Rensing hat zweite Chance verdient

Von Thomas Gaber
Michael Rensing hielt im Elfmeterschießen zwei Mal und wurde MVP des Audi-Cup-Finals
© Imago

Michael Rensing und Jörg Butt ringen weiter um den Platz im Tor des FC Bayern München. Rensing hat gegen ManUnited Boden gut gemacht und entdeckt wieder seinen Kampfeswillen. Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Doch es gibt Gründe pro Rensing.

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Louis van Gaal war erneut leicht gereizt. Auf der Pressekonferenz nach dem Sieg im Elfmeterschießen gegen Manchester United wurde ein Journalist, wie schon am Vortag, etwas respektlos abgekanzelt. Auf die Frage, welcher Torhüter in den Testspielen besser abgeschnitten habe, sagte der Bayern-Trainer: "Entscheiden Sie, ob und wann die Tests vorbei sind?"

Auch die Frage, ob  Michael Rensing durch seine Leistung gegen Manchester Boden gut gemacht habe, ließ van Gaal offen: "Ich glaube, dass ist eine rhetorische Frage." Immerhin konnte sich der Coach zu einem einigermaßen aufklärenden Statement hinreißen lassen. Frage: "Haben Sie schon entschieden, wer die Nummer eins ist?" Van Gaal: "Nein."

Am Vortag hatte van Gaal einem Journalisten unterstellt, über den Gesundheitszustand von Luca Toni nicht ausreichend genug informiert zu sein und deswegen seinen Job nicht vernünftig zu erledigen.

Van Gaal lobt Rensings Körpersprache

Michael Rensing ist das gelungen. Der 25-jährige Torhüter entschärfte nicht nur zwei Elfmeter der Red Devils, sondern hielt die Bayern mit einer Glanzparade gegen Michael Owen überhaupt im Spiel. "Ich bin sehr glücklich, wie es gelaufen ist. Die letzten Monate waren nicht einfach für mich. Ich mache keinen Hehl draus. Das war natürlich ein wichtiges Spiel für mich", sagte Rensing.

Seinem Trainer - diesmal weniger wortkarg - gefiel Rensings Körpersprache im Elfmeterschießen. "Es ist immer gut, wenn ein Spieler Selbstvertrauen zeigt."

Rensing dürfte im Kampf um den Platz im Tor mit Jörg Butt Boden gut gemacht haben. Torwart-Trainer Walter Junghans ließ ein bisschen mehr raus als van Gaal: "Beide Torhüter haben sehr gut gearbeitet. Aber es ist immer von Vorteil, wenn man in den Spielen seine Leistung bringt."

Das gelang Butt gegen den AC Milan nicht. Beim Freistoßtor von Andrea Pirlo griff er daneben und hatte zudem Timing-Probleme bei dem einen oder anderen langen Ball.

Rensing: "Ich gehe erst, wenn ein Besserer kommt"

Butt wollte am Donnerstagabend keinen weiteren Kommentar abgeben, dafür sprudelte es aus Rensing nur so heraus.

"Jörg und ich haben beide eine gute Vorbereitung gespielt. Schwer zu sagen, wer der bessere war. Ich habe jedenfalls mein Bestes gegeben. Das habe ich immer. Auch letztes Jahr. Als ich vor dem Barcelona-Spiel aus dem Tor genommen wurde, habe ich mir schon meine Gedanken gemacht. Aber ich konnte das so nicht stehen lassen. Ich bin keiner, der so schnell aufgibt. Ich stecke nicht den Kopf in den Sand, sondern kämpfe um meine Chance. Ich spiele seit neun Jahren bei Bayern München, mein Herz hängt noch immer an diesem Verein", sagte der Keeper.

Die Entscheidung von Ex-Trainer Jürgen Klinsmann, ihn aus dem Tor zu verbannen, hat Rensing mittlerweile verkraftet. Auch sein Kampfeswille ist wieder intakt. "Dass ich damals aus dem Tor genommen wurde, bedeutet nicht, dass ich bei Bayern gescheitert bin. Ich werde erst gehen, wenn ein Torwart kommt, der besser ist als ich."

Ruhe vs. Leidenschaft

Ausgerechnet für sein Vorbild Oliver Kahn war Butt in der letzten Saison der bessere Torhüter. "Jörg hat sehr gut gespielt und keine Fehler gemacht. Aber Michael hat gezeigt, dass man ihn nicht so leicht unterkriegt", sagte Kahn im "ZDF".

Für Butt spricht die Erfahrung und die Ruhe, mit der der 35-Jährige seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ob beim Gaudi-Trainingsspiel oder vor 80.000 fanatischen Barca-Fans - Butts Adrenalinspiegel bleibt immer gleich.

Für Rensing spricht die Leidenschaft, die Reaktionsschnelligkeit auf der Linie und seine Stärke bei 1-gegen-1-Situationen. Er hat seine Fehler gemacht in der letzten Saison und wurde teilweise übertrieben hart kritisiert. Aber Rensing hat die Fähigkeiten, sich beim FC Bayern durchzusetzen.

Ein Iker Casillas hampelte einst durch den Strafraum von Real Madrid wie der Dumme August. Mittlerweile gehört Casillas zu den besten Torhütern der Welt - auch weil man an ihm festgehalten hat. Rensing hat eine zweite Chance verdient. Er weiß ohnehin, dass es seine letzte bei Bayern wäre. Druck macht ihm nichts aus. "Wer bei Bayern spielt, hat immer Druck. Und als Nachfolger von Oliver Kahn sowieso", sagt Rensing.

Neue, unverhoffte Chance

An dieser Mammutaufgabe hatte er zu knabbern. Er muss aus Kahns Schatten treten, um ein angesehener Torhüter zu werden, aber dafür muss er spielen. Beim FC Bayern.

Rensings Zeit in München war schon fast zu Ende. Die Bayern-Bosse vertrauten ihm nicht; sie wollten Manuel Neuer mit Geld zuschütten, damit der die nächsten Jahre durch den Strafraum der Münchner segelt. Weil Neuer Schalke treu bleibt, bekam Rensing eine unverhoffte neue Chance. Jetzt muss ihn van Gaal nur noch aufstellen.

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