Das Pech des Älteren

Von Florian Bogner / Andreas Lehner
Mats Hummels ging im Januar 2008 vom FC Bayern München zu Borussia Dortmund
© Imago

Dortmund gegen Bayern (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) ist auch das Duell zweier U-21-Nationalspieler. Denn was Mats Hummels beim FCB nicht schaffte, war in diesem Jahr Holger Badstuber vergönnt: Ein Stammplatz in der ersten Elf.

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Was unterscheidet Mats Hummels von Holger Badstuber? In erster Linie das Geburtsjahr. Hummels kam 1988, und damit ein Jahr früher als Badstuber, zur Welt - ein Umstand, der erstmal nicht weiter schlimm ist, ihm aber wohl einen Stammplatz als Innenverteidiger beim FC Bayern München kostete.

Denn während Hummels, der Innenverteidiger aus der eigenen Jugend, im Januar 2008 zu Borussia Dortmund abgeschoben wurde, kam Badstuber, der andere Innenverteidiger aus der eigenen Jugend, im Sommer 2009 plötzlich in den Genuss eines Stammplatzes der ersten Mannschaft.

Van Gaals Wertschätzung der Jugend

Letztlich, weil er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. "Dass er es jetzt geschafft hat, liegt vor allem an Louis van Gaal. Bei ihm haben junge Leute große Bedeutung, bei anderen Trainern weniger", formuliert es Bayerns Jugendkoordinator Werner Kern im Gespräch mit SPOX diplomatisch.

Pech, dass sich ein Jahr zuvor die Lage für Jugendspieler beim FC Bayern noch anders darstellte. "Ich hatte immer das Gefühl, dass man in München nicht richtig auf mich baut", blickt Hummels mit leisem Frust zurück. "Bei Bayern war ich damals nur der kleine Junge, der bei den Großen mitmachen durfte." So war Ottmar Hitzfeld vor eineinhalb Jahren der finalen Meinung, dass Hummels nicht an den Stammkräften vorbei komme - und schob den Juniorennationalspieler (immerhin für 4,2 Millionen Euro) nach Dortmund ab.

Lernen auf der Sechs

Eine Episode, mit der Hummels aber mittlerweile abgeschlossen hat. "Ich trauere keiner verpassten Chance nach", sagte er dieser Tage im Interview mit der "WAZ" selbstbewusst. Für Badstuber hat er indes viel Lob übrig: "Er ist ein richtig guter Verteidiger, und er hat eben einen Trainer, der auf ihn setzt." Kern bestätigt das: "Van Gaal hat erkannt, dass Badstuber nicht nur ein guter Spieler ist, sondern ein sehr guter. Für ihn hat er nicht nur ein gutes Passspiel, sondern ein überragendes."

Am Samstag kann sich Hummels hautnah von Badstubers Qualitäten überzeugen. Dass Hummels dabei auf der "Sechs", und nicht wie gewohnt als Innenverteidiger auflaufen wird, hat er auch seiner Zeit beim FC Bayern zu verdanken. Dort werden zentrale Abwehrspieler seit längerem auch bewusst auf der Sechserposition ausgebildet.

"Wir machen das, damit sie ihre Spieleröffnung verbessern. Außerdem hat man dort mehr Ballkontakte und ist technisch und geistig mehr gefordert", erklärt Kern. Ein moderner Verteidiger müsse laut Kern nicht nur Abräumen können, sondern auch ein gutes Kopfballspiel haben, ein Stratege sein und sich in die Offensive einschalten - das lerne man auf der Sechs am besten.

Lob von van Buyten und Butt

Auch Badstuber ist durch diese Schule gegangen. "Ich erinnere mich an ein Spiel in Aalen vor gut einem Jahr. Was Holger da auf der Sechs gespielt hat, war eine Augenweide", meint Kern, der Badstubers Aufstieg von der zweiten Mannschaft in die erste genau beobachtet hat.

Bei den Profis gibt er nun einen resoluten Innenverteidiger, der sich zuletzt beim 3:0 gegen Wolfsburg Bestnoten verdiente, in dem er gegen Edin Dzeko und Grafite beinahe jeden Zweikampf gewann. Der 20-Jährige ließ dem jeweiligen Gegenspieler vor zwei Wochen kaum Luft zum Atmen, störte immer schon bei der Ballannahme. "Dass wir zu Null gespielt haben, sagt eigentlich alles aus", war Badstuber hinterher zufrieden.

In der Mannschaft ist Badstuber nach gerade mal vier Bundesliga-Spielen schon anerkannt. "Holger ist ein junger Spieler mit enormem Potential, der schon viel Verantwortung übernimmt, aber jederzeit für Tipps jeglicher Art dankbar ist", meinte Badstubers Abwehr-Kollege Daniel van Buyten gegenüber SPOX. Und Torwart Jörg Butt fügte hinzu: "Ich denke, er hat eine sehr, sehr gute und große Zukunft vor sich."

Hummels bald Nationalspieler?

Auch bei Hummels häuften sich zuletzt die prominenten Fürsprecher. An der Spitze Matthias Sammer. "Wenn sich Mats weiter so gut entwickelt, wird er in absehbarer Zeit den Sprung ins A-Team schaffen", meinte der DFB-Sportdirektor in der vergangenen Woche. "Der Junge hat enormes Potential."

Lob, das Hummels gerne annimmt - auch wenn er sich dafür nichts kaufen kann. "Ich werde nicht Nationalspieler dadurch, dass er es prophezeit. Aber ich werde alles dafür tun, dass er vielleicht irgendwann Recht behalten wird", sagt der Dortmunder.

Hummels hat aus der Not - ihm fehlt es mitunter an Schnelligkeit - eine Tugend gemacht und dafür eine unglaubliche Ruhe am Ball entwickelt. "Ich war früher langsamer als die meisten anderen Jugendspieler, da musste ich versuchen, andere Lösungen zu finden", sagt er heute. Badstuber hingegen lebt von seiner Sprungkraft (55 Zentimeter aus dem Stand) und einem exzellenten Zweikampfverhalten.

Seitenhieb für Hoeneß

Aber wer ist nun besser? Hummels oder Badstuber? Bei der U 21 erhielt der Dortmunder zuletzt den Vorzug. Kern macht's diplomatisch: "Mats ist sicher der bessere Fußballer, dafür ist Holger spritziger, schneller und sprunggewaltiger."

Wer es am Ende in die Nationalmannschaft schafft, wird Kern freilich egal sein. Wie zur Bestätigung seiner Arbeit veröffentlichte der "kicker" am Montag eine Statistik, wonach der FCB mit aktuell 20 Bundesliga-Spielern aus der eigenen Talentschmiede die meisten aller Erstligisten stellt.

"Wenn man noch Owen Hargreaves dazu nimmt, der für 25 Millionen zu Manchester ging, haben wir einen guten Job gemacht", meint Kern nicht ohne Stolz und mit einem scherzhaften Seitenhieb auf die Transferpolitik der Vereinsführung: "Das hab ich auch Uli Hoeneß neulich erst wieder gesagt."

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