Mourinhos Ziehsohn auf Abwegen

Von Andreas Lehner
Maniche absolvierte 52 Länderspiele für Portugal und erzielte dabei sieben Tore
© Getty

Mit dem Transfer von Maniche hat der 1. Köln für einen Paukenschlag gesorgt. Der Portugiese gehörte in seinen besten Jahren zu den herausragenden Mittelfeldspielern Europas. Sein Lehrmeister war Jose Mourinho, unter ihm feierte die größten Erfolge. Seitdem sich ihre Wege getrennt haben, fiel der 31-Jährige mehr durch Eskapaden und Disziplinlosigkeiten auf, als durch gute Leistungen. Köln könnte seine letzte Chance sein.

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Es gibt Spieler, die brauchen nicht viel, um sich für immer in die Gedächtnisse der Fans zu brennen. Oft genügt schon ein Schuss. Roberto Carlos schaffte das mit seinem Anti-Physik-Freistoß gegen Frankreich beim Confederations Cup 1997.

Der Portugiese Maniche schraubte ebenfalls an den gültigen Grundsätzen der Ballistik, als er bei der Europameisterschaft 2004 gegen die Niederlande den Ball auf einer elliptischen Flugbahn vom linken Strafraumeck in den rechten Winkel schickte. Edwin van der Sar konnte nur hinterher fliegen.

Prototyp von Mourinhos Power-Fußball

Maniche war in diesem Sommer auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Mit dem FC Porto hatte er gerade die Champions League gewonnen, ein Jahr zuvor den UEFA-Cup geholt. Und eigentlich wäre Portugal der verdiente Sieger der EM 2004 gewesen - und Maniche einer der Schlüsselspieler. Bekanntlich hatten Otto Rehhagels Griechen aber andere Pläne.

Der Wertschätzung Maniches tat die Niederlage aber keinen Abbruch. Schließlich stand der nur 1,73 Meter große defensive Mittelfeldspieler stellvertretend für Jose Mourinhos Power-Fußball, der in Europa zu dieser Zeit seinesgleichen suchte.

Zwei Runden in acht Minuten

Kein Wunder, immerhin war Maniche eine Art Ziehsohn Mourinhos. Der Start ihrer Beziehung verlief allerdings alles andere als optimal. Im ersten Spiel für Benfica Lissabon unter Mourinho flog Maniche vom Platz, woraufhin er in der zweiten Mannschaft spielen musste. Auch da sah er Rot.

Mourinho, der das Spiel von der Tribüne aus verfolgte, verfügte per Handy, dass der Rotsünder zur Strafe um den Platz laufen sollte. Nach acht Minuten hatte der wütende Maniche zwei Runden hinter sich gebracht. Mourinho schickte ihn zum Duschen und schmiss ihn aus dem Kader. Allerdings nur vorübergehend.

Schon am nächsten Tag nordete er ihn in einem Einzelgespräch ein und innerhalb weniger Wochen änderte Maniche seine Einstellung und wurde Benficas Kapitän. Seither betont er immer wieder, wie viel er von Mourinho gelernt hat und nennt ihn ehrfurchtsvoll "Professor". Als er 2002 Trainer in Porto wurde, kam auch Maniche.

Wechsel nach Russland als Karriereknick

Nach dem Triumph in der Champions League 2004 trennten sich ihre Wege. Mourinho verließ den Verein, mit ihm gingen zentrale Personen wie Deco, Ricardo Carvalho und Paulo Ferreira. Maniche blieb noch ein Jahr, die Erfolge der Mourinho-Ära waren aber passe. Also entschied sich Maniche, sein Glück im Ausland zu versuchen und wechselte mit drei weiteren Porto-Spielern (darunter Costinha) für 16 Millionen Euro zu Dynamo Moskau.

Ein schwerer Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Er hatte große Probleme mit dem Leben in Russland, den Menschen und den klimatischen Verhältnissen. Auch die Anpassung an das Spiel in der russischen Liga klappte nicht. Das geringe Zuschauerinteresse und Spiele auf gefrorenen Böden oder Kunstrasenplätzen ließen seine Motivation weiter sinken.

"Niemand hat mir eine Pistole an den Kopf gehalten, damit ich nach Moskau gehe, aber es war eine Erfahrung zum Vergessen", stellte Maniche schließlich fest bevor er nach Westeuropa zurückkehrte.

Zurück in Mourinhos Schoß

Und wie so viele zuvor und auch danach kehrte er zunächst in den Schoß Mourinhos zurück, der beim FC Chelsea einen Ersatz für den zum Afrika-Cup abberufenen und zusätzlich verletzten Michael Essien suchte.

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Allerdings blieb sein Engagement an der Stamford Bridge erfolglos, in sechs Monaten brachte er es nur auf acht Einsätze. Einzig Zählbares war eine Rote Karte gegen West Ham United nach 16 Minuten.

Für eine Weiterbeschäftigung reichte das nicht, eine Rückkehr nach Moskau kam ebenfalls nicht in Frage. Schließlich wechselte er für neun Millionen Euro zu Atletico Madrid.

Disziplinlosigkeiten in Madrid

Nach anfänglichen Erfolgen überwarf er sich mit Trainer Javier Aguierre, flog aus dem Kader und wurde im Winter 2008 an Inter Mailand verliehen. Der Zwist der beiden ging soweit, dass sie sich auf dem Trainingsplatz keines Blickes mehr würdigten - geschweige denn miteinander sprachen.

Nach seiner Rückkehr aus Mailand forderte er sogar öffentlich die Entlassung Aguierres. Seine Ausfälle abseits des Platzes und seine schwachen Leistungen auf dem Platz führten dazu, dass ihn Luiz Felipe Scolari nicht für die EM 2008 nominierte. Die größte Enttäuschung seiner Karriere.

Völlig überraschend kam Maniches Entschuldigung und das Arrangement mit Aguierre, so dass er schnell wieder zur ersten Elf zählte.

Als Aguierre im Februar schließlich doch gehen musste und Abel Resino das Amt übernahm, ging es weiter bergab. Maniche fiel immer mehr durch Disziplinlosigkeiten auf, sein letztes Spiel absolvierte er im Champions-League-Achtelfinale im März gegen Porto, als er kurz vor Schluss eingewechselt wurde. Im April wurde er endgültig suspendiert und eine ausstehende Vertragsverlängerung ad acta gelegt.

Soldo sieht ihn vor Petit

Für Köln waren seine Eskapaden von Vorteil. Nur so konnte der FC den Transfer umsetzen, eine fällige Ablöse hätte die Möglichkeiten deutlich überstiegen.

In Köln will der mittlerweile 31-Jährige nun einen Neuanfang starten. Bei seiner Vorstellung zeigte er immerhin Manieren, lobte den Verein über den grünen Klee und stellte in professioneller Art und Weise klar, dass es nur um den Klub und nicht um den Einzelnen gehe.

Sollte er die Fitness mitbringen und abseits des Platzes nicht negativ auffallen, hat er seinen Platz im Mittelfeld sicher. "Maniche hat für Portugal und Atletico Madrid auf der Sechser- oder der Achter-Position gespielt. Ich sehe ihn vor Petit", sagt Trainer Zvonimir Soldo.

Gute Kontakte zu Berater Mendes

Der 32-jährige Petit, der vergangenes Jahr nach Köln wechselte, war mitentscheidend für den Transfer. Beide Familien sind gut befreundet und Petit hat Maniche "das Projekt Köln erklärt und für ihn die Hand ins Feuer gelegt", erklärt Manager Michael Meier.

Hilfreich waren auch die guten Kontakte, die sein Berater Jorge Mendes nach Köln pflegt. Der Portugiese, zu dessen Klienten unter anderem Cristiano Ronaldo und Mourinho zählen, hat auch schon seine Klienten Petit und Geromel beim FC untergebracht.

Damit die Integration ähnlich reibungslos verläuft, wird besonders Soldo gefordert sein. Der Kroate legt sehr viel Wert auf Disziplin und Ordnung. Seit Mourinho hat es bisher kein Trainer mehr geschafft, das Temperament Maniches zu bändigen.

Von seinen Offensivqualitäten ist der Coach angetan: "Er hat einen tollen Schuss und ist torgefährlich."

Das mussten auch die Niederlande und van der Sar schon schmerzlich erfahren.

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