"Ich bin nicht der neue Löw"

Von Interview: Daniel Martinez
Bundesliga, Fußball, FC Bayern München, Martin Vasquez, Co-Trainer, Jürgen Klinsmann, Trainer
© Getty

Im zweiten Teil des Interviews gewährt Martin Vasquez Einblicke in die Beziehung zu Klinsmann. Er spricht über seine Familie und seine Zukunftsplanung.

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SPOX: Unter Klinsmanns möglichen Co-Trainer-Kandidaten waren viele bekannte Namen. Aber den Job bekamen Sie, ein Mann, den Klinsmann 2003 in einem Soccer Camp in den USA kennenlernte. Warum hat er sich für Sie entschieden?

Vasquez: Das ist eine Frage für Jürgen Klinsmann. Ich kann nur sagen, dass ich mir keine großen Gedanken darüber gemacht habe, als diese bekannten Namen ein Thema waren. Ich sagte nur: "Danke für diese Chance, ich werde mein Bestes für den Klub geben." Ich glaube, dass die Tugend und die Stärke, die er in mir sah, ihn überzeugten, mich an seiner Seite haben zu wollen.

SPOX: Worüber haben Sie sich mit Klinsmann unterhalten, als das Projekt FC Bayern noch nicht im Raum stand?

Vasquez: Wir haben uns über seine Philosophie der menschlichen Entwicklung des Fußballers ausgetauscht. Ich war von Anfang an von seinen Visionen überzeugt. Wir haben etwas gemeinsam: Wir wollen das Beste für den Spieler und den Verein, ohne persönliche Eitelkeiten. Irgendwann liefen sich zwei Personen mit der gleichen Idee über den Weg. Ein Fußballer ist viel mehr als ein Sportler, der ständig gegen den Ball tritt, er ist ein Mensch. Für uns beide ist das ein ehrliches, herzliches Anliegen. Wenn zwei Leute an dasselbe glauben und zwischen ihnen die Chemie stimmt, ist es doch logisch, dass sie zusammen arbeiten sollten.

SPOX: Das Treffen zweier Fußballleute mit dem gleichen Ziel.

Vasquez: Ganz genau. Es ist viel einfacher, wenn beide in die gleiche Richtung wollen.

SPOX: Ist Martin Vasquez der neue Joachim Löw?

Vasquez: Vergleiche sind unangenehm. Ich habe mich nie mit Joachim Löw verglichen, meine Aufgabe beinhaltet das, was der Titel verspricht. Ich bin ein Assistent. Ich unterstütze Jürgen Klinsmann, zusammen planen wir die Arbeit, wir besprechen die Situationen, wir diskutieren verschiedene Themen und er trifft die Entscheidungen und vertritt sie in der Öffentlichkeit. Es ist ein Teamwork, das von Klinsmann geleitet wird.

SPOX: Ist die Beziehung zwischen Trainer und Co-Trainer einer Ehe sehr ähnlich?

Vasquez: Ja, ich bin mit der Aussage komplett einverstanden. Manchmal sind wir verschiedener Meinung, aber damit unsere Beziehung und die Mannschaft funktionieren, müssen wir uns einigen und eine Einheit bilden.

SPOX: Ist es eine leichte Ehe?

Vasquez: Ja, sie ist dank Klinsmann sehr leicht. Er unterstützt viele meiner Ideen. Er sagt nicht "Jetzt wird das gemacht", sondern ist immer offen für Anregungen und neue Wege. Er ist kein Oberbefehlshaber. Das ist das Schönste an diesem Projekt, er macht es zu etwas Besonderem mit seiner Einstellung und bietet uns Mitgliedern des Trainerstabs viel Freiraum.

SPOX: Das klingt nach der perfekten Harmonie.

Vasquez: Ja, und ich hoffe, dass es noch viele Jahre hält. Jürgen kennt die Fähigkeiten der Leute in seiner Umgebung und sie bekommen die volle Freiheit.

SPOX: Auf der Bank wirken Sie sehr zurückhaltend. Fehlt noch das Selbstvertrauen auf dem Bundesliga-Parkett?

Vasquez: Nein, es mangelt mir nicht an Selbstvertrauen. Das, was Sie Zurückhaltung nennen, ist nur meine Art, das Spielgeschehen zu verfolgen. Wenn ich emotional reagieren würde, könnte ich das Spiel nicht analysieren oder die nötigen Veränderungen erkennen. Meine Aufgabe verlangt, dass ich während des Spieles die Konzentration und einen klaren Kopf behalte.

SPOX: Die Zukunft eines Co-Trainers bietet zwei Alternativen: lebenslange Partnerschaft oder Trennung, um selbst Trainer zu werden. Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Vasquez: Als ich im Profifußball Co-Trainer wurde, habe ich zu mir selbst gesagt: "Wenn ich diese Chance nutze, tue ich es, um eines Tages selbst Trainer zu werden." Als Spieler habe ich jede Chance genutzt, um weiter zu kommen. Das empfehle ich auch meinen Spielern. Diese Einstellung ist ein Teil meiner Lebensphilosophie. Mein Ziel in der Zukunft ist, Trainer zu werden, wenn die Chance sich ergibt. Mein Ziel in der Gegenwart ist, der beste Co-Trainer zu sein.

SPOX: In Mexiko ist Ihr Name in den Kreis der Kandidaten für den Posten des Nationaltrainers aufgenommen worden. Wäre das eine Chance?

Vasquez: Ich beschäftige mich nicht mit Spekulationen. Ich habe schon längst gelernt, dass man sich nur durch harte Arbeit Chancen verdient. Heute bin ich absolut konzentriert, meine Aufgabe als Co-Trainer zu erledigen und mein Bestes für den FC Bayern München zu geben.

SPOX: Ein Klub, der für Ihre Karriere eine sehr gute Plattform bietet.

Vasquez: Ich denke nicht in diesen Kategorien. Natürlich könnte der FC Bayern wegen seiner Größe in der Welt des Fußballs eine Plattform sein, aber die Situation so zu sehen, ist einfach nicht meine Art.

SPOX: Haben Sie sich schon in München eingelebt?

Vasquez: Ja. Wegen meiner langen Arbeitszeiten vielleicht noch viel zu wenig, aber was ich gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen. Meine Familie und ich sind sehr glücklich hier, wir haben uns sehr schnell eingewöhnt.

SPOX: Der große Umzug aus Amerika ist reibungslos verlaufen?

Vasquez: Für mich ja, da ich mich seit dem Tag meiner Ankunft in die Arbeit stürze. Für meine Familie war es ein bisschen anders. Als sie in Deutschland ankam, war ich in Tokio mit der Mannschaft, da musste meine Frau die Herausforderung Umzug alleine meistern. Die ersten Tage waren voller Begeisterung: "Wir sind in München!" Danach kam die Sehnsucht nach unserem alten Leben in den USA. Mittlerweile haben wir einen ganz normalen Alltag mit etwas aus Mexiko, aus Amerika und aus Deutschland auf der Tagesordnung: zum Frühstück Kaffee und Müsli mit Jogurt, zum Abendessen Wiener Schnitzel.

SPOX: Mit einem geordneten Familienleben kann man sich besser der Arbeit widmen.

Vasquez: Meine Familie glücklich zu sehen, motiviert mich und gibt mir neue Energie, um meine Arbeit noch besser zu machen. Alles was mit dem FC Bayern zu tun hat, habe ich bisher sehr genossen, deswegen möchte ich in jeder Minute mein Bestes für den Verein tun.

Hier geht es zurück zum ersten Teil des Interviews mit Co-Trainer Martin Vasquez