"Leverkusen ist noch nicht aus dem Rennen"

Von Interview: Andreas Lehner
Stefan Effenberg spielte für Mönchengladbach, Bayern, Florenz, Wolfsburg und Al Arabi (Katar)
© Getty

Im zweiten Teil des SPOX-Interviews spricht Premiere-Experte Stefan Effenberg über die neue Rivalität zwischen dem FC Bayern München und der TSG 1899 Hoffenheim, die Titelchancen von Bayer Leverkusen und die Lage bei seinem Ex-Klub Borussia Mönchengladbach.

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SPOX: 16 Spieltage sind in der Bundesliga gespielt. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Stefan Effenberg: Hoffenheim begeistert mit einem tollen, offensiven Fußball und steht zu Recht oben. Aber der FC Bayern ist wieder in der Spur und deshalb der klare Titelfavorit. Enttäuschend ist Werder Bremen. Das ist eine Mannschaft, bei der man in dieser Saison überhaupt nicht weiß, ob sie guten oder schlechten Fußball spielt. Das ist nicht der SV Werder, den wir alle erwartet haben. Sie bringen keine Konstanz in ihr Spiel und schwanken zwischen den Extremen.

SPOX: Geht der Trend hin zu Offensivfußball mit vielen Toren?

Effenberg: Das lässt sich schon so sagen. Mit Hoffenheim, Bayern und Leverkusen stehen drei offensivstarke Mannschaften oben. Die Zuschauer wollen natürlich das Spektakel, aber wichtig ist, dass man hinten gut steht. Wenn man das nicht tut, dann wird man vor allem international nichts holen. Das hat man bei Bremen und Schalke gesehen. Und darauf muss auch der FC Bayern sein Hauptaugenmerk legen.

SPOX: Bayern gegen Hoffenheim: War das das beste Spiel, das die Bundesliga in den letzten Jahren gesehen hat?

Effenberg: Auf jeden Fall standen sich die beiden besten Mannschaften der Hinrunde gegenüber. Wir haben zwar schon andere schöne, hochklassige Spiele in dieser Saison gesehen - wie Bremen gegen Hoffenheim oder Bayern gegen Bremen - aber das Tempo war schon erstklassig. Das bedeutet zwar, dass man Fehler macht, aber bei dieser Geschwindigkeit kann man das verzeihen.

SPOX: Hat Sie die couragierte Leistung Hoffenheims in München noch überrascht?

Effenberg: Nein, damit habe ich gerechnet. Das ist keine Mannschaft, die abwartend spielt und erstmal das Tempo raus nimmt. Das können die Bayern, aber nicht Hoffenheim.

SPOX: Können sie mit dieser Spielweise auch Meister werden?

Effenberg: Sie sind ja nach wie vor Erster. Auch wenn es nach der Niederlage und dem Leverkusener Sieg jetzt ziemlich eng ist. Aber sie haben definitiv die Möglichkeiten, Meister zu werden.

SPOX: Hoffenheim war ja nicht nur auf dem Platz offensiv. Trainer Ralf Rangnick hat die verbalen Scharmützel mit Uli Hoeneß angenommen und auch selbst kräftig ausgeteilt. Ist das die richtige Taktik im Duell mit dem FC Bayern?

Effenberg: Das spricht für ein großes Selbstbewusstsein. Aber das darf man auch ausstrahlen, wenn man oben steht. Man muss auch festhalten: Alles was er gesagt hat, hatte Hand und Fuß. Da war ja auch nichts Schlimmes dabei. Außerdem hauen die Bayern ja auch auf den Putz.

SPOX: Leverkusen legt dieses Selbstbewusstsein aber nie an den Tag. Auch ein Grund, warum Bayer nie an Bayern herankommt?

Effenberg: Die haben zwar vielleicht diesen Traum von der Meisterschaft im Kopf, formulieren diesen aber nicht konkret. Aber noch sind sie aus dem Meisterrennen nicht raus. Sie haben nur drei Punkte Rückstand auf Hoffenheim und Bayern.

SPOX: Wird sich Hoffenheim langfristig als Hauptkonkurrent der Bayern etablieren?

Effenberg: Das glaube ich schon. Natürlich müssen sie sich dementsprechend weiterentwickeln. Aber sie haben hervorragende Leute im Verein, das hat alles Hand und Fuß und es steckt System dahinter. Dazu haben sie mit Hopp einen Mann, der die Möglichkeiten hat, in Zukunft Spieler zu holen, die andere Vereine nicht haben. Das große Plus von Hoffenheim ist zudem, dass sie keinen Spieler abgeben müssen.

SPOX: Sie glauben also nicht, dass Hoffenheim der Ausverkauf droht?

Effenberg: Mit Hopp im Rücken braucht man da nicht lange reden. Da ist es egal, ob Bayern München oder sonst wer kommt. Im Gegensatz zu anderen Vereinen sind sie nicht auf Einnahmen durch Verkäufe angewiesen.

SPOX: Ist das Geld die einzig entscheidende Komponente in dieser Frage?

Effenberg: Natürlich hängt alles vom sportlichen Erfolg ab. Aber bleibt Hoffenheim nächstes Jahr oben dran, gibt es für die Spieler eigentlich keinen Grund, den Verein zu wechseln.

SPOX: Glauben Sie, dass sich Uli Hoeneß von diesem aufstrebenden Riesen bedroht fühlt und deshalb schon mal die verbale Keule ausgepackt hat?

Effenberg: Bedroht nicht. Aber er weiß, dass Hoffenheim eine starke Mannschaft hat, die den Bayern auch in der Rückrunde gefährlich werden kann. Aber das ist doch schön für die Zuschauer und die Bundesliga, wenn eine gesunde Rivalität herrscht.

SPOX: Von der Spielanlage scheint Hoffenheim einen Tick weiter zu sein. Kann man bei Bayern nach 16 Spieltagen schon den Fortschritt erkennen, den man sich erhofft hat?

Effenberg: Das kann man erst am Saisonende beurteilen. Zu Beginn haben sie sich durch ihre Rotation und den Ärger um Mark van Bommel selbst Probleme gemacht. Und bei Bayern ist es wichtig, dass man innerhalb der Mannschaft Ruhe hat. Das ist im Moment der Fall und sie haben sich auch gefunden. Da wurde am Anfang zu schnell zu viel verändert.

SPOX: Hat Klinsmann auch außerhalb des Platzes zu viel verändert?

Effenberg: Das glaube ich nicht. Die Veränderungen sind in erster Linie wichtig für die Entwicklung auf lange Sicht. Wenn man sich erstmal daran gewöhnt hat, dann läuft das auch.

SPOX: Wie beurteilen Sie die Lage bei Ihrem ehemaligen Klub Borussia Mönchengladbach?

Effenberg: Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Wenn man fast mit dem gleichen Kader in die erste Liga geht und denkt, das reicht, dann muss man sich natürlich fragen, woher diese Überzeugung kommt. Die Qualität der Mannschaft reicht normal nicht für die Bundesliga. Sie lernen einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit.

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SPOX: Wie sieht Ihre ganz persönliche Planung in nächster Zeit aus. Sie wollen doch sicher in den Fußball zurückkehren...

Effenberg: Ich fühle mich unheimlich wohl bei Premiere. Das macht viel Spaß und ist sehr lehrreich. Das werde ich in Zukunft auch weiter machen. Wenn sich in der Zukunft aber etwas ergeben sollte, bei dem alles Hand und Fuß hat, dann werde ich mir Gedanken darüber machen.

SPOX: Aber sie haben nicht vor, den Trainerschein zu machen?

Effenberg: Eigentlich nicht. Das dauert ja auch ewig. Da muss ich eine Lanze für Markus Babbel brechen. Wir haben so lange in der Bundesliga gespielt, waren erfolgreich und haben eine so große Erfahrung. Da muss uns das einfacher gemacht werden, weil wir mehr Ahnung vom Fußball haben, als einer der jetzt bei Null anfängt und den Trainerschein macht.

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