderes Team die Punkte geteilt (8 Mal).

Das Spiel der Werkself ist noch immer nach vorne gerichtet, hat aber im Vergleich zu den vorigen Wochen an Dynamik und Durchschlagskraft verloren. Bayer scheint ein wenig die Puste auszugehen. In den letzten Spielen rettete nicht das Kollektiv, sondern die individuelle Stärke von Kroos, Kießling oder Adler wichtige Punkte.

"Es wird Zeit, dass einige Spieler wieder zurückkehren", sagt Trainer Jupp Heynckes. Gemeint sind damit Abwehrstabilisator Manuel Friedrich und Kapitän Simon Rolfes. Trotz der teilweise langwierigen Ausfälle hat Bayer immer noch die beste Defensive und zusammen mit dem HSV die beste Offensive der Liga.

Die Winterpause kommt gelegen, Leverkusen schnupperte jetzt schon zweimal verdächtig an einer Niederlage. Zudem bekommt dann auch Patrick Helmes noch die drei Wochen Zeit, um endgültig wieder fit und womöglich zur Geheimwaffe Bayers zu werden.

 

Hamburger SV

5., 32:18 Tore, 28 Punkte

Nach dem 8. Spieltag stand der HSV noch punktgleich mit Leverkusen auf Platz zwei. Danach folgte die beinahe Mitleid erregende Verletzungsserie (Petric, Reinhardt, Guerrero, Alex Silva, Jansen, Ze Roberto u.a.), die mit einer Serie von sieben sieglosen Spielen und nur fünf Punkten einherging.

Da sich die direkte Konkurrenz nicht entscheidend absetzen konnte und die Norddeutschen zuletzt in Nürnberg auch mal wieder ein Spiel gewannen, mischt Hamburg weiter munter oben mit. Das ist angesichts der Personalprobleme, der damit verbundenen vielfachen taktischen Änderungen und dem Zurückgreifen auf zum Teil bundesligaunerprobte Spieler eine mehr als beachtliche Leistung.

Dass der HSV, der zu allem Überfluss auch noch alle drei Tage aufs Feld geschickt wurde, der Winterpause gerne entgegen sieht, ist verständlich. Welche Rolle die Labbadia-Elf in voller Besetzung spielen kann, zeigten u.a. die Partien gegen Dortmund (4:1), den FC Bayern (1:0) und in Wolfsburg (4:2).

 

Werder Bremen

4., 28 Punkte, 31:14 Tore

Werder kriecht auf dem Zahnfleisch, das haben die letzten, knappen Spiele gezeigt. Dass die Serie bei 23 Pflichtspielen ohne Niederlage erst reißt, war auch ein wenig glücklichen Umständen geschuldet. Schon gegen Borussia Dortmund oder den VfL Wolfsburg waren die Hanseaten eigentlich "fällig".

Bremen hat das Kardinalproblem der letzten Jahre fast perfekt gelöst. 27 Gegentoren zum gleichen Zeitpunkt der Vor-Saison stehen nur noch 14 in dieser Spielzeit gegenüber. Die Mannschaft tritt nach dem Abgang des omnipräsenten Diego endlich kompakter auf und hat die Balance zwischen Defensive und Offensive gefunden.

Torjäger Claudio Pizarro fehlte etliche Wochen. Besonders in den letzten Spielen wurde der Peruaner schmerzlich vermisst. Auch weil Hugo Almeida oder Markus Rosenberg keine relevante Torquote zustande bringen und Marcelo Moreno bislang ein Fehleinkauf ist.

Die Winterpause dürfte Werder gerade recht kommen, um wieder frische Kräfte zu sammeln und unter Umständen auch auf dem Transfermarkt aktiv zu werden.

 

VfL Wolfsburg

9., 30:30 Tore, 23 Punkte

Der deutsche Meister steht im Niemandsland der Tabelle - und läuft im Power-Ranking außer Konkurrenz. 30 Gegentore können nur Bochum und die Hertha überbieten. Dass 21 davon zu Hause fielen, ist dagegen trauriger Rekord. Schlüsselspieler der Meistersaison (Barzagli, Schäfer, Josue, Grafite) befinden sich in einem nicht mehr enden wollenden Formtief.

Die Neuzugänge (Martins, Ziani, Kahlenberg, Johnson), für die mehr als 22 Millionen Euro ausgegeben wurden und den Kader breiter und den Konkurrenzkampf größer werden lassen sollten, sind nicht mehr als Mitläufer.

Trainer Veh probierte schon einiges aus: Abwehrchef Barzagli auf die Bank, Torschützenkönig Grafite in den Heimaturlaub, mal eine, mal drei Spitzen - nichts scheint auf Dauer zu fruchten.

Dem neuen Coach gelang es bisher nicht, sein Konzept, dass sich von der mit langen Bällen operierenden Spielweise unter Magath unterscheidet, über eine dafür geeignete Formation zu stülpen.

In Kombination mit dem mittlerweile extrem ramponierten Geläuf in der Volkswagen-Arena und der Doppelbelastung durch die Champions League kam in der Liga oft nur Rumpelfußball heraus.

Nach der Pleite gegen den BVB dachte Veh erstmals laut über eine Umstellung der eigenen Spielweise nach. So oder so: Für Wolfsburg kommt die Winterpause mehr als gelegen.

Der 17. Bundesliga-Spieltag