Süchtig nach Bällen

Von Interview: Florian Regelmann
hoffenheim, beck
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München - Der VfB Stuttgart wollte ihn unbedingt halten, doch Andreas Beck lehnte das Angebot dankend ab und wagt nun das Projekt 1899 Hoffenheim.

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Trainer Ralf Rangnick hatte den 21-Jährigen schon länger auf seiner Wunschliste. Jetzt unterschrieb der Verteidiger einen Vier-Jahres-Vertrag beim Bundesliga-Aufsteiger. Bei SPOX.com spricht Beck über die Ziele mit seinem neuen Arbeitgeber, eine Karriere in der Nationalmannschaft, neue Trainingsmethoden und seine Vorliebe für Philosophie.

SPOX: Warum haben Sie sich für einen Wechsel nach Hoffenheim entschieden? Sie waren dran, beim VfB Stammspieler zu werden.

Beck: Es stimmt, ich habe in der vergangenen Saison meine Einsätze gehabt und ich hätte mir auch zugetraut, beim VfB Stammspieler zu werden. Aber in Hoffenheim sehe ich einfach bessere Perspektiven für mich. Meine Entscheidung hatte allerdings nichts groß mit dem VfB zu tun. Mein Gefühl war einfach, dass ich jetzt für etwas Neues bereit bin. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass mir eine Veränderung sowohl in sportlicher als auch in persönlicher Hinsicht gut tun würde und dass Hoffenheim der richtige Schritt für mich ist. Wenn man sieht, was in Hoffenheim entsteht, die Art und Weise, wie man Fußball spielt, passe ich gut rein. Vor allem sportlich kann ich mich hier bestens weiterentwickeln.

SPOX: Welche Rolle hat Ralf Rangnick gespielt?

Beck: Er hat eine große Rolle gespielt. Er hat mir das Gefühl gegeben, wichtig zu sein. So eine Entscheidung entwickelt sich ja über Monate. Ich hatte ausführliche Gespräche mit Ralf Rangnick. Er legt sehr viel Wert auf die Individualität eines Spielers, geht sehr auf die Stärken und Schwächen ein. Ich habe zwar schon einige Erfahrung in der Bundesliga gesammelt und auch Champions League gespielt, aber ich habe schon noch Luft nach oben. Genauso wie die ganze Mannschaft in Hoffenheim sehr viel Potenzial hat.

SPOX: Wie sind Sie in der Mannschaft aufgenommen worden?

Beck: Ich bin, glaube ich, ganz unkompliziert im Umgang mit Menschen. Dazu kommt, dass die Jungs auch fast alle im gleichen Alter sind wie ich. Einige kenne ich noch aus VfB-Zeiten. Es ist eine total homogene Mannschaft. Die Stimmung ist super. Es macht sehr viel Spaß hier.

SPOX: Wie sehen die Ziele mit Hoffenheim aus?

Beck: Auf jeden Fall ist das erste Ziel, uns so weit wie möglich von den Abstiegsplätzen fern zu halten. Dann muss man mal sehen. Wir sind das erste Jahr in der Bundesliga und haben eine sehr junge Mannschaft. Für uns geht es darum, uns täglich weiterzuentwickeln. Wenn wir das machen, werden wir guten Fußball spielen und die Punkte kommen zwangsläufig, weil wir einfach Qualität haben.

SPOX: Was spricht dagegen, dass man in ein paar Jahren sogar europäisch spielt?

Beck: Mal abwarten. Aber klar ist, dass die Entwicklung der Spieler hier noch lange nicht am Ende ist. Es ist definitiv auch so, dass hier im Umfeld Leute am Werk sind, die über eine sehr große Fachkompetenz verfügen. Auch die Spieler haben noch viel Potenzial. Wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen, dann schauen wir mal, wohin die Reise geht.

SPOX: Was Ihre persönlichen Ziele angeht: Als U-21-Nationalspieler kann das Ziel nur A-Nationalmannschaft heißen, oder?

Beck: Es ist natürlich seit der Kindheit ein Traum von mir. Erstmal steckt man sich aber kleinere Ziele. Ich möchte mit der U 21 auf jeden Fall bei der EM in Schweden dabei sein und dort ein gutes Turnier spielen. Dann möchte ich mich mit Hoffenheim in der Bundesliga etablieren. Über etwas anderes mache ich mir derzeit keine Gedanken.

SPOX: Sie machen den Eindruck eines absoluten Spaßkickers. Sind Sie süchtig nach Bällen?

Beck: Es ist schon richtig, dass ich immer einen Ball um mich herum brauche. Hier liegt gerade auch einer neben mir. Ich komme aus einer total Fußball-verrückten Familie, da gab es immer nur Fußball. Ich spiele auch in meiner Freizeit gerne und da ist es zwangsläufig, dass immer Bälle herumliegen. Daraus ergibt sich auch meine Spielweise: Agil und selbst den Ball oft fordern.

SPOX: In Hoffenheim geht man auch andere Wege in Sachen Vorbereitung. Sie waren mit der Mannschaft beim Boxtraining. Alles noch heil?

Beck: Ja, alles fit. Es war wirklich eine neue Erfahrung, weil ich noch nie beim Boxen war. Es war unheimlich anstrengend, aber es hat viel Spaß gemacht. Mal im Ring zu stehen und zu boxen, 1 gegen 1, war sehr interessant. Was in Hoffenheim geboten wird und dass versucht wird, immer neue Methoden reinzubringen, macht alles sehr reizvoll hier.

SPOX: Sie haben die EM natürlich auch intensiv verfolgt. Sie sind in Sibirien geboren. Haben Sie auch mit Russland mitgefiebert?

Beck: Ich habe natürlich für Deutschland mitgefiebert, ich spiele für Deutschland, ich bin Deutscher und fand es schade, dass wir nicht Europameister geworden sind. Aber man kann seine Wurzeln nicht abstreiten. Ich habe auch mit Argusaugen auf die Russen geschaut. Es war schon wirklich ein nationaler Feiertag, als sie sich für die EM qualifiziert haben und dass sie dann so gut gespielt haben, hätte ich selber nicht erwartet. Aber es zeigt, dass im Osten unheimliches Potenzial steckt. Die Liga in Russland wird immer stärker. Da kann man sich schon eine Scheibe von abschneiden. Die sind unheimlich ehrgeizig und werden immer mehr Erfolge einfahren.

SPOX: Neben Fußball wird immer wieder vom Lesen als Ihrer großen Leidenschaft gesprochen.

Beck: Es ist ein ganz normales Hobby. Es ist nicht so, dass ich permanent mit einem Buch in der Hand da sitze. Aber ich kann mich gut entspannen, wenn ich zum Beispiel zwischen zwei Trainingseinheiten zu einem Buch greife.

SPOX: Während andere auf der Playstation zocken, lesen Sie Nietzsche und Dostojewski?

Beck: Ganz so ist dann auch nicht. Ich lese querbeet alles. Das kann mal etwas philosophisches sein, aber auch ein Sachbuch oder ein Roman. Aber ich lege auch mal die Füße hoch und spiele dann genauso gerne auf der Playstation.

SPOX: Nietzsche ist aber schon schwere Kost. Warum liest man das in seiner Freizeit?

Beck: Das hat sich eher zufällig so ergeben. Ich hatte irgendwie mal ein Buch in die Hand genommen, es war glaube ich Sophies Welt, das ja auch einen philosophischen Hauch hat und das hat mich dann fasziniert. So ist das entstanden..

SPOX: Wenn wir schon bei Nietzsche sind. Er hat einmal gesagt: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Dem würden Sie sicher zustimmen?

Beck: Auf jeden Fall. Ich stehe vor allem auf Hip Hop und Sprechgesang, das ist mein Ding. Das trifft irgendwie total meinen Nerv.

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