Heikle Zeiten für Louis van Gaal

Von Thomas Gaber
Louis van Gaal (l.) und sein FC Bayern stehen vor sehr wichtigen Wochen
© Getty

Vor den richtungweisenden Spielen in Freiburg und Bordeaux erhöhen die Bosse den Druck auf den Bayern-Trainer. Zeit, einen kaum unumgänglichen System-Wechsel einzustudieren, gibt es kaum. Doch es gibt auch gute Nachrichten für Louis van Gaal.

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15 A-Nationalspieler stehen beim FC Bayern München unter Vertrag. Wenn Reisen zu den jeweiligen Nationalmannschaften anstehen, verlieren sich in der Regel eine Hand voll Feldspieler plus drei Torhüter auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße im Münchner Stadtteil Harlaching.

Doch in den letzten Tagen herrschte rege Betriebsamkeit. Verletzte oder angeschlagene Spieler und Rekonvaleszenten tummelten sich auf den Trainingsplätzen oder im Reha-Zentrum. Franck Ribery stemmte trotz seiner Patellasehnenverletzung Gewichte, Arjen Robben legte nach seiner Knieverletzung (Reizung der Schleimhautfalte) die Krücken ab und machte erste Gehversuche und Mark van Bommel und Luca Toni trainierten voll mit.

Van Bommel und Toni einsatzbereit

Donnerstag und Freitag hatten die Spieler frei, unüblicherweise mussten sie dafür am Wochenende ran. Am Dienstag (19 Uhr) steht ein Testspiel gegen Drittligist Jahn Regensburg an. Toni soll 90 Minuten zum Einsatz kommen, van Bommel mindestens 45 Minuten. "Beide Spieler sind schon sehr weit. Vor allem Luca", hatte van Gaal bereits letzte Woche gesagt.

Beide werden voraussichtlich im Kader für das Spiel beim SC Freiburg (Sa., ab 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) stehen.

Druck auf van Gaal wächst

Trotz der üppigen Besetzung und der deutlichen Fortschritte von Toni und van Bommel, hat van Gaal nicht viel zu lachen. Der Druck auf den Niederländer wächst und sein bevorzugtes 4-3-3-System kann er in den nächsten Wochen wohl kaum anwenden.

Mit Robben und Ivica Olic (Muskelbündelriss in der Wade) werden zwei Außenstürmer definitiv wochenlang fehlen und Ribery kann laut Sportdirektor Christian Nerlinger wohl erst nach dem Champions-League-Spiel bei Girondins Bordeaux (21. Oktober) wieder spielen.

Im "Kicker" lobte Nerlinger ausdrücklich die Arbeit von van Gaal, setzte den Coach aber auch unter Druck. "Ein Prozess darf kurzfristigen Erfolg nicht ausschließen. Das ist ein Grundprinzip des FC Bayern, wir haben absolute Leistungsprinzipien", sagte Nerlinger. Eine Niederlage in Freiburg hätte allerdings keinerlei Konsequenzen.

"Wir machen unser Urteil nicht von einem Spiel abhängig. Ich hoffe, dass wir mit van Gaal langfristig zusammenarbeiten können, weil ich glaube, dass wir damit den sportlichen Bereich auf ein sehr stabiles Niveau heben. Aber wir brauchen ab sofort Ergebnisse und sollten Meister werden. Wir müssen jetzt punkten", stellte Nerlinger klar.

Sosa durchgefallen, Altintop im Abseits

Doch mit welchen Spielern und in welcher Formation will van Gaal die nötigen Punkte holen? Die angespannte Personalsituation zwingt ihn dazu, sein System abermals zu wechseln. Mit Olic, Robben und Ribery werden in Freiburg drei Flügelspieler fehlen.

Schon vor dem größtenteils bodenlosen Köln-Spiel hatte van Gaal einen Taktik-Wechsel zum 4-4-2 erwägt, sich dann aber für 4-3-3 entschieden, weil Ribery kurzfristig doch einsatzbereit war. Gegen Köln durfte Jose Ernesto Sosa auf der rechten Außenbahn spielen - und fiel gnadenlos durch. Einer weiteren Chance fehlt jegliche Legitimation, Sosa hat schon zu viele nicht genutzt.

Im 4-4-2 wären die Positionen größtenteils vergeben. Thomas Müller dürfte im rechten Mittelfeld zum Einsatz kommen oder in der Raute hinter den Spitzen, da Hamit Altintop derzeit keine Lobby hat bei van Gaal und laut Nerlinger "eine schwierige Zeit" durchmacht.

Vorzugsbehandlung für van Bommel

Gesetzt scheinen im Moment Bastian Schweinsteiger und Andreas Ottl. Für van Bommel kommt ein Startelfeinsatz in Freiburg wohl noch zu früh. Van Gaal würde sich angreifbar machen, würde er seinen Kapitän anders behandeln als Ribery und Luca Toni und ihn sofort wieder von Beginn an bringen.

In der flachen Vier kommt für die linke Seite eigentlich nur Danijel Pranjic infrage, doch der Kroate konnte in der zweiten Halbzeit gegen Köln auf dieser Position nicht überzeugen.

Es ist also durchaus vorstellbar, dass van Gaal wieder zur Raute zurückkehrt und wie schon in der Vorbereitung Tymoschtschuk auf halbrechts stellt. Schweinsteiger wäre sein Gegenpart auf links.

Gute Chancen für Klose und Toni

Spannend bleibt die Besetzung im Sturm. Miroslav Klose ist van Gaals first pick, obwohl Deutschlands Siegtorschütze von Moskau in acht Pflichtspieleinsätzen in dieser Saison noch kein Tor für die Bayern geschossen hat und seine Leistungen alles andere als überragend waren.

Bayerns Vereinspräsident Franz Beckenbauer nahm Kloses Auftreten gegen die Russen zum Anlass, mit dem 31-Jährigen abzurechnen. Er habe eine solche Leistung von Klose "seit Jahren im Trikot des FC Bayern nicht gesehen", schrieb Beckenbauer in seiner "Bild"-Kolumne. Gleiches gelte übrigens für Schweinsteiger.

Um den Platz neben Klose kämpfen Mario Gomez und Luca Toni. Wochenlang hat van Gaal auf den Italiener verzichtet, weil dieser nach seiner Einschätzung nicht fit genug gewesen war.

Doch Toni hat nicht nur gut trainiert, sondern auch viele Fürsprecher. Ottmar Hitzfeld legte van Gaal nahe, Toni zu bringen und Nerlinger schloss am Montag einen Verkauf des Weltmeisters mehr oder weniger aus.

Gomez bei Nerlinger hoch im Kurs

"Toni ist ein außergewöhnlicher Spieler. Und von einem Interesse aus Italien weiß ich nichts", sagte Nerlinger. Auch Gomez liegt beim Sportdirektor hoch im Kurs. "Er ist mit 24 der Mann der Zukunft. Für Mario ist es ein großer Schritt zu Bayern, aber er wird bei uns eine feste Größe, zu 100 Prozent", so Nerlinger.

Viel Zeit bleibt van Gaal nicht, sich für das richtige System und die richtigen Spieler festzulegen. Die meisten Nationalspieler kommen erst am Donnerstag, Martin Demichelis am Freitag von den Länderspielreisen zurück.

Welche Maßnahmen der Coach auch ergreifen mag - sie sollten funktionieren. Die Spiele in Freiburg und Bordeaux sind richtungweisend für die Mannschaft und den Trainer.

FC Bayern München: Kader, Termine, Ergebnisse