Mit Hirn gegen die Giftzwerge

Von Thomas Gaber
Ausgerechnet zum Oktoberfest-Auftakt 2008 gab's eine 2:5-Klatsche für Bayern gegen Werder
© Getty

Im Topspiel des 2. Spieltags der Bundesliga empfängt der FC Bayern Werder Bremen (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY). Beide Teams haben noch Probleme mit der Umsetzung des neuen Systems, beide Trainer müssen auf wichtige Spieler verzichten. Es gibt dennoch gute Gründe für einen weiteren echten Nord-Süd-Klassiker. Bei Bayern steht die endgültige Degradierung eines Millionen-Transfers im Raum.

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Louis van Gaal wollte sich nicht lange aufhalten mit ollen Kamellen. "Das Ergebnis war hart für Bayern. Aber das ist Vergangenheit. Bayern hat jetzt eine andere Mannschaft, Werder hat eine andere Mannschaft", sagte der Bayern-Trainer am Freitag hinsichtlich der 2:5-Heimpleite der Münchner gegen Werder Bremen in der letzten Saison.

Van Gaal geht davon aus, dass sich Geschichte nicht wiederholen wird. "Wenn wir das machen, was wir können, werden wir gewinnen", sagte der 58-Jährige. Eine vernünftige Vorbereitung auf ein Topspiel in der Bundesliga sei allerdings nicht möglich gewesen.

Verletzungssorgen auf beiden Seiten

Van Gaal: "Ich weiß nicht, wie meine Spieler drauf sind. Die meisten habe ich zwischen Sonntag und Donnerstagabend nicht gesehen." Kollege Thomas Schaaf erging es nicht anders. Wenigstens kehrten alle Nationalspieler auf beiden Seiten unversehrt zurück.

Die Verletzungssorgen sind jedoch nicht kleiner geworden. Van Gaal fehlen mit Martin Demichelis und Mark van Bommel zwei Spieler der Stammelf und auch Franck Ribery wird "definitiv nicht von Beginn an spielen", so van Gaal.

Bremen muss weiterhin auf Innenverteidiger Naldo verzichten. "Ein harter Schlag für uns. Wir können ihn nicht ersetzen", sagte Torsten Frings.

Bayern - Bremen: die voraussichtlichen Aufstellungen

Das zur Verfügung stehende Personal ist aber allemal gut genug für einen weiteren Nord-Süd-Klassiker. Im Vergleich zum 2:5 aus dem Vorjahr hat sich nicht nur das Spielermaterial verändert, sondern auch die taktischen Voraussetzungen.

Die Bayern spielen im Schaaf'schen Erfolgssystem 4-4-2 mit Raute, Werder seit Diegos Weggang im 4-4-2 mit flacher Vier - der Bayern-Variante unter Hitzfeld und Klinsmann.

Wer kommt mit der Systemumstellung besser zurecht und worauf gilt es zu achten im direkten Duell?

Probleme mit der Umstellung: Der FC Bayern zeigte in Hoffenheim nur Nuancen von van Gaals Philosophie. Beim Führungstor durch Olic lief der Ball über 18 Stationen. Das gepflegte, variable Passspiel war aber zu selten zu sehen. Im Rautensystem sind offensive Außenverteidiger ein wichtiger Baustein. Pranjic und Lahm beschränkten sich lange Zeit auf ihre Defensivaufgaben. Baumjohann war auf der Zehner-Position überfordert. Dafür passen die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen schon jetzt besser, als in der gesamten Vorrunde der Saison 2008/09.

Werder zeigte im Pokal bei Union Berlin, zu was es auch ohne Diego im Stande ist. Bremen spielte schnörkellos, technisch sauber und war torhungrig. Gegen Frankfurt stimmte kaum etwas. Trotz des defensiveren Systems mit der flachen Vier taten sich immer wieder große Lücken auf. Frankfurt war im fremden Stadion Herr im Haus.

Müller statt Baumjohann! "Es ist gut, dass Franck für Frankreich 25 Minuten ohne Probleme gespielt hat. Aber er kann noch nicht von Beginn an spielen", sagte van Gaal. In Hoffenheim versuchte sich Alexander Baumjohann auf der Zehner-Position - mit eher bescheidenem Erfolg. "Er hat nicht gut gespielt", sagte van Gaal in aller Deutlichkeit. Isaac Vorsah nahm Baumjohann ordentlich in die Mangel. Torsten Frings hat Ähnliches vor. Baumjohann ist seiner Rolle (noch) nicht gewachsen. Der körperlich robustere Thomas Müller passt besser auf die Zehn. Er verhaspelt sich nicht in Zweikämpfen, sondern sucht den direkten Weg zum Tor. Van Gaal sollte ihm eine Chance geben.

Kontrollierte Offensive: Nach zwei deutlichen Siegen gegen Hertha BSC (4:1) und Köln (3:0) forderte Jürgen Klinsmann auch im Bremen-Spiel bedingungslose Offensivpower seiner Bayern und stellte sogar auf 3-5-2 um. Resultat: Die konzeptlosen Bayern rannten ins Verderben und wurden gnadenlos ausgekontert. Van Gaal will von seinen Spielern Angriffsfußball mit Köpfchen sehen. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte der Coach: "Fußball funktioniert nur mit Gehirn. Ich will verteidigen mit Gehirn und angreifen mit Gehirn - dann, wenn es möglich ist. Wenn es nicht möglich ist - nicht angreifen."

In van Bommels Abwesenheit soll Anatolij Tymoschtschuk den Rhythmus bestimmen. Wenngleich van Gaal offen ließ, ob der 11-Millionen-Mann überhaupt spielen wird. Auf die Frage eines Journalisten, welche Rolle Tymoschtschuks gegen Bremen übernehmen müsse, antwortete er: "Tymoschtschuk muss überhaupt nichts. Er kann auf der Sechser-Position spielen. Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen müssen und können. Ich habe auch noch Andreas Ottl."

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Werders Waffen: Ohne Diego verteilt sich die Last der Spielgestaltung auf mehrere Schultern. Marko Marin und Mesut Özil sollen auf den Halbpositionen wirbeln und Tim Borowski, der offensivere Part der Doppel-Sechs, immer wieder nachrücken.

Marin und Özil, die Per Mertesacker als "unsere kleinen Giftzwerge" bezeichnete, werden es mit Lahm und Danijel Pranjic zu tun bekommen. Die Außenverteidiger der Bayern passen von ihrer Statur her gut zu den Bremern. Lahm und Pranjic haben ihre Stärken im Zweikampf am Boden und können sich in ihre jeweiligen Gegenspieler reinbeißen.

Mit Özil, Marin und Borowski verfügt Werder aber über reichlich spielerisches Potenzial. Alle drei sind torgefährlich und können den genialen Pass spielen. So wie Özil vor zehn Monaten beim Bremer Führungstreffer, als er mit einem chirurgisch genauen Zuspiel auf Markus Rosenberg die komplette Bayern-Defensive aushebelte.

Olic oder Klose? Mario Gomez ist im Bayern-Sturm gesetzt. Ivica Olic schoss in einer Woche drei Tore: eins für Bayern, zwei für Kroatien. Miroslav Klose traf gegen Aserbaidschan. Van Gaal hat die Qual der Wahl. Es gibt für den Coach aber keinen Grund, Olic auf die Bank zu verbannen. Der Ex-Hamburger ist in Form und körperlich voll auf der Höhe. Zudem kann er als lauffreudiger Spieler Lücken in die hochstehende Bremer Abwehr reißen.

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