DFL unter Zeitdruck

SID
Bundesliga, Fussball, DFL
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Angst vor Millionen-Verlusten, Ärger über das Kartellamt und Zwang zum Notfall-Plan: Durch den geplatzten Drei-Milliarden-TV-Vertrag mit der Agentur Sirius steht die Bundesliga unter enormen Druck.

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Der Deutschen Fußball Liga (DFL) bleibt nichts anderes übrig, als die aufwendige Vermarktung der Medien-Rechte kurzfristig selbst in die Hand zu nehmen. Und sie muss die Vereine auf eine jährliche Mindereinnahme von jeweils vier bis fünf Millionen Euro vorbereiten.

"Ich bin zuversichtlich, dass die DFL schon bald eine neue Lösung präsentieren kann", sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke - allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: "Aber ich habe Zweifel, dass das neue Modell eine ähnliche Summe bringt."

Entscheidung bis März

"Wir sind erschrocken", gab Bremens Clubchef Jürgen Born zu: "Ich kann nicht sagen, dass wir optimistisch sind. Das ist sehr ernst zu nehmen." Der Vorsitzende der Werder-Geschäftsführung sagte zu seinen Erwartungen: "Es ist wahrscheinlich gut, wenn wir das Gleiche wieder bekommen."

Derzeit erlöst die Liga aus der TV-Vermarktung im Inland rund 410 Millionen Euro. Hannovers Clubchef Martin Kind sieht das ähnlich: "Wenn 500 Millionen pro Jahr von den TV-Sendern nicht zu refinanzieren sind, dann müssen wir mit weniger auskommen. Darauf müssen wir uns einstellen."

Zudem wird die Zeit knapp: Spätestens bis zur Lizensierung im März brauchen die Klubs Planungssicherheit.

Tüfteln am Notfallplan

Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hat die DFL wegen ihrer unzureichenden Kommunikation bei den Problemen kritisiert. "Wir haben leider bis heute keine genauen Informationen darüber, was die DFL plant", sagte Holzhäuser der "Frankfurter Rundschau".

Die DFL habe angekündigt, bis zum 30. Juni Alternativen vorzulegen: "Dies ist, aus welchen Gründen auch immer, bisher nicht geschehen."

Das ehemalige Mitglied des DFL-Aufsichtsrates sieht zudem großen Zeitdruck: "Zudem bin ich davon überzeugt, dass wir nicht Zeit bis zum 15. März haben, die die DFL zu haben glaubt. Wir müssen versuchen, vorher Klarheit zu bekommen."

Die DFL wollte sich - wie Sirius - zur Auflösung des Vertrags mit der Garantiesumme von drei Milliarden Euro für sechs Jahre auch am 17. September nicht äußern und verwies darauf, dass der Kontrakt offiziell noch nicht gekündigt sei.

Intern wird jedoch längst an einem Notfall-Plan gearbeitet. Wie vor drei Jahren muss die DFL selber mit den TV-Sendern und den anderen Medien-Unternehmen verhandeln. Das kostet Zeit und Energie.

Fast ein halbes Dutzend Mitarbeiter war monatelang mit fast nichts anderem beschäftigt und zog sich zwischenzeitlich sogar an einen geheim gehaltenen Ort zurück.

Andere Situation als 2005 

Dabei sieht die Liga sich besser aufgestellt als 2005. Seit diesem Monat arbeitet die DFL Sports Enterprises GmbH, eine 100-prozentige DFL-Tochtergesellschaft.

Diese Agentur sollte ursprünglich vor allem die internationalen Fernsehrechte vermarkten, könnte nun aber auch auf dem deutschen Markt aktiv werden. Zudem gibt es seit Jahren die Liga-eigene TV-Produktionsfirma Sportcast GmbH. Sie könnte den von Sirius angekündigten Aufbau eines Bundesliga-Kanals übernehmen.

Viel mehr als Schadensbegrenzung bleibt der DFL aber wohl nicht übrig. Durch die Kartellamts-Entscheidung darf sie kaum mehr auf eine signifikante Steigerung hoffen.

Durch den Bescheid der Behörde, dass es eine Bundesliga-Zusammenfassung im frei empfangbaren Fernsehen bis 20 Uhr geben muss, können sich das sogenannte Highlight-Paket nur öffentlich-rechtliche Sender leisten.

Die ARD zahlt dafür derzeit rund 100 Millionen Euro, während das beste Angebot eines Privatsenders bei der bisher letzten Ausschreibung bei lediglich 60 Millionen lag. Und auch der Pay-TV-Sender Premiere wird ohne zusätzliche Exklusivrechte nicht mehr zahlen als rund 240 Millionen.

Harsche Kritik am Kartellamt

"Einige Positionen sind durch die Entscheidungen gestärkt worden", betonte Born. Watzke klagte: "Es ist eine neue Situation entstanden, die nur das Kartellamt zu verantworten hat. Es hat nachgewiesen, wie man dem deutschen Fußball ohne Not Schaden zufügen kann."

Der Stuttgarter Manager Horst Heldt kritisierte: "Wir sind das einzige Land, das sich mit so etwas herumschlagen muss. Das ist die große Stärke der Deutschen, dass sie sich immer selbst ein Bein stellen."

Aktuelle Finanzprobleme sehen die Bundesligisten aber nicht. "Wir sehen die Sache gelassen, schließlich war dieses Geld noch nicht verplant", sagte Watzke.

Und auch 96-Clubchef Kind erklärte, dass die von Sirius und der DFL avisierten Mehreinnahmen von durchschnittlich knapp 20 Prozent noch nicht in den Etat für die Saison 2009/2010 eingerechnet waren: "Die kommende Saison betrifft das bei uns nicht."

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