Magaths schweres Erbe

Von Andreas Lehner / Kevin Bublitz
Ein bisschen Wehmut ist sicher dabei, wenn Felix Magath die Wölfe nach zwei Saisons wieder verlässt
© Getty

Felix Magath verabschiedet sich auf dem Höhepunkt aus Wolfsburg und hinterlässt seinem Nachfolger Armin Veh eine monumentale Aufgabe. Der ist genau daran schon einmal gescheitert. Nun soll er auch noch eine Doppelfunktion übernehmen.

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UPDATE Christian Wulff hatte es gerade noch geschafft. Am Nachmittag hatte der niedersächsische Ministerpräsident als Mitglied der Bundesversammlung noch Horst Köhler zum Bundespräsidenten gewählt.

Zum Glück schaffte Köhler gleich im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit, so dass Wulff rechtzeitig zur Übergabe der Meisterschale in der VW-Arena in Wolfsburg sein konnte.

Der erste Mann im Staat

Auch auf dem Wolfsburger Rathausplatz hatten zunächst die Politiker und Funktionäre das Wort. Wulff, Oberbürgermeister Rolf Schnellecke und VW-Vorstand Dr. Martin Winterkorn verliehen der Meisterfeier zunächst einen etwas biederen Charakter. Alle wollten sie ein Stück vom Erfolg haben.

Das Volk hatte aber genug gesehen und gehört, es forderte den Trainer: Felix Magath. Die eigentliche Nummer eins im Staate - zumindest im Wolfsburger - und Alleinherrscher beim VfL. Winterkorn hatte den 55-Jährigen 2007 geholt und ihn mit allen Freiheiten ausgestattet. Magath war Trainer, Sportdirektor und Geschäftsführer in einem. Im Sommer wird er als Meister zum FC Schalke wechseln, um auch dort seine Architektenfähigkeiten zu beweisen.

Abschied zum richtigen Zeitpunkt

Magath ist unbestritten der Baumeister des Wolfsburger Meisterstücks und insofern wird sein Abgang ein großes Loch hinterlassen. Er hat aus einem "Trümmerhaufen" (Magath) in zwei Jahren eine Meistermannschaft geschaffen, die mit ihrer Offensivqualität allen anderen überlegen war.

Magath geht als Meistermacher und Held. Und hat dabei wohl den richtigen Moment erwischt. "Die Mannschaft hat es nicht immer leicht gehabt mit mir. Also glaubt mir: Es ist für uns alle der richtige Zeitpunkt, jetzt auf Wiedersehen zu sagen", meinte er Samstagabend auf dem Rathausplatz.

Zweite Chance für Veh

Bereits nach dem Bekanntwerden des Wechsels hatte Magath betont, dass er alle seine Ziele mit dem VfL erreicht habe und daher den Verein wieder verlassen könne. Magath ist klug genug, um zu wissen, dass er mit dem VfL den größtmöglichen Erfolg geschafft hat. Der Verein befindet sich am Höhepunkt seiner Geschichte.

Die schwierige Aufgabe, das Erbe zu verwalten, geht an Armin Veh. Der bekommt nun eine zweite Chance, eine Meistermannschaft gezielt zu verstärken, in der Champions League erfolgreich zu positionieren und in der Bundesligaspitze zu etablieren. 2007 scheiterte er genau an dieser Aufgabe mit dem VfB Stuttgart.

Magath hält ihn trotzdem für den richtigen Mann: "Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich auch Armin Veh genannt. Er ist der Richtige für diese Mannschaft. Er ist einer, der auch Fußball spielen lässt, so dass die Mannschaft ihr fußballerisches Potenzial entfalten kann. Daher glaube ich, dass er schönen und erfolgreichen Fußball spielen lässt."

Parallelen zum VfB Stuttgart

Daran mangelte es auch in Stuttgart nicht, nur die Konstanz ging irgendwo verloren. Vehs VfB hatte auch mit der gestiegenen Erwartungshaltung und der Doppelbelastung in Champions League oder UEFA-Cup zu kämpfen.

Schnell wurde klar, dass Veh den Mittelweg zwischen Königsklasse und Bundesliga nicht fand und es dem Kader in der Breite an Qualität fehlte. Auch weil die Königstransfers wie Ciprian Marica und Ewerthon nicht funktionierten. Mitverantwortlich damals: Horst Heldt. Der war auch jetzt wieder als Manager beim VfL im Gespräch. Ein klares Dementi gab es lange Zeit nicht.

Laut "Bild"-Zeitung soll es zu dieser Wiedervereinigung aber nicht kommen. Demnach soll Veh auch den Managerposten übernehmen. Eine weitere große Herausforderung und ein Novum für 48-Jährigen.

Droht der Ausverkauf?

Egal aber, wer die Managergeschicke beim VfL übernehmen wird, eines ist klar: Die Nachfolge von Magath auf dem Managerstuhl ist noch wichtiger als die auf der Trainerbank. Zum einen muss er den drohenden Ausverkauf verhindern, was zumindest im Fall von Edin Dzeko, an dem die Top-Klubs der Premier League interessiert sind, schwierig werden könnte.

Auch wenn sein Landsmann Zvjezdan Misimovic davon ausgeht, dass "Edin in Wolfsburg bleibt". Auch der Verbleib des Spielmachers selbst ist nicht hundertprozentig gesichert. "Ich habe einen Vertrag bis 2012, und ich fühle mich hier mit meiner Familie wohl", so Misimovic zu SPOX. Gleichzeitig schränkte er aber ein: "Man weiß im Fußball natürlich nie, was in zwei Wochen alles passiert. Da kann es ganz schnell gehen."

Torschützenkönig Grafite will seinen Vertrag wohl vorzeitig verlängern. Josue und Alexander Madlung haben dies bereits getan.

So viel Geld wie der FC Bayern

Sollten Dzeko oder Misimovic den Verein tatsächlich verlassen, würde dies zwar ein sportliches Loch in die Mannschaft reißen, aber wohl zwischen 15 bis 20 Millionen Euro in die Kasse spülen.

Zusammen mit den 20 Millionen aus der Champions-League-Teilnahme und eventuell den 30 Millionen, die VW auch in den letzten beiden Jahren jeweils zur Verfügung gestellt hat, hätte die neue sportliche Leitung rund 70 Millionen Euro für die kommende Saison zur Verfügung. In etwa die Summe, die der FC Bayern 2007 bei seinem Großeinkauf (Ribery, Toni, Klose) auf den Markt warf.

Verpflichtungen dieser Größenordnung müssen aber sitzen, sonst kann dies das Mannschaftsgefüge und damit die Grundlage des Erfolgs schnell zerstören. Veh muss nun zeigen, ob er aus seiner Stuttgarter Zeit gelernt hat.

So lief die Wolfsburger Meisterfeier