"Eigentlich ein netter Kerl"

Von Stefan Moser
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© Getty

Happy Birthday, Bundesliga! Am Sonntag wurde die Eliteklasse 45. Die Feierlichkeiten fielen eher bescheiden aus, Fußballfeste gab's nur wenige.

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Ehrengäste aber waren trotzdem da: Köln entsandte seinen Sonnenkönig, München schickte einen Psychopathen, und Bibiana Steinhaus begrabschte Gerald Asamoah. Dazu jede Menge komische Vögel - in der Alternativen Liste des zweiten Spieltags.

1. Heilsbringer im Vergleich: Seit Klinsmann in München Energiefelder baut, spielen die Bayern den unbestritten schnellsten, besten und schönsten Fußball der Welt. Doch seit Klopp in Dortmund Hände auflegt, können dort die Blinden plötzlich wieder sehen, die Lahmen wieder laufen, und Valdez schießt sogar Tore. Doch wer ist nun der bessere Messias? Das direkte Duell am Samstag brachte keine Entscheidung. Im Zeichen gegenseitigen Respekts und spiritueller Verbundenheit einigte man sich auf ein Unentschieden.

2. Medienpsychologie: Der Mark hat ja dem Tamas ziemlich auf die Bimmel gebommelt. Daraufhin flog er vom Platz; und das völlig zu Recht. So einigermaßen zu Recht musste er sich dann als unbeherrschter Blödmann und als schlechter Kapitän beschimpfen lassen. Völlig zu Unrecht hingegen tauchten plötzlich Sätze über Herrn van Bommel auf, deren suggestiver Unterton dann doch zu weit ging.

Tenor: Eigentlich war er privat doch immer ein ganz netter Kerl, züchtete Tulpen am Balkon und trug der greisen Nachbarin die Einkaufstüten in die Wohnung.

Allerdings: Lebensgeschichten, die in Zeitungen mit "eigentlich doch immer ganz nett" beginnen, enden allzu oft mit lebenslanger Haft und anschließender Sicherheitsverwahrung. Und so schlimm war's nun wirklich nicht.

3. Imagepflege: Christoph Daum hat wieder gesprochen! Zu uns! Und zwar die folgende sonnige Sentenz: "Ich bin einer aus dem Volk für das Volk." Ja, besten Dank, Herr Daum. Echt cremig, dass wir nun Bescheid wissen. Wir waren nämlich kurz davor zu glauben, Sie wären nur ein homophober Sonnenkönig, der es langsam Leid ist, sich ständig vor dem Kölner Pöbel zu rechtfertigen. Aber wenn das so ist…

4. Apropos König: In Nigeria gibt's keinen König, in Nigeria da gibt's nur Shell. Konnte Hoffenheim-Manager Jan Schindelmeiser ja nicht wissen, als er erklärte, weshalb es auch ein Gutes hätte, dass sein nigerianischer Stürmer Chinedu Obasi beim olympischen Finale gegen Argentinien unterlag: "Nicht auszudenken, wenn er Gold geholt hätte. Dann wäre er jetzt beim Empfang des Königs und erst in einer Woche wieder hier."

5. Wo Kaka drauf steht…: Das Kaka jetzt in Berlin spielt, ist wirklich eine super Sache! Vor allem für die Gegner. Mit einem ziemlich ordinären Querschläger nämlich bediente der brasilianische Superstar den verdutzten Bielefelder Wichniarek freistehend vor dem Hertha-Tor. "Vorlage von Kaka? Find ich geil", sprach König Artur und versenkte trocken zum völlig unverdienten 1:1-Endstand.

6. Beschissenes Stadion: In Sinsheim wird das Stadion auf Champions-League-Niveau vergrößert, darum trägt Hoffenheim die Heimspiele fürs Erste in der Mannheimer Carl-Benz-Arena aus. Problem: Fußball hatte lange Zeit in Mannheim keine Konjunktur, es ging kein Schwein ins Stadion. Dafür zog ein Taubenschwarm ins Dachgeschoss - und der ließ der Natur den freien Lauf und machte jede Menge infektiösen Dreck.So holte man sich eilig ein paar Wanderfalken, die der Sauerei ein Ende machen sollten. Nur hat die Sache einen Haken: Wer viele Tauben isst, muss viel aufs Klo, und auch der Wanderfalke fackelt da nicht lange.

Letzten Endes also wurde das Problem zwar nur um ein Glied in der Nahrungskette reicher, der Stimmung aber tat das keinen Abbruch: Das Stadion war ausverkauft.

7. Apropos Vögel: Beim Fußball gibt es exakt drei ornithologische Gattungen: Die Schwalbe, den sterbenden Schwan und: Ivica Olic - der Vogel! Kombiniert gibt das ein postmodernes Potpourri von ganz besonderer Hässlichkeit, wie es während der Partie Hamburg gegen Karlsruhe zu bestaunen war: Olic stolpert im Strafraum über die eigene betrügerische Absicht, KSC-Torhüter Miller quittiert das abgeschmackte Schauspiel mit einem Schubser an die Schulter des Kroaten, worauf der sich schmerzverzerrt am Boden wälzt. Doch dann geschah Erstaunliches! Völlig gegen seine sonstige Gewohnheit behielt Schiedsrichter Babak Rafati nämlich ungefähr den Durchblick und gab Gelb für beide.

8. Vogelkunde für Fortgeschrittene: Die vierte, allerdings inoffizielle, gefiederte Gattung der Bundesliga heißt: "komische Vögel". Zu ihr gehört unzweifelhaft Herbert Fandel. Der Unparteiische nämlich wollte sich zur Hinausstellung von Mark van Bommel vor der Kamera nicht äußern. Und warum nicht? Weil er sein offizielles DFB-Jackett nicht anhatte…

9. Und apropos Schiedsrichter: Seit Anbeginn der Zeit fordert die Alternative Liste: Bibi in die Bundesliga! Und siehe da, die DFL wird weich. Am Samstag nämlich stand Bibiana Steinhaus schon als vierte Offizielle in Bremen an der Linie. Und mit heiligem Ernst kam sie ihren Aufgaben nach. Als der Schalker Gerald Asamoah etwa eingewechselt werden sollte, winkte Bibi ihn entschlossen zu sich. Dann zupfte sie doch glatt an seinem Trikot und riskierte einen Blick auf das trainierte Dekollete. Ziel der Übung freilich war es, unerlaubten Schmuck am Körper des Probanden aufzuspüren. Asamoah - der die Prozedur doch kennen müsste - war trotzdem ziemlich irritiert.

10. Selbstkritisch im Alter: Mit 0:2 verunfallte der VfB Stuttgart am Samstag kollektiv und hoch verdient gegen Bayer Leverkusen. Und selbst Welttorhüter Jens Lehmann machte beim ersten Gegentor durch Patrick Helmes einen eher ungelenken Eindruck. Wusste er natürlich auch selbst.Doch ein Mann mit seiner Erfahrung sucht die Fehler nicht mehr bei sich selbst  - er kennt sofort den wahren Schuldigen: Die "Hoppelwiese" der Mercedes-Benz-Arena nämlich war's! "Wenn der Ball so aufgesprungen wäre, wie ich gedacht habe, hätte ich ihn gehalten, glaube ich", sagte Lehmann.

Und wie gerne wären auch wir bereit zu glauben, hätten wir uns vorher nicht schon unseren Teil gedacht…

11. Kampf der Systeme: Bochum gegen Wolfsburg: Das wollten nicht einmal die Bochumer sehen. Das halbe Stadion war leer - aber warum eigentlich?

Taktisch war das doch ein Hingucker! Wölfe-Trainer Magath etwa untermauerte die eigenen Titelambitionen, indem er selbstbewusst und forsch gleich acht gelernte Abwehrspezialisten in der Startelf unterbrachte.

Sein innovatives 8-1-1-System versprach ein wahres Offensivspektakel. Und Bochum hielt dagegen: mit einem rotzfrechen 0-8-15! Ergab zusammen ein echt skandalöses Durcheinander, garniert mit individuellen Fehlern und ein paar recht ulkigen Toren - zwei auf jeder Seite.

Der 2. Spieltag im Überblick!

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