Hieronymus: U-20-WM liegt schlecht

SID
Holger Hieronymus machte als Aktiver drei Spiele für die deutsche Nationalmannschaft
© Getty

In einem exklusiven "SID"-Interview äußert sich DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus zu den Problemen der Abstellung von Bundesliga-Spielern für die U20-WM im September.

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Im Streit um die Abstellung von Bundesliga-Spielern für die im September stattfindende U20-WM in Ägypten sieht sich die Deutsche Fußball Liga (DFL) laut Geschäftsführer Holger Hieronymus als nicht verantwortlich. Für Absprachen mit dem Weltverband FIFA sei der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zuständig. In einem exklusiven Interview mit dem "SID" erklärt Hieronymus den Standpunkt und die Sorgen der Vereine.

Frage: "Herr Hieronymus, in der Liga rumort es. Für Aufregung sorgt derzeit die Diskussion um die Abstellung von Bundesligaprofis für die im August anstehende U20-WM in Ägypten. Bayer Leverkusen will Toni Kroos nicht freigeben, Bayern-Manager Christian Nerlinger hat Holger Badstuber eine Teilnahme gar verboten. Wie sieht die DFL die Situation?"

Holger Hieronymus: "Die U20-WM findet zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt statt. Auch der DFB ist damit alles andere als glücklich. Offenbar wurde von der FIFA der September und Oktober als Termin gewählt, da man in Ägypten im Juli witterungsbedingt nur schwer spielen kann und das Turnier zudem zu nahe am Confed-Cup gelegen hätte. Das hätte möglicherweise zu Doppelabstellungen von Spielern geführt, die für beide Teams infrage kommen. Natürlich sehen wir als DFL die Probleme, die für die Vereine damit in Verbindung stehen. Das haben wir frühzeitig beim DFB hinterlegt."

Frage:"Warum hat die DFL nicht früher reagiert und eine Protestnote in Richtung FIFA verfasst? Andere Ligen sind schließlich auch betroffen und dürften ebenfalls kein Interesse daran haben, dass potenzielle Stammspieler ihren Klubs rund einen Monat nicht zur Verfügung stehen. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser monierte bereits, die DFL habe sich nicht genügend für die Bundesligaklubs eingesetzt. Ist die Kritik berechtigt?"

Hieronymus: "Es ist ein Irrtum zu glauben, dass wir von der DFL bei FIFA-Präsident Blatter anrufen können, um mit ihm Termine zu diskutieren. FIFA und UEFA setzen sich über Ligainteressen hinweg, das ist ein Problem."

Frage: Die FIFA hat den Termin aber nicht in den offiziellen Kalender aufgenommen...

Hieronymus: "...auch damit tut uns die FIFA keinen Gefallen. Wie schon bei den Olympischen Spielen überlässt man die Frage den nationalen Verbänden und beschwört damit einen möglichen Konflikt herauf."

Frage: "Also müssen DFL und DFB in Zukunft gemeinsam versuchen, Einfluss auf den internationalen Terminkalender zu nehmen?"

Hieronymus: "Wir sind der Interessensvertreter der Klubs, aber in erster Linie müssen die Nationalverbände in den FIFA-Gremien ihren Einfluss geltend machen. Deshalb kann das nur über den DFB laufen. Wir erwarten vom DFB, dass er bei der FIFA die Interessen der Liga den internationalen Kalender betreffend vertritt. Das ist der einzige Weg, um in der Zukunft solche Terminkollisionen zu vermeiden."

Frage: "Der Termin im September und Oktober wurde vom DFB und allen anderen Nationalverbänden abgenickt. Eine Abstimmung mit den Bundesligisten hat es offenbar nicht gegeben. Nun wollen die Vereine nur ihre Ersatzspieler zur U20-WM schicken, damit die Spielpraxis sammeln können. Ein Spieler wie Kroos soll dem DFB vorenthalten werden, der Verband will aber den Titel gewinnen. Das ist doch ein kaum zu lösendes Dilemma, oder...?"

Hieronymus: "Es kann natürlich nicht im Sinne der Klubs sein, wenn Stammspieler vier Wochen nicht zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite will der DFB natürlich eine schlagkräftige Truppe zur WM schicken. Ich habe Gespräche mit den Klubs und den betroffenen Spielern angeregt und stelle mir das so vor, dass beide Seiten zu Zugeständnissen bereit sind. Eine Möglichkeit wäre, dass pro Verein nur eine bestimmte Anzahl von Spielern abgestellt werden muss. Auch wir wollen keine Wettbewerbsverzerrung."

Frage: "Profitiert nicht auch die Liga davon, wenn die U-Nationalmannschaften des DFB wie zuletzt geschehen einen Titel nach dem anderen gewinnen? Die EM-Titel der U17, U19 und U21 haben schließlich gezeigt, dass sowohl das Förderprogramm des DFB als auch die Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten Früchte tragen..."

Hieronymus: "Keine Frage, die Titelgewinne der Junioren haben zuletzt einen mächtigen Eindruck in der Fußball-Welt hinterlassen. Grundsätzlich muss man sehen, dass so ein Turnier der Entwicklung eines jungen Spielers hilft. Es kann ihm allerdings dann schaden, wenn er dadurch seinen Stammplatz im Klub verliert."

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