"Ich will keine Sonderrolle"

Von Interview: Benny Semmler
Durchatmen! Ex-HSV-Star Sergej Barbarez gelang der Sprung in den Aufsichtsrat
© Getty

Der Machtkampf beim HSV ist Geschichte. Als Sieger gingen Klubchef Bernd Hoffmann und Sergej Barbarez hervor. Sie durften nach der historischen Mitgliederversammlung am lautesten jubeln. Nun ist Barbarez, früher Vollblut-Fußballer mit Hitzkopf-Potential, Mitglied des neugegründeten Hamburger Aufsichtsrat. SPOX sprach mit dem Bosnier.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Barbarez, endlich geht's wieder los. Und das gleich gegen die Bayern. Fernsehen oder Stadion?

Sergej Barbarez: Ich habe zwei Dauerkarten.  Da bin ich natürlich im Stadion.

SPOX: Und kribbelt's schon?

Barbarez: Natürlich. Das erste Spiel ist immer etwas Besonders. Das Stadion ist ausverkauft, die Jungs freuen sich. Aber auch das Spiel bringt nur drei Punkte.

SPOX: Die Bayern siegten am Dienstag furios im Pokal. Wie will der HSV heute dagegenhalten?

Barbarez: Man muss gegen die Bayern immer einen guten Tag erwischen. Aber die Jungs sind bereit. Die werden schon Gas geben. Als HSVer hat man nie Angst!

SPOX: Sie sind seit Montag im neuen Aufsichtsrat des HSV. Nach den turbulenten Wochen im Vorfeld der Wahl muss man fragen: Pro oder contra Bernd Hoffmann?

Sergej Barbarez: Pro HSV! Herr Hoffmann wird nicht 100 Jahre Präsident sein, die Supporters bleiben auch nicht 100 Jahre Supporters. Im Fußball kommen doch immer wieder neue Leute, und mich interessiert nur der Verein.

SPOX: Seit Sonntag gehören Sie dem Aufsichtsrat des HSV an. Wie lange haben Sie gefeiert?

Barbarez: Ich habe gar nicht gefeiert. Ich bin direkt nach der Wahl nach Hause gegangen. Ich war ungefähr zwölf Stunden auf der Versammlung, und dann war ich einfach nur noch müde und ausgepowert.

SPOX: Ist mit dem Mandat eine Last von Ihnen abgefallen?

Barbarez: Ich habe mich im Vorfeld nicht unter Druck gesetzt, sondern lediglich gesagt, dass ich die Aufgabe gerne übernehmen würde. Aber mein Leben wäre auch weitergegangen, wenn ich nicht in den Aufsichtsrat gewählt worden wäre.

SPOX: Das klingt gelassen. Waren Sie wirklich so entspannt?

Barbarez: Das ist normal an dem Job. Mal gewinnt man, mal verliert man. Die Position ist jetzt ein super Einstieg für mich in meine zweite Laufbahn.

SPOX: Welche Rolle werden Sie im Aufsichtsrat genau einnehmen?

Barbarez: Ich bin ein Teamplayer. Deswegen sage ich: Wir werden versuchen, als Team zu agieren. Das haben wir direkt nach den Entscheidungen so abgestimmt. Dinge wie sie früher passiert sind, dass Leute alleine an die Presse gehen, sollten in Zukunft nicht mehr vorkommen. Ich will auf jeden Fall im Hintergrund bleiben und keine Sonderrolle einnehmen.

SPOX: Hatten Sie ein Wahlprogramm?

Barbarez: Ich habe fast keine Kampagne betrieben. Ich habe mich damals nur öffentlich in einem einzigen Interview zur Kandidatur geäußert. Danach habe ich mich sehr zurück gehalten. Es hat ja im Vorfeld genug Gesprächsstoff gegeben. Da wollte ich nicht auch noch mitmischen. Wissen Sie, mein Programm heißt immer: Ehrlich und spontan sein.

SPOX: Vor allem die Fanorganisation "Supporters Club" sorgte für Brisanz. Sie wollte Klubchef Hoffmann die Arbeit schwerer machen.

Barbarez: Ja, wir müssen da vermitteln und wieder Ruhe reinbringen. Dazu muss man einfach über alles reden.

SPOX: Das sind also die kurzfristigen Ziele des neuen Aufsichtsrats?

Barbarez: Dazu kann ich jetzt nichts sagen. Das wäre zu früh. Aber noch mal: Wichtig für den gesamten Verein ist Ruhe und dass der eingeschlagene Kurs der letzten Jahre beibehalten wird. Genauso wichtig wird sein, dass wir als Aufsichtsrat im Hintergrund bleiben und uns nur einmischen, wenn wir wirklich gebraucht werden.

SPOX: Auf dem Platz waren Sie ein Hitzkopf. Nun sollen Sie als stiller Funktionär tätig sein. Passt das?

Barbarez: Warum nicht? Ich war immer für Überraschungen gut. Die Kandidatur war ja auch eine Überraschung. Und jetzt will ich natürlich von meinen Kollegen im Aufsichtsrat lernen - und die von mir. Sie kennen das Finanzgeschäft - ich habe Ahnung vom Fußball. Das ist doch eine Super-Kombination. Irgendwann wird man auch ruhiger. Ich mache mir da keine Sorgen.

SPOX: Wie kam es überhaupt zu Ihrer Kandidatur? Hat Bernd Hoffmann sie verpflichtet?

Barbarez: Mich hat keiner verpflichtet. Ich bin selbst auf die Idee gekommen. Dann habe ich noch einige Gespräche mit Menschen aus meinem näheren Umfeld geführt. Und dann habe ich gesagt: Warum nicht?

SPOX: Wie hat Bernd Hoffmann reagiert? Er hat sie damals vom HSV weggeschickt.

Barbarez: Er hat mit mir noch nicht gesprochen.

SPOX: Mit welchen Qualitäten wollen Sie sich jetzt auch abseits des Stadions für den HSV einbringen?

Barbarez: Ich habe mich als fußballerfahrener Mann angeboten. Ich kenne mich aus, im In- und Ausland, habe viele Kontakte und ein großes Netzwerk. Ich war 17 Jahre Profi, mir kann man nicht so leicht etwas vormachen. Ich weiß, wie das Fußball-Geschäft läuft. Und ich möchte jetzt als Hilfe bereitstehen und ein bisschen frisches Blut in den Aufsichtsrat bringen.

SPOX: In Bosnien arbeiten Sie an ihrem Trainerschein, beim HSV sollen Sie die Geschäfte kontrollieren. Wie schaffen Sie das zeitlich?

Barbarez: Die Trainerausbildung ist schon sehr weit, im Sommer des nächsten Jahres werde ich den Schein zu Ende bringen. Und das werde ich parallel zu meiner Tätigkeit beim HSV ganz gut unter einen Hut kriegen. Machen Sie sich keine Sorgen.

SPOX: Wie oft sitzt denn der Aufsichtsrat zusammen?

Barbarez: Alle zwei Monate. Und dann wird ein bisschen diskutiert...

SPOX: Werden Sie irgendwann mal HSV-Boss?

Barbarez: Ach, ich stelle mir auch vor, Präsident von Bosnien zu werden. Glauben Sie mir, da hätte ich auch gute Chancen. Aber mich interessiert nur meine jetzige Aufgabe beim HSV. Die will ich jetzt erstmal genießen.

Alles zum Hamburger SV: Die Presseschau