Jol kritisiert den HSV-Vorstand

SID
HSV-Coach Martin Jol übt Kritik an der Personalpolitik der Hanseaten
© Getty

Die gefühlte Höchststrafe gab es erst nach Spielschluss. Nach der 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den 1. FC Köln mussten die Profis des Hamburger SV mit einem Plakat durch die sich leerende Arena gehen und sich bei den eigenen Fans bedanken.

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"IHR seid meisterlich", stand darauf, und wohl jeder Beteiligte vollendete den Satz in Gedanken: "Wir nicht." Seit Saisonbeginn im August hat der HSV mit Ausnahme des ersten und 31. Spieltages immer unter den Top Fünf der Liga gestanden, konnte von Meisterschaft, UEFA-Cup und DFB-Pokal träumen, doch im Endspurt droht die Saison in Trümmer zu zerfallen.

Als Sechster geht der Klub in den letzten Spieltag, der HSV braucht einen Erfolg in Frankfurt und einen Patzer von Borussia Dortmund in Mönchengladbach, um das Minimalziel Europa League doch noch zu erreichen.

Für die Entwicklung des Vereins würde das erstmalige Verfehlen eines internationalen Wettbewerbs seit sechs Jahren einen erheblichen Rückschlag bedeuten.

Klausur der Großkopferten

Das betrifft unter anderem mögliche Neuzugänge. So wird beispielsweise der vom HSV wochenlang umworbene Marko Marin inzwischen in Bremen gehandelt.

"Wir haben uns noch nicht darauf verständigt, was passiert, wenn es nicht reicht", sagte Sportchef Dietmar Beiersdorfer, "wir wollen die Saison nun mit einem Sieg beenden und dann mal sehen, was Mönchengladbach anbietet."

Dennoch werden Beiersdorfer, Trainer Martin Jol und Klubchef Bernd Hoffmann bald in Klausur gehen müssen, um über die Konsequenzen des letzten Monats zu reden, in denen die Mannschaft ihre Ziele verspielte.

Jol mit Kritik an Personalpolitik

Erstmals ließ sich nach der Enttäuschung gegen Köln sogar Jol zu einer indirekten Kritik an seinen Vorgesetzten hinreißen. "Man kann nicht für 42 Millionen Spieler verkaufen und dann hoffen, dass man Meister wird", erklärte der Holländer, "man hat am Ende gesehen, dass wir nicht breit genug aufgestellt waren."

In der Winterpause wurden zwar fünf Spieler nachverpflichtet, aber keiner von ihnen hat sich als Volltreffer erwiesen. In der Hatz nach Titeln und Platzierungen mussten so immer dieselben Spieler auflaufen und hatten am Ende nichts mehr zuzusetzen.

"Wir können nicht drei, vier Spieler ersetzen, wenn uns einige Säulen wegbrechen", sagte Marcell Jansen. Torjäger Mladen Petric zum Beispiel stand in der Rückrunde ebenso wie Alex Silva und Guy Demel nur selten zur Verfügung.

Olic geht leer aus

"Wir haben das Thema nie öffentlich angesprochen", sagte Jansen auch noch, "aber wir spielen seit Januar ununterbrochen englische Wochen - natürlich sind dann die Beine schwer, und der Akku ist leer."

Bei einem langen Abschlag von Torwart Thomas Kessler verschätze sich Collin Benjamin, sein Gegenspieler Fabrice Ehret kam deshalb zum Schuss und traf schon in der neunten Minute zum entscheidenden Treffer.

Eine klare Ausgleichschance konnten sich die müden Hamburger danach gegen gut organisierte Kölner nicht mehr herausspielen. Auch Dauerläufer Ivica Olic brachte in seinem letzten Heimspiel vor seinem Wechsel nach München nichts mehr zustande.

Daum hat Mitleid

Der Kroate wurde am Ende dennoch gefeiert und hatte Tränen in den Augen: "Ich bin unheimlich enttäuscht." Sogar Gästetrainer Christoph Daum hatte am Ende etwas Mitleid mit den Gastgebern.

"Der HSV konnte nach den vielen Belastungen und großartigen Auftritten nicht so viel Esprit entwickeln", sagte der 55-Jährige, "die Mannschaft hätte es aus meiner Sicht aber verdient, die Europa League zu erreichen, ich hoffe sie hat noch das Glück."

Hamburg - Köln: Daten und Fakten