Neueste Hochrechnung: Bayern ist Meister!

Von Oliver Kucharski
Am Ende ist alles wie immer: Der FC Bayern München bejubelt die 22. Deutsche Meisterschaft
© Getty

Lange Zeit sah es nach der ersten Meisterschaft für den VfL Wolfsburg aus. Doch die neuesten Hochrechnungen ergaben: Am Ende setzte sich der Rekordmeister hauchdünn an die Spitze. Mit ziemlich miesen Tricks!

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Wobei diese Hochrechnungen vom Forschungsinstitut Hoeneß stammen und somit mit größter Vorsicht zu genießen sind. Denn jeder weiß ja: Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Jede Menge launige Zahlenspiele - in der Alternativen Liste.

1. Marketingerfolg: Der VfL Wolfsburg ist deutscher Meister. Um sich daran zu gewöhnen, gleich noch mal: Der VfL Wolfsburg ist deutscher Meister. Ist natürlich völlig verdient. Niemand spielte besseren Fußball. Drum ist der VfL Wolfsburg zu Recht deutscher Meister. Und wenn jetzt noch die Männer in Nadelstreifen mal aufhören könnten, diese Meisterschaft als "Marketingerfolg" für die Stadt zu verkaufen (Oberbürgermeister Rolf Schnellecke) oder so Sachen zu sagen wie VW-Vorstand Stephan Grühsem, der ernsthaft meinte, der wunderbare Wolfsburger Fußball solle auch die "Assoziationskette Fußball, Menschen, Emotion, Auto" beim Zuschauer auslösen - dann könnte man das mit diesem Titel für Wolfsburg vielleicht sogar nicht nur akzeptieren, sondern echt okay finden.

2. Erfahrung: Neuer VfL-Trainer wird übrigens Armin Veh. Und das ist sehr super, denn Armin Veh weiß ganz genau, wie das so läuft, wenn eine Mannschaft mal zufällig und aus Versehen deutscher Meister wird, weil sie einen wahnwitzigen Lauf hat und dann in der nächsten Saison in der Champions League hergespielt wird. Da kennt sich Armin Veh bestens aus. Mit Stuttgart gab es damals fünf Niederlagen in sechs Spielen. Gegen so Teams wie Glasgow Rangers und Olympique Lyon. Was war die Bundesliga stolz! Immerhin vergeigte man gegen Barca nicht ansatzweise so mies wie heuer der FC Bayern. Der VfL Wolfsburg wird als deutscher Meister (!) übrigens voraussichtlich in Topf vier gesetzt - im schlimmsten Fall träfe man auf den FC Barcelona, ManUnited oder den FC Liverpool. Na dann viel Glück!

3. Hochrechnung: Vollends glücklich ist indes Uli Hoeneß mit Platz zwei (und Lostopf eins). Wobei ihn dann doch diese eine Frage quält: Was wäre wenn? "Wenn wir immer so gespielt hätten, wie in den letzten fünf Spielen - wissen Sie, wie die Tabelle ausgesehen hätte? Rechnen Sie doch mal hoch!" Aber so etwas ist Quatsch. Denn hätte zum Beispiel der KSC immer so gespielt wie zwischen dem 21. und 25. Spieltag, dann wäre man - hochgerechnet - mit 34 Niederlagen, 0 Punkten und einem Torverhältnis von 0:42 noch schlechter gewesen als Tasmania Berlin damals. Oder Arminia Bielefeld heute.

4. Hochrechnung, II: Meister wäre dann übrigens auch nicht der VfL Wolfsburg (!) geworden, sondern die TSG Hoffenheim. Zumindest wenn man mal die Spieltage 7 bis 11 hochrechnet. Da hat Hoffe fünf Mal spektakulär gewonnen. Am Ende wäre das - hochgerechnet - eine echte Sahne-Saison mit 34 Siegen, 102 Punkten und einem Torverhältnis von 119:35 geworden. Da hätte sich selbst Barca ehrfürchtig verneigen müssen. Was für ein toller Marketingerfolg das für die Region gewesen wäre! Und unbedingt hätte das auch eine tolle Assoziationskette beim Zuschauer ausgelöst: Fußball, Menschen, Emotion, Software! Aber wie gesagt: Quatsch.

5. 68 Tore: Wobei das mit den Null Toren in Karlsruhe ja wirklich fast passiert wäre. Zumindest beim so called "Stürmer" Joshua Kennedy, dem supersympathischen Strafraum-Surfer, der sich vor dem Tor in etwa so geschickt anstellt, wie Schlag-den-Raab-Gewinner Nino beim Fußball-Tennis. Denn bis zum 33. Spieltag hatte Joshua Kennedy ja tatsächlich nicht ein einziges Mal getroffen. Nicht ein einziges lausiges Mal! Damit muss mal Schluss sein, dachte sich Kennedy daher - und netzte gleich zwei Mal ein. Zwei Tore. In einem Spiel. Wenn man das mal hochrechnen würde...

6. Danke! Wobei der Karlsruher Sportclub uneingeschränkt zu preisen ist für seine tolle Leistung zum Saisonfinale. Nicht auszudenken, es wäre für den KSC um nichts mehr gegangen, und man hätte sich zum Beispiel mit Blick auf ein eventuelles Pokalfinale bremenesque und leverkusenig ohne jede Lust und Gegenwehr von der Hertha abfiedeln lassen - und so dafür gesorgt, dass die Berliner doch noch in die Champions League rutschen. Das hätte man wirklich niemandem anbieten können. Der Bundesliga nicht und Europa schon gar nicht. Im Namen des deutschen Fußballs: Danke, KSC!

7. Danke! II: Ebenfalls zu danken ist Piotr Trochowski für sein Tor in der 91. Minute gegen Frankfurt, das die Dortmunder in letzter Sekunde noch aus der Europa League kickte. Denn auch den BVB hätte man in Europa niemandem anbieten können, wie sich direkt nach Spielschluss herausstellte, als sich die angeblich so sympathische Kloppo-Truppe als überaus unsympathische Klopper-Truppe entpuppte, die sich erst herthaesque selbst zerfleischte und dann rabaukenhaft rüde Beschimpfungen gen Hamburg schickte. Von wegen Abseits und so. Dabei sollte sich die Lex Beiersdorfer doch auch bis in den Pott rumgesprochen haben: "Bei einem Tor in der 91. Minute im letzten Bundesligaspiel der Saison gibt es kein Abseits." Also bitte, fair bleiben, BVB!

8. Tschüss! Von ihrer Dortmunder Seite zeigten sich auch die Bielefelder, die nach dem Abpfiff komplett im Chaos versanken. Fans gegen Vorstand, Vorstand gegen Finanzchef, Finanzchef gegen sportliche Leitung, sportliche Leitung gegen Mannschaft usw. usf. Dabei ist einzig und allein Kapitän Oliver Kirch schuld. Weil der bis zum Schluss nicht wusste, was Sache war: "Als Schlaudraff rein kam, hat er mir gesagt, dass Cottbus führt und wir gewinnen müssen. Das wusste ich vorher gar nicht." Wer solch lahme Anführer hat, braucht sich über gar nichts mehr zu wundern, Biele!

9. Deutscher Meister: Nur zur Sicherheit, damit das zwischendurch niemand vergisst: Der VfL Wolfsburg ist deutscher Meister. Und jeder denkt da natürlich zuallererst an Spieler wie Misimovic, der mal eben so den Assist-Rekord von Andi Herzog pulverisierte. Oder die Herren Dzeko und Grafite, die mal eben so das Torjäger-Duo Müller, Gerd / Uli Hoeneß toppten. Wir jedoch denken viel lieber an Spieler wie Andre Lenz, Alexander Madlung, Ashkan Dejagah, Caiuby oder Sebastian Schindzielorz. Denn die dürfen sich jetzt auch deutscher Meister nennen. Deutscher! Meister!

10. Gutes Omen: Aber mal zum deutschen Meister 09/10: dem FC Bayern München. Dort wird alles besser jetzt. Weil Louis van Gaal kommt, ein Trainer von Welt, der früher alles, alles, alles gewonnen hat und auch heute noch ganz schwer auf Zack ist. Mit Alkmaar Meister zu werden, das ist in etwa so crazy, wie den VfL Wolfsburg (!) zum Titel zu führen, und Louis van Gaal hat das geschafft, drum ist Louis van Gaal auch völlig zu Recht Hollands Trainer des Jahres geworden. Damit ist er übrigens direkter Nachfolger von Fred "The Voice" Rutten, der auf Schalke ja bekanntlich erst den Grundstein für die Zukunft gelegt hat. Ein gutes Omen also, wie es guter und omiger nicht sein kann.

11. Verbeugung: Zum Schluss: der Tusch: Tanne Tarnat! Nachdem Tarnat von Dieter Hecking also überaus stillos rasiert wurde, legte Sergio Pinto also die richtigste und schönste Geste der gesamten Saison hin: Erst schoss er in der 84. die Führung für Hannover (und damit Biele ins Chaos), dann rannte er schnurstracks zur Bank, ließ sich ein Tarnat-Trikot reichen, rannte zurück auf den Rasen, breitete es dort aus, sank auf die Knie - und betete es an. Dem schließen wir uns bedingungslos an. Alles Gute für die Zukunft, Tanne!

Der 34. Spieltag im Überblick