"Er hat sich nicht mal entschuldigt"

Von Interview: Christoph Köchy
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© Imago

Ashkan Dejagah vom VfL Wolfsburg war am vergangenen Wochenende immer wieder im Fernsehen zu sehen. Allerdings hatte die Szene wenig mit der Bundesliga zu tun. Kölns Abwehrspieler Pierre Wome hatte ihn mit einem Ellenbogenschlag zu Boden gestreckt - der Schiedsrichter hatte es nicht gesehen.

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Am Mittwoch wurde Wome nun vom DFB-Sportgericht nachträglich für drei Spiele gesperrt. Die Kölner zeigten sich uneinsichtig.

Im Interview mit SPOX spricht der Wolfsburger über seine Sicht der Dinge, seine Ziele mit Wolfsburg in diesem Jahr und warum er sich auf der Playstation gerne selbst aufstellt.

SPOX: Das Foul vom Kölner Pierre Wome war der Aufreger des ersten Spieltags. Laut Köln-Manager Meier traf Wome gar keine Schuld, Sie wären angeblich nur Opfer eines Ausweichmanövers gewesen. Wie bewerten Sie die Szene?

Ashkan Dejagah: Im Fernsehen ist klar zu erkennen, dass es Absicht war. Im Spiel hatte ich das gar nicht so genau mitbekommen, da ging das viel zu schnell.

SPOX: Meier sprach auch von ständigen Provokationen ihrerseits.

Dejagah: Ich habe im ganzen Spiel kein einziges Wort mit Wome gesprochen. In der Situation vor dem Foul hatte ich mich kurz mit Petit in den Haaren, mit Wome passierte gar nichts.

SPOX: Einer der SPOX-User hat in einem Kommentar angeregt, Sie sollten Wome wegen Körperverletzung anzeigen. Sind das Gedanken, die einem als Spieler auch durch den Kopf gehen?

Dejagah: Im Spiel konnte ich nicht einschätzen, ob es Absicht war. Er hat sich ja noch nicht mal entschuldigt, es kam gar nichts von ihm. Erst im Fernsehen habe ich dann das böse Foul erkannt, aber anzeigen würde ich ihn deshalb nicht.

SPOX: Kann man die Szene abtun mit den Worten: So etwas kommt eben vor im Fußball?

Dejagah: Man tut so etwas einfach nicht. Ich weiß auch gar nicht, welchen Grund er für die Aktion hatte.

SPOX: Wome ist nun nachträglich vom DFB-Sportgericht zu drei Spielen Sperre verurteilt worden. Eine gerechte Strafe in Ihren Augen?

Dejagah: Das ist eigentlich zu wenig. Der 1. FC Köln kann froh sein, dass es nur drei Spiele geworden sind.

SPOX: In unserer Redaktion messen wir uns in diversen Managerspielen, einige meiner Kollegen haben Sie dort in den Kader geholt. Würden Sie sich selbst auch kaufen?

Dejagah: Ich denke schon. Auf Auswärtsfahrten spielen wir ja auch oft auf der Playstation gegeneinander und da stellt sich auch jeder gerne selbst auf.

Die voraussichtliche Aufstellung des VfL Wolfsburg in Bochum

SPOX: Aufgestellt waren Sie ja gegen Heidenheim im DFB-Pokal auch, mussten dann allerdings nach 40 Minuten wieder runter.

Dejagah: Das war die Entscheidung des Trainers und das ist für mich abgehakt. Das gehört nun mal im Fußball dazu. Dass ich mich über die Auswechslung nicht gefreut habe, ist ja wohl klar, zumal ich mit meiner eigenen Leistung auch nicht zufrieden war.

SPOX: So richtig haben Sie sich in der Stammelf noch nicht etablieren können, wann erwarten Sie den endgültigen Durchbruch?

Dejagah: Ich hoffe so schnell wie möglich! Ich bin ja noch jung, muss noch viel lernen, aber ich sehe mich auf einem guten Weg. Es gibt gute Konkurrenz in der Mannschaft, sodass es schwer ist, einen Stammplatz zu bekommen. Aber ich werde im Training weiter alles geben.

SPOX: Sie haben gegen Köln im Sturm angefangen, dann im rechten Mittelfeld gespielt. Wo sehen Sie Ihr Haupteinsatzgebiet?

Dejagah: Ich habe den Vorteil, dass ich offensiv alle Positionen spielen kann. Mir ist es eigentlich egal, wo mich der Trainer aufstellt.

SPOX: Auf Ihren Unterarmen haben Sie "Teheran" und "Berlin" tätowiert. Finden Sie noch Platz für Wolfsburg?

Dejagah: In Teheran bin ich geboren und in Berlin bin ich aufgewachsen. Wäre ich hier aufgewachsen, hätte ich wohl Wolfsburg auf dem Arm, aber bei Tätowierungen muss man ja auch ein bisschen überlegen, was man tut...

SPOX: Solltet ihr Meister werden, überlegen Sie es sich aber noch mal, oder?

Dejagah: (lacht) Okay, mach ich...

SPOX: Valdas Ivanauskas durfte einst nicht nach Wolfsburg wechseln, weil seine Frau nicht hier leben wollte. Wie sehen Sie die Lebensqualität in dieser - im Vergleich zu Berlin - ja eher kleinen Stadt?

Dejagah: Das ist natürlich nicht vergleichbar. Ich bin ein Großstadtkind. Es ist aber nicht weit nach Berlin, sodass ich häufiger dort hin fahren kann. Grundsätzlich fühle ich mich aber auch in Wolfsburg sehr wohl.

SPOX: Sie haben am vergangenen Dienstag wieder in der U 21 gespielt, wann erwarten Sie den Anruf von Jogi Löw?

Dejagah: Ich mache mir da eher wenig Gedanken. Wir haben noch zwei sehr wichtige Spiele in der U21 und wollen uns unbedingt für die EM-Playoffs qualifizieren. Wenn ich dazu meinen Teil beitragen kann, kommt alles andere von allein.

SPOX: Felix Magath investiert ja immer weiter. Wann sehen wir Wolfsburg in der Champions League?

Dejagah: Wir haben letztes Jahr gezeigt, dass wir guten Fußball spielen können und sind verdient in den UEFA-Cup gekommen. Im Testspiel gegen Palermo beispielsweise konnte man aber auch sehen, dass uns noch ein bisschen die Erfahrung fehlt. Daran müssen wir arbeiten, aber gerade durch die beiden neuen Italiener in der Abwehr, die schon internationale Erfahrung mitbringen, können wir uns weiter steigern. Wir müssen uns jetzt im UEFA-Cup gut präsentieren. Ob es dann irgendwann für die Champions League reicht, werden wir sehen.

SPOX: Wie ist es, gegen die beiden Italiener im Training anzutreten? Hat man da als Offensivspieler überhaupt eine Chance?

Dejagah: Man sieht schon, dass die beiden über große Erfahrung verfügen. Im Training kann man sich gegen solche Gegenspieler nur verbessern.

SPOX: Wen schätzen Sie von den anderen Neuzugängen am stärksten ein?

Dejagah: Alle Neuzugänge helfen der Mannschaft weiter. Misimovic hat ja schon im ersten Spiel gezeigt, welche Qualitäten er mitbringt und wie wichtig er gerade nach Marcelinhos Abgang für uns ist.

SPOX: Kann Misimovic den Dreh- und Angelpunkt Marcelinho ersetzen?

Dejagah: Jeder weiß, was wir an Marcelinho hatten. Es ist schade, dass er gegangen ist, aber es wäre jetzt falsch, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es ist extrem wichtig, im zentralen Mittelfeld einen guten Spieler zu haben - wie eben jetzt Misimovic.

SPOX: Im Spiel gegen Köln stand nur ein etatmäßiger Stürmer im Kader. Wundert man sich, wenn Magath in der Woche vor dem Start noch zwei Stürmer verkauft?

Dejagah: Wir haben mit Dzeko und Grafite zwei sehr gute Stürmer. Dzeko wird bald wieder fit sein und Grafite hat seine Sperre auch bald abgesessen. Wenn beide wieder da sind, haben wir einen sehr guten Sturm. Auch Saglik hat gegen Köln seine Arbeit gut gemacht und im DFB-Pokal schon das Spiel für uns entschieden.

SPOX: Im Training war zu beobachten, wie sich Mahir Saglik artig für einen schlechten Pass entschuldigte. Müssen sich die Neuzugänge in der Hierarchie ganz unten einreihen?

Dejagah: Für einen Spieler wie Saglik ist es natürlich schwer, er kommt aus der Regionalliga. Alle Neuzugänge wurden aber gut aufgenommen und haben sich mittlerweile eingelebt. Ein schlecht gespielter Ball im Training passiert jedem.

SPOX: Als Schlusswort noch Ihr Tipp: Wo landet der VfL am Ende der Saison?

Dejagah: Auf einen Tabellenplatz möchte ich mich nicht festlegen. Wir wollen aber auf jeden Fall wieder ins internationale Geschäft.

Der 2. Spieltag der Bundesliga im Überblick