Wo Absteigen zum Highlight wird

Von Daniel Börlein
Phnatomtor, Helmer
© Imago

München - Drei Spiele noch, dann ist die 45. Bundesliga-Saison zu Ende.

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270 Minuten, in denen man eine einigermaßen verkorkste Runde noch retten und sich für eine weitere Spielzeit in Liga eins qualifizieren kann. Heißt also, die Kräfte bündeln, auf den Endspurt fokussieren und die letzten Reserven mobilisieren.

Wie das dann aussieht, hat der MSV Duisburg am letzten Spieltag mit einem 3:2-Last-Minute-Sieg gegen Leverkusen bewiesen. "Wir sind wieder dran. Ich habe gesagt, dass wir bis zur letzten Sekunde alles geben", so MSV-Coach Rudi Bommer.

Dazu muss allerdings auch am 32. Spieltag beim 1. FC Nürnberg (20 Uhr im SPOX-TICKER und bei Premiere) ein Dreier her. "Mit drei Punkten in Nürnberg sind wir wieder 100-prozentig mitten im Leben", sagt Keeper Tom Starke.

"Das absolute Finale"

"Das ist das absolute Finale für uns, das müssen wir gewinnen", weiß auch Club-Trainer Thomas von Heesen, der mit den Franken derzeit einen Punkt hinter Duisburg und vier Zähler hinter Platz 15 rangiert.

Fest steht: Für den Verlierer war es das wohl endgültig, selbst ein Unentschieden könnte für beide Teams schon zu wenig sein. Und so muss man sich in beiden Lagern, ob man will oder nicht, auch mit einem Abstieg auseinandersetzen.

Rekordabstieg droht

Erfahrung haben damit ohnehin sowohl Duisburger als auch Nürnberger. Während der MSV fünf Mal den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit antreten musste (1982, 1992, 1995, 2000, 2006), könnte der Club mit dem siebten Abstieg gar einen neuen Negativ-Rekord aufstellen.

Doch nicht nur die Anzahl der Abstiege macht die Franken einzigartig, sondern auch die Art und Weise, wie sich der Club regelmäßig aus der Liga verabschiedet. Wo andere Vereine still und leise verschwinden - der MSV stieg beispielweise vier von fünfmal sang- und klanglos als Tabellenletzter ab - wird beim Club selbst das Absteigen zum Highlight.

Ein Blick auf die spektakulärsten Bundesliga-Abstiege der Nürnberger:

1968/1969: Ob es das noch irgendwann einmal geben wird? Der Club stieg in dieser Saison als amtierender deutscher Meister aus der Bundesliga ab. Meistertrainer Max Merkel plante nach dem Titelgewinn den großen Angriff in Europa, baute sein Erfolgsteam um und scheiterte letztlich schon in der ersten Runde des Europapokals.

In der Liga rutschten die Franken immer tiefer in den Tabellenkeller, waren zwischenzeitlich gar Letzter, standen vor dem 34. Spieltag allerdings auf einem Nichtabstiegsplatz. Beim Saisonfinale unterlag der Club dann aber 0:3 beim 1. FC Köln, Borussia Dortmund bezwang Kickers Offenbach mit 3:0, und der Club war zum ersten Mal aus der Bundesliga abgestiegen.

1993/1994: Der vierte Abstieg. Zur Winterpause lagen die Franken einen Punkt vor den Abstiegsplätzen auf Rang 15. Dort hielt sich der Club bis zum Saisonfinale. Am 32. Spieltage stand das Derby gegen den FC Bayern an. Thomas Helmer erzielte das Phantom-Tor, Manfred Schwabl verschoss einen Elfmeter gegen Raimond Aumann, der Club verlor 1:2 und die Partie wurde annulliert. Im Wiederholungsspiel setzte es eine heftige 0:5-Klatsche.
Da am 33. Spieltag sowohl Nürnberg als auch Mitkonkurrent Freiburg einen Sieg landeten, ging der Club mit einem Zwei-Punkte-Vorsprung (bei Zwei-Punkte-Regel) ins Saisonfinale. Freiburg erfüllte mit einem 2:0-Erfolg in Duisburg seine Pflicht, die Nürnberger gingen mit 1:4 in Dortmund unter, und Freiburg hielt dank des besseren Torverhältnisses die Klasse.

1998/1999: Was Bayerns Last-Minute-Meisterschaft 2001 im positiven Sinne war, war Nürnbergs Abstieg 1999 im negativen. Eigentlich waren die Franken längst durch, lagen vor dem letzten Spiel zuhause gegen Freiburg auf Platz 12, mit drei Punkten und fünf Toren vor einem Abstiegsrang.

Ein bayerischer Radiosender hatte schon Tage vor dem Saisonfinale eine große Nicht-Abstiegsparty geplant. Doch es sollte alles anders kommen.

Mitkonkurrent Rostock führte in Bochum mit 3:2. Somit musste die Entscheidung zwischen Nürnberg und Eintracht Frankfurt fallen. Bis zur 89. Minute lag der Club dabei trotz eines 1:2-Rückstandes gegen Freiburg dank der besseren Tordifferenz auf einem Nichtabstiegsrang.

Bis Frankfurts Jan Age Fjörtoft für die Eintracht zum 5:1 gegen Lautern traf, Nürnbergs damaliger Kapitän Frank Baumann im selben Moment den Ball aus drei Metern in die Arme von SC-Keeper Richard Golz semmelte, Nürnbergs Vorsprung damit quasi mit dem Schlusspfiff aufgebraucht und der Club zum fünften Mal aus der Bundesliga abgestiegen war.

Radio-Reporter und Club-Fanlegende Günther Koch war Augenzeuge des Grauens und verabschiedete sich live mit folgenden Worten: "Na, na, ich mag nicht mehr, ich halte das nicht mehr aus."

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