Psychospielchen im Ländle

Von SPOX
Die Personalie Mario Gomez (l.) sorgte für Ärger bei Sportdirektor Horst Heldt (r.)
© Getty

Eines der spannendsten Saisonfinals der Bundesliga-Geschichte steht vor seinem Höhepunkt. Einen Spieltag vor Schluss haben mit Wolfsburg, Bayern und Stuttgart drei Mannschaften noch Chancen auf den Titel. Die Hertha hat die Qualifikation für die Champions League in den eigenen Händen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX hält Sie im Saisonendspurt über den Stand bei den Top Vier auf dem Laufenden.

Hier geht's zum Tabellenrechner

Titelkandidat 1: VfL Wolfsburg

Beim VfL gibt man sich betont locker. Felix Magath gibt Interviews vor einer Harlachinger Pizzeria unweit von der Säbener Straße und auf dem Münchner Rathaus-Balkon.

Um nicht zu entspannt ins Saisonfinale gegen Werder Bremen zu gehen, bezieht der VfL ab Donnerstag ein Kurz-Trainingslager in der Abgeschiedenheit des Hauses Rhode im Kreis Helmstedt. Dort klingeln keine Handys, es gibt nämlich keinen Empfang.

"Es wäre völlig falsch, jetzt Dinge zu ändern", betont Christian Gentner. "Wir dürfen nur nicht verkrampfen", meint Zvjezdan Misimovic. Bei einem Blick auf die Bilanz gegen Werder dürften sie zumindest nachdenklich werden. Acht Siegen stehen vier Unentschieden und elf Niederlagen gegenüber. Auch die Heimbilanz ist nicht besser: drei Siege, drei Unentschieden, fünf Niederlagen. Den letzten Heimsieg gab es 2002 (3:1).

Wie entspannt es die Wolfsburger dennoch angehen lassen, zeigte Grafite am Dienstag. Der Brasilianer durfte sogar den Trainingsstart verpassen, ohne dafür vom Chef gerüffelt zu werden. Magath hatte seine Ansprache an die Mannschaft schon hinter sich gebracht und das Aufwärmprogramm lief bereits, als der Coach bemerkte, dass Grafite gar nicht anwesend ist.

Der 26-Tore-Mann schrieb noch locker Autogramme und ließ sich fotografieren. "Graffa, komm jetzt!", schrie Co-Trainer Bernd Hollerbach und dann nahm auch Grafite das Training auf. Am Mittwoch musste dafür Daniel Adlung büßen. Der 21-Jährige schickte ihn Magath wegen schlechter Leistung in die Kabine.

Positve Meldung abseits des Platzes: Kapitän Josue hat seinen Vertrag vorzeitig um zwei Jahre bis 2013 verlängert.

Titelkandidat 2: Bayern München

Zunächst zum Sportlichen: Hamit Altintop absolviert nach seinem Muskelfaserriss leichtes Lauftraining. Am Donnerstag soll er ins Mannschaftstraining einsteigen. Gleiches gilt für Ze Roberto, der nach dem Hoffenheim-Spiel an Adduktorenproblemen laborierte.

Abseits des Platzes sorgt weiter das Interview von Magath auf dem Rathaus-Balkon für Schlagzeilen. "Ich weiß nicht, ob das für ihn eine Genugtuung ist. Er sollte zufrieden sein, mit dem, was er in Wolfsburg erreicht hat. Wenn er ein solches Gefühl in sich trägt, bedeutet das, dass er die Jahre bei Bayern in schlechter Erinnerung hat. Stattdessen sollte er dankbar sein, jemals den FC Bayern trainiert haben zu dürfen", giftete Luca Toni in der "tz".

Toni war auch der Torwartwechsel beim 1:5 in Wolfsburg noch ein Dorn im Auge. "Wenn er solche Dinge nötig hat, von mir aus. Im Fußball trifft man sich stets ein weiteres Mal. Und deshalb sollte man immer aufrichtig und respektvoll sein", so der Italiener.

Ganz haben die Münchner auch den Titel noch nicht abgeschrieben. Uli Hoeneß hält Werder-Coach Thomas Schaaf für einen "Ehrenmann", der versuchen werde, die Saison sportlich hervorragend abzuschließen. Toni bietet den Bremern als Motivationshilfe einen Sommeraufenthalt in Italien an. Wenn das mal nichts ist...

Titelkandidat 3: VfB Stuttgart

Psychospielchen sind ja eigentlich die Stärke der Bayern. Doch diesmal ist es erstaunlich ruhig in München. Dafür hauen sie beim VfB ordentlich auf den Putz. Zuerst kam Jens Lehmann mit seiner Schiedsrichter-Kritik und der anschließenden Retourkutsche von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und DFB-Sportdirektor Matthias Sammer.

Nun springt Markus Babbel seinem Torhüter zur Seite. "Das Verhalten der Bayern zeigt, dass sie nervös sind. Sonst waren sie die Ersten, die geschrien haben und mit fünf Mann in die Schiedsrichter-Kabine gestürmt sind", so der VfB-Trainer in "Bild".

Giftpfeile aus dem Ländle, aber irgendwie haben sich das die Bayern auch selbst zuzuschreiben. Immerhin hat Babbel jahrelang bei den Münchnern gespielt und gelernt, wie man vor solchen Spielen auftreten muss. "Wenn Bayern nur Vierter wird, wird es da brennen. Aber ehrlich gesagt, interessiert mich gar nicht, was da los ist", legt Babbel in den "Stuttgarter Nachrichten" nach.

Etwas weniger cool zeigt sich Sportdirektor Horst Heldt. Dem geht das angebliche Interesse der Bayern an Mario Gomez auf die Nerven: "Dass Bayern nun wieder Interesse bekundet, war fast klar. Mit einer erneuten Offensive können sie uns aber nicht schocken. Das machen die Bayern vor solch wichtigen Spielen doch oft so."

Dabei hatte Uli Hoeneß am Montag doch noch verkündet, dass Gomez in Bayerns Planungen derzeit keine Rolle spiele. Trainieren konnte der Nationalstürmer am Mittwoch wegen Adduktorenproblemen erneut nicht.

Hertha BSC

Die Euphorie war so groß vor dem letzten Heimspiel gegen Schalke 04, dass auch die Enttäuschung noch einige Tage angehalten hat in der Hauptstadt. Am Dienstag kamen Manager Dieter Hoeneß, Trainer Lucien Favre, Sportdirektor Michael Preetz und Chefscout Rudi Wojtowicz auf der Geschäftsstelle zusammen.

Thema: Planungen für die neue Saison. Laut "BZ" wurde dabei beschlossen, dass die Hertha nur noch mit den Einnahmen aus der Europa League plant, die Champions League ist intern abgehakt.

Zwar glauben die Verantwortlichen an einen Sieg in Karlsruhe, aber nicht an ein Unentschieden zwischen Bayern und Stuttgart. Platz drei wäre also das Maximum und die Teilnahme an der Königsklasse ungewiss. Damit wird die Hertha auch bei Transfers wieder zurückhaltender agieren müssen. Lucas Barrios' Verpflichtung von Colo Colo (Chile) ist deshalb unwahrscheinlich, ebenso wie ein Verbleib der Liverpool-Leihgabe Andrej Woronin.

Dieser hat wie alle anderen Spieler vor dem KSC-Spiel einen Maulkorb erhalten. Nachdem der Ukrainer, Arne Friedrich und Josip Simunic nach dem 0:0 am Samstag nicht mit Kritik an Trainer und Mitspielern sparten, verteilte Lucien Favre ein Interview-Verbot.

Der Bundesliga-Countdown vom Dienstag