Stiftung Warentest: Van Gaal ist Gott!

Von Oliver Kucharski
Die Stiftung Warentest bescheinigte Louis van Gaal u.a. einen vorbildlichen Umgang mit den Medien
© Getty

Louis van Gaal reicht dem Boulevard die Hand, Jens Lehmann gibt Erziehungstipps und in Frankfurt wird gepoppt, dass die Schwarte kracht. Die Alternative Liste des 10. Spieltags.

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1. Good News: Tolle Nachricht für alle Hertha-Fans: Die Hertha ist nicht mehr das mieseste Team der Liga. Das ist seit Samstag nämlich Stuttgart. Denn Stuttgart hat gegen Hannover verloren, und Hannover ist das einzige Team, das bislang so blöd war, seinerseits gegen die Hertha zu verlieren. Hertha schlägt Hannover schlägt Stuttgart, so lautet also die einfache Rechnung. Das drückt sich bislang zwar noch nicht exakt so auch in der Tabelle aus. Aber paar Spieltage noch mit Babbel'schem Aufstellungsroulette und Tannenbaum, dann wird das schon.

2. Prozess-Trainer: Wobei das mit der Hertha ja mittlerweile bisschen so ist wie mit Britney Spears oder Pete Doherty: Die ist sowas von am Boden, da macht man keine Witze mehr drüber. Geht an diesem Spieltag eh nicht richtig. Toll gespielt! Remisiert! Gegen Wolfsburg! Den deutschen Meister! Neunte Pleite in Folge verhindert! Vier Punkte auf dem Konto! Tasmania in weiter Ferne! Scheint so, als hätten die Berliner ihren Prozess-Trainer Friedhelm Funkel endlich verstanden.

3. Erziehungstipps: Wie tief dagegen der VfB gesunken ist, zeigt auch das Beispiel Jens Lehmann. Der muss sich nun sogar schon von kleinen dicken Kindern mit Brilli im Ohr verarschen lassen.

Richtig erschütternd: Hinterher offenbarte Lehmann denn auch den völligen Realitätsverlust: Auf den Vorfall mit dem Rotzlöffel angesprochen, sprach der Keeper nämlich, er müsse jetzt schleunigst nach Hause und für die Erziehung seiner Kinder sorgen, damit wenigstens die später mal so bisschen Anstand und Manieren hätten.

4. Moralpredigt: Noch surrealer als ein Jens Lehmann, der eine gute Kinderstube vermitteln will, ist einzig ein Maik Franz, der eine Moralpredigt hält. Und auch das: ist echt passiert! Über Thomas Müller, den besten Spieler der WM 2010, sprach the artist formerly known as "dieses Arschloch" also: "Er ist ein guter Spieler und hat eine große Zukunft vor sich. Aber das mit den Schwalben, das muss er sein lassen." Wir finden: Maik Franz ist ein ganz okayer Spieler, der eine ganz okaye Karriere hinter sich hat. Aber das mit dem Reden, das muss er sein lassen.

5. Lebenshilfe: Bisschen sonderbar war das Tattoo, das Hoffenheims Franco Zuculini nach seinem Tor gegen Nürnberg offenbarte: "Todo pasa" stand da dem Argentinier auf die Hüfte gebrannt, und das heißt übersetzt: "Alles wird vorübergehen." Und da gibt es nun vier Deutungs-Ansätze: a) Zuculini ist ein großer Fan der Toten Hosen, b) Zuculini ist ein großer Fan barocker Sonette, c) Zuculini ist ein großer Fan des lebensverneinenden Miesepeterismus, d) Zuculini ist ein großer Fan von Real/United/Juve und hat da bereits einen Vorvertrag unterschrieben. So oder so: Alles irgendwie nicht so prima.

6. Boulevardisierung: Aber mal was Erfreuliches: Der FC Bayern hat ein Spiel gewonnen. Und da muss man wirklich erleichtert sein, denn das war ja kaum mehr auszuhalten, wie der gemeine Boulevard da ewig Stimmung gemacht und allen Beteiligten ständig die Worte im Mund rumgedreht hat, um den armen Bayern ernsthaft eine Krise anzudichten.

Man stelle sich nur mal vor, was der Boulevard nun bei einer Niederlage aus dieser Szene mit Uli Hoeneß gemacht hätte, wo sich der Manager also umständlich über den Beifahrersitz seines Wagens auf den Fahrersitz wuchten und quälen musste, weil Karl-Heinz Rummenigge ihn ganz dreist zugeparkt hatte. Was die da alles hineininterpretiert hätten! Wie die das ausgeweidet hätten! Wie die sich da dran gelabt hätten! So jedoch: war's einfach nur ein sehr sehr schönes Bild.

7. Inzaghi der Woche: Bedanken kann man sich dafür bei Arjen Robben. Weil der mit seiner Einwechslung gleich mal für Klasse, Optimismus und: den Ausgleich gesorgt hatte. Wobei das natürlich schon ziemlich fies war, dem boulevardgebeutelten Mario Gomez den Ball so kurz vor der Linie noch vom Fuß zu klauen. Andererseits: Wer weiß denn schon, ob Gomez den auch wirklich gemacht hätte? Sicher ist sicher!

8. Versöhnung: Tolle Szene dann aber von Louis van Gaal, nachdem sein Demichelis-für-Toni-Wechsel den Van-Buyten-Siegtreffer gebracht hatte (klingt kompliziert, ist aber so). Da feierte sich der Trainer also selbst mal so bisschen ab und zeigte den ganzen Idioten auf der Pressetribüne damit mal so richtig arrogant an: "So, Ihr Lappen! Das: war meine Idee! Meine!! Meine ganz allein!! Ich bin der Größte! Ich bin Gott!! Versteht Ihr das?? Wagt es ja nie wieder, mich zu kritisieren, Ihr Würmer!!" Und das: hat bestimmt Eindruck hinterlassen. Kommt jetzt garantiert nie wieder vor, sowas. Da stehen die ja drauf, auf solche Sachen, diese Boulevard-Leute. Gut gemacht, Louis van Gaal!

9. Geburtenrate: Aber mal nach Frankfurt. Da hatte die Stiftung Warentest ja die Trikots beanstandet. Da wären irgendwelche Stoffe drin, die irgendwie schlecht für die Fruchtbarkeit wären. Oder so. Totaler Quatsch natürlich, wie Ümit Korkmaz ganz hübsch veranschaulichte: So schlimm könne das gar nicht sein, immerhin wären etliche Spielerfrauen gerade schwanger.

10. Prohibition: Ohnehin sollte sich die Stiftung Warentest statt Stadien oder Trikots mal lieber um die wirklich wichtigen Dinge kümmern: die Spiele selbst zum Beispiel. Denn ein solches Gewürge wie zwischen Gladbach und Köln kann man ja wirklich nicht mal den Berliner Fans anbieten. Das war eine Frechheit sondergleichen - und im Grunde nur besoffen zu ertragen. Doch auch das: ging ja nicht. Alkoholverbot! Bei SOLCHEN Sachen sollte die Stiftung Warentest mal einschreiten.

11. Pannen-Timi: Bisschen Trost noch zum Schluss: Tim Wiese hat den Rekord verpasst. Gegen Bochum hätte er genau 23 Minuten ohne Gegentor bleiben müssen, um die klubinterne Bestmarke von Oliver Reck (641 Minuten) zu brechen. Und das: schien gegen Bochum ja eigentlich nur eine Formsache zu sein. Doch dann kam Stanislav Sestak und sagte gleich mal in der ersten Minute an: "Mit mir nicht, Du Lappen!" und schoss das schnellste Tor der Saison (39 Sekunden). Doch gräme Dich nicht, Tim Wiese: Einen Rekord von Olli Reck zu brechen, das wäre ungefähr so surreal wie Erziehungstipps von Lehmann, Lebenshilfe von Zuculini oder eine Hand der Versöhnung von van Gaal. Alles halb so wild.

PS: Ja, es stimmt: Diese Alternative Liste kommt allen Ernstes ohne Kevin Kuranyi aus. Obwohl der beim unfassbaren 3:3 gegen Hamburg mit neuer Frisur zwei Buden machte. Wir wissen aber beim besten Willen nicht, was daran witzig sein soll. Ihr etwa??