Die spektakulärsten Titel-Entscheidungen

Von Andreas Lehner
Eintracht Braunschweig wird 1967 am letzten Spieltag deutscher Meister
© Imago

Wolfsburg, Bayern, Stuttgart: Einer aus diesem Trio wird am Ende die Schale in der Hand halten und die deutsche Meisterschaft feiern. Der VfL hat mit zwei Punkten Vorsprung die besten Chancen auf den Titel.

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Der FCB und der VfB streiten sich im direkten Duell um die Qualifikation für die Champions League (alle Spiele Samstag, 15.15 Uhr im LIVE-TICKER), könnten bei einer Niederlage der Wölfe gegen Bremen aber auch noch Meister werden.

Die Statistik spricht klar für Wolfsburg: In 45 Bundesliga-Jahren fiel die Meisterentscheidung 22 Mal am letzten Spieltag, nur fünf Mal wurde der Tabellenführer noch abgefangen. Allerdings wissen ausgerechnet die Bayern und die Stuttgarter, wie das geht.

Ein Rückblick auf die entscheidenden Wenden am letzten Spieltag und die Konstellationen der Vergangenheit.

Die knappsten und spätesten Entscheidung aller Zeiten

1978: Ab dem 31. Spieltag liegen Gladbach und Köln punktgleich an der Tabellenspitze. Vor dem letzten Spieltag hat der FC zehn Tore Vorsprung. Am letzten Spieltag kommt es zu einem der umstrittensten Spiele der Geschichte, denn Dortmund lässt sich im Düsseldorfer Rheinstadion von Gladbach mit 0:12 abschlachten. Schon zur Pause hatte es 0:6 gestanden. Selbst ein 2:0-Sieg hätte Köln nicht mehr zur Meisterschaft gereicht - und zur Pause führte der FC nur 1:0. Aber nach dem Seitenwechsel machen Okudera (2), Flohe und Cullmann einen 5:0-Erfolg perfekt und Köln wird mit drei Toren Vorsprung Meister. So eng war es nie wieder.

Die Abschlusstabelle

2001: Die Entscheidung wird unter dem Namen "Vier Minuten im Mai" in die Geschichte eingehen. Der FC Bayern reist mit drei Punkten Vorsprung, aber dem schlechteren Torverhältnis gegenüber Verfolger Schalke nach Hamburg. Den Münchnern reicht also ein Punkt. Schon der 33. Spieltag war pure Dramatik gewesen. Schalke verliert in Stuttgart völlig mutlos 0:1 durch ein Tor von Krassimir Balakow in der 90. Minute. Fast zeitgleich schießt Alexander Zickler Bayern in München zum 2:1-Sieg über Kaiserslautern.

Das Spiel beim HSV hat der FCB klar im Griff - bis zur 90. Minute, als Sergej Barbarez das 1:0 erzielt. Schalke führt zu diesem Zeitpunkt 5:3 gegen Unterhaching und wähnt sich schon als Meister. In der Nachspielzeit gibt es noch mal indirekten Freistoß für Bayern im Strafraum des HSV. Die Szene wird live auf der Videowand des Gelsenkirchener Parkstadions übertragen. Patrik Anderson zwingt den Ball irgendwie ins Tor, Bayern ist Meister und Oliver Kahns Eckfahnenjubler geht um die Welt. Schalke bleibt nur der Titel "Meister der Herzen", die Bayern gewinnen vier Tage später auch die Champions League.

Die Abschlusstabelle

Dreikampf bis zum Schluss

1967: Eintracht Braunschweig geht mit zwei Punkten Vorsprung auf Eintracht Frankfurt und den TSV 1860 München in den letzten Spieltag. Der Tabellenführer lässt nichts anbrennen, schlägt Nürnberg 4:1 und feiert seinen ersten und bislang einzigen Meistertitel. Die Löwen gewinnen das direkte Duell gegen Frankfurt und werden Zweiter.

Die Abschlusstabelle

1977: Wieder ist Braunschweig dabei, aber diesmal mit den schlechtesten Karten. Die Niedersachsen haben zwei Punkte und zwölf Tore Rückstand auf den Tabellenführer Borussia Mönchengladbach. Zweiter ist Schalke, ebenfalls zwei Zähler zurück, aber nur ein Tor. Gladbach rettet beim FC Bayern ein 2:2 über die Ziellinie. Schalkes Derbysieg gegen Dortmund (4:2) ist wertlos.

Die Abschlusstabelle

1984: Drei Teams stehen am Ende der Saison punktgleich an der Tabellenspitze. Stuttgart hat nach dem vorletzten Spieltag zwei Punkte und neun Tore Vorsprung auf Hamburg, auf Gladbach sind es gar 17 Treffer. Dem VfB reicht ein 0:1 gegen den HSV für die deutsche Meisterschaft. Gladbachs 3:0-Sieg gegen Bielefeld ist Makulatur.

Die Abschlusstabelle

1992: Frankfurt, Stuttgart und Dortmund liegen schon am 20. Spieltag gleichauf, am 37. Spieltag (die Bundesliga startete nach der Wende mit 20 Teams) hat sich daran nichts geändert. Tabellenführer Frankfurt verliert sensationell beim Absteiger Rostock 1:2. Der BVB siegt 1:0 in Duisburg und sieht lange Zeit wie der künftige Meister aus, bis Guido Buchwald den VfB in Leverkusen in der 86. Minute zum 2:1-Sieg und damit zur Meisterschaft köpft. Novum: Das erste und einzige Mal stürzte ein Tabellenführer am letzen Spieltag noch auf Platz drei.

Die Abschlusstabelle

2002: Leverkusen wird zu Vizekusen. Vom 24. Spieltag an ist Bayer Tabellenführer, hat nach dem 31. Spieltag sogar fünf Punkte Vorsprung. Dann verliert die Toppmöller-Elf gegen Bremen (1:2) und in Nürnberg (0:1) und Dortmund springt am vorletzten Spieltag durch ein 4:3 beim HSV ganz nach oben. Die Bayern lauern auf Rang drei. Am letzten Spieltag gewinnen alle drei Teams ihre Spiele und der BVB wird durch ein spätes Tor von Ewerthon zum 2:1 gegen Bremen Meister.

Die Abschlusstabelle

2009: ???

Abfangjäger

1971:  Das Duell der 70er gipfelt gleich im ersten Jahr in einem Herzschlag-Finale. Gladbach und Bayern liegen ab dem 30. Spieltag punktgleich an der Spitze. Am 33. Spieltag gehen die Münchner aufgrund des um einen Treffer besseren Torverhältnisses an der Borussia vorbei. Der letzte Spieltag könnte zum Wettschießen um den Titel werden. Aber während die Gladbacher ihre Aufgabe in Frankfurt souverän mit 4:1 lösen, verlieren die Bayern beim MSV Duisburg 0:2. Rainer Budde trifft doppelt.

Die Abschlusstabelle

1986: Das Saisonfinale erlebt gleich einen doppelten Höhepunkt. Zunächst empfängt Werder am 33. Spieltag Bayern und kann mit einem Sieg den Sack schon zu machen. Michael Kutzop tritt in der 89. Minute nach einem zweifelhaften Handspiel von Sören Lerby zu einem der legendärsten Elfmeter der Bundesliga-Geschichte an - und setzt ihn an den rechten Pfosten. Das Spiel endet 0:0. Trotzdem hat Bremen noch zwei Punkte Vorsprung, das Torverhältnis spricht allerdings für Bayern. "Alles habe ich gewonnen, bloß die deutsche Meisterschaft nicht, und das nur wegen dir", scherzt Rudi Völler heute noch Richtung Kutzop. Denn tatsächlich verliert Werder das letzte Saisonspiel beim VfB Stuttgart 1:2. Bayern fegt Gladbach 6:0 vom Platz und ist am 34. Spieltag zum ersten Mal Tabellenführer.

Die Abschlusstabelle

1992: siehe oben

1995: Wieder vergeigt Werder Bremen am letzten Spieltag den Titel. Nutznießer ist diesmal der BVB. Aber der FC Bayern hat wieder seine Finger im Spiel. Die Münchner versauen ihrem zukünftigen Trainer Otto Rehhagel durch ein 3:1 gegen Werder den Meistertitel zum Abschied. König Otto sollte sich drei Jahre später mit Kaiserslautern rächen. Dortmund gewinnt 2:0 gegen den HSV und beschert Ottmar Hitzfeld seine erste Meisterschaft.

Die Abschlusstabelle

2000: Die Mutter aller Aufholjagden, denn noch nie wurden zuvor drei Punkte am letzten Spieltag wettgemacht. Leverkusen fährt mit drei Punkten Vorsprung, aber dem drei Treffer schlechteren Torverhältnis in den Münchner Vorort zur SpVgg Unterhaching. Ein paar Kilometer weiter nördlich führt Bayern gegen Bremen schon nach 16 Minuten 3:0 (Endstand 3:1). Leverkusen leitet sein Trauma selbst ein, Michael Ballack erzielt ein Eigentor. Markus Oberleitner macht Leverkusen und Trainer Christoph Daum endgültig den Gar aus. Bayern ist Meister und Haching feiert mit.

Die Abschlusstabelle