Reus & Großkreutz: Die Ahlen-Connection

Von Felix Maier-Lenz
Nach 14 Bundesliga-Einsätzen hat Marco Reus schon drei Tore auf seinem Konto
© Getty

Im Sommer wechselten zwei junge Offensiv-Spieler vom Zweitligisten Rot-Weiß Ahlen in die Bundesliga. Kevin Großkreutz und Marco Reus - bis dahin auf nationaler Ebene eher unbekannt - haben sich innerhalb weniger Monate bei ihren Vereinen Dortmund und Gladbach etabliert.

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Eine Ähnlichkeit fällt sofort auf: Sowohl Reus als auch Großkreutz sind waschechte Dortmunder Jungs. Marco Reus, Jahrgang '89, spielte bis zur U 19 bei der Borussia, wechselte 2006 zu Rot-Weiß. Kevin Großkreutz, ein Jahr älter, wurde schon 2002 aus der C-Jugend von Dortmund ausgemustert, weil er damals nicht den physischen Ansprüchen genügte. Die übrigen Jugendmannschaften durchlief er in Ahlen.

Über die Ahlener Nachwuchsabteilung haben beide dann den Sprung in die erste Mannschaft geschafft, mit der sie 2008 in die 2. Liga aufstiegen.

"Marco und Kevin haben technisch schon fast alles mitgebracht, was man braucht", sagt ihr damaliger Trainer Christian Wück im Gespräch mit SPOX. "Nur in taktischen Fragen hatten sie Defizite. Die erfahrenen Spieler wie Ronny Maul oder Lars Toborg haben ihnen da immer gute Tipps gegeben. Entscheidend war aber, dass sie diese auch bereitwillig angenommen haben. Das waren wirklich zwei lernwillige Typen."

Wück: "Sie konnten Spiele im Alleingang gewinnen"

Am Aufstieg hatten aber auch Reus und Großkreutz selbst entscheidenden Anteil, wie Wück betont: "Die Mannschaft war sich bewusst, dass sie da zwei ganz große Talente in ihren Reihen hat, die durchaus auch mal ein Spiel im Alleingang gewinnen können."

Als die beiden auch eine Spielklasse höher ihre Qualitäten zeigten, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Klubs aus der obersten Etage aufmerksam wurden.

"Das Besondere ist, dass sie ihre hervorragende Technik auch in höchstem Tempo ausspielen können", sagt Wück. "Das ist der Faktor, weshalb sie sich jetzt auch in der Bundesliga durchsetzen. Dazu kommt unbändiger Wille und nicht zuletzt die nötige Torgefahr."

Ungeliebter Vergleich mit Marin

So spielen beide inzwischen wieder für Borussia. Aber während Großkreutz sich seinen sehnlichsten Kindheitstraum erfüllt hat und einen Dreijahresvertrag in Dortmund unterschrieb, ging Reus zur anderen Borussia nach Mönchengladbach.

Eine Entscheidung, die er bislang nicht bereut haben dürfte. Reus ist Stammspieler, Leistungsträger und - auch wenn er das vielleicht nicht hören mag - von Medien und Fans zum legitimen Nachfolger Marko Marins erhoben worden.

Reus auf dem Weg nach oben

Der Vergleich mit dem nach Bremen abgewanderten Mittelfeldstar liegt auf der Hand, nicht nur wegen des Vornamens und der rein optischen Ähnlichkeit. Reus' Spielverständnis und Instinkt sind vergleichbar mit Marins, sein Abwehrverhalten als offensiver Mittelfeldmann sogar vielleicht noch einen Tick besser.

Für Wück ist es keine Frage, dass sich sein ehemaliger Schützling auf einem "steilen Weg nach oben" befindet. Nur abheben dürfe er nicht und Geduld müsse er haben, denn der eine oder andere Einbruch werde kommen.

Erstes Tor für Schwarz-Gelb

Kevin Großkreutz brauchte etwas länger, bis er sich unter Jürgen Klopp durchsetzen konnte, hat nun aber zuletzt zweimal Nelson Valdez aus der Startelf verdrängt und gegen Nürnberg seinen ersten Bundesligatreffer erzielt.

Dass dies vor der Nordtribüne geschah und nicht vor der berüchtigten gelben Wand der Südtribüne, war nach eigenem Bekunden sein großes Glück. Ansonsten wäre er vermutlich nicht davon abzuhalten gewesen, den Zaun zu stürmen und sich eine Gelbe Karte wegen überschwänglichen Jubelns abzuholen.

Mit vier zum ersten Mal im Stadion

Der Grund für diese Euphorie ist einfach zu erklären: Selbst zu Ahlener Zeiten ließ er es sich nicht nehmen, das eine oder andere Heimspiel der Schwarz-Gelben vor Ort zu verfolgen. Sein Vater ist bei jedem Heimspiel zugegen, hat seinen Sohn schon mit vier Jahren das erste Mal mit ins Stadion genommen. "Es gab Situationen, da musste ich ihm verbieten, Freitagabends in Dortmund ins Stadion zu gehen, weil wir am nächsten Tag ein Spiel hatten", erinnert sich Wück.

Für seine Borussia geht Großkreutz nun auf dem Platz die langen Wege. Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick war derart beeindruckt von der läuferischen Leistung des 21-Jährigen beim Dortmunder Auswärtssieg im Kraichgau, dass er seinen eigenen Jungs den Borussen als Vorbild empfahl.

Unbehagen in Gladbach

Dass der Weg für Marco Reus und Kevin Großkreutz steil nach oben führt, scheint vorgezeichnet. Dass das aber gerade bei Reus nicht zu schnell gehen soll, daran ist den Gladbachern gelegen. Mit Unbehagen wurden dort jüngste Gerüchte um eine Berufung von Reus ins Nationalteam aufgenommen.

Man solle keinem Hype erliegen und den Jungen nicht verheizen, ist aus dem Umfeld des Vereins zu hören.

Auch Wück hält diese Überlegungen für verfrüht: "Über kurz oder lang wird der Schritt Nationalmannschaft kommen, da bin ich sicher. Aber jetzt muss er sich erstmal im Verein und der Bundesliga stabilisieren."

Und dazu muss Reus vor allem noch im Kraftbereich nachlegen. Ein Schwachpunkt, den er sich - wie so viele Stärken auch - mit Großkreutz teilt. "Marco weiß selbst, dass er ein Hänfling ist. Und auch Kevin muss weiter an seiner Physis arbeiten", meint Wück. "Da müssen individuelle Programme erarbeitet werden, um das auszubessern."

Es gibt auch Unterschiede

Herkunft, Durchbruch in Ahlen, jetzt der Erfolg in der Bundesliga. Neben vielen Ähnlichkeiten gibt es aber durchaus Unterschiede zwischen den beiden Shooting-Stars. Wück: "Marco ist technisch vielleicht noch einen Tick weiter. Dafür hat Kevin eine unwahrscheinliche Torgeilheit."

Auch im Umgang mit der Öffentlichkeit offenbart sich ein Unterschied. Während Reus den Kontakt mit Medien scheut und sich in Interviews zurückhaltend äußert, ist Großkreutz deutlich extrovertierter.

Das freut insbesondere seine Fans und Freunde in Dortmund, für die er sogar eine eigene Kolumne auf dem Fanportal "schwatzgelb.de" schreibt. Dort kann jeder nachlesen, wie sich das anfühlt, wenn man sich den einen großen Kindheitstraum erfüllt.

Marco Reus im Steckbrief

Kevin Großkreutz im Steckbrief