"Kahn hat den größten Anteil"

Von Interview: Alexis Menuge
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© Imago

München - 30 Jahre wartete die Bundesliga auf eine Attraktion wie ihn. Einen wie damals Kevin Keagan beim Hamburger SV. Einen Publikumsliebling, Künstler, Zauberer.

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Uli Hoeneß tat den Fans den Gefallen und lotste Franck Ribery im Sommer 2007 für die Rekordsumme von 25 Millionen Euro von Olympique Marseille nach München.

Sein Auftrag: Titel sammeln und den Bayern die Leichtigkeit des Seins wieder zurück bringen. Zwei Trophäen, 17 Tore und unzählige Tricks später bleibt nur zu sagen: Mission erfüllt.

Im großen SPOX.com-Interview spricht der Franzose über sein erfolgreiches erstes Jahr in Deutschland, die Wehmut über Olli Kahns baldigen Abschied und seine Lieblingsspieler in der Bundesliga.

Münchens neuer König: Franck Ribery in Bildern!

SPOX: Franck, wie lange haben Sie die deutsche Meisterschaft gefeiert?

Franck Ribery: Gar nicht so lang. Wir haben uns alle in einem Restaurant getroffen, aber die Feier war kurz. Es wird aber nach dem letzten Spieltag ganz anders abgehen.

SPOX: Werden Sie dann eine Ausnahme machen und einen Schluck Weißbier nehmen (Ribery ist Moslem und trinkt keinen Alkohol, Anm. d. Red.)?

Ribery: Wenn es alkoholfreies Bier gibt, dann vielleicht. Ich brauche keinen Alkohol, um für gute Stimmung zu sorgen. Also werde ich darauf problemlos verzichten können.

SPOX: Was bedeutet die Meisterschaft für Sie persönlich?

Ribery: Ganz viel, denn es ist die erste Meisterschaft meiner Karriere. Somit ist es der bisher wichtigste Titel für mich. Ich bin vor einem Jahr nach München gekommen, um viele Titeln zu gewinnen. Nun habe ich bereits zwei Trophäen geholt. So soll es ruhig weitergehen...

SPOX: Ist der Titel verdient?

Ribery: Ganz klar. Wenn man sieht, dass wir vom ersten bis zum letzten Spieltag Spitzenreiter waren, dann spricht das für sich. Wir haben gut gespielt und wir waren vor allem konstant. Wir haben aber eine schwere Phase im Herbst durchgemacht, wo wir es nicht mehr geschafft haben, zwei Spiele in Serie zu gewinnen. Alle drei Tage ein Spiel - das war körperlich sehr schwer für uns. Wir waren nicht mehr frisch genug. Die Winterpause hat uns sehr gut getan. Wir haben schnell wieder unseren Rhythmus gefunden und unsere Verfolger abgeschüttelt.

SPOX: Gab es irgendwann mal Zweifel an der Meisterschaft?

Ribery: Nein, keineswegs. Es war sehr wichtig, eine gute Stimmung in der Mannschaft zu haben. Wir haben nie vergessen, Spaß zu haben - auch wenn der Druck der Verantwortlichen immer sehr groß war. Ich war immer fest davon überzeugt, dass wir das Potenzial für den Titel haben.

SPOX: Welche Bilanz ziehen Sie von Ihrer ersten Saison beim FC Bayern?

Ribery: Zum ersten Mal habe ich eine komplette Saison auf hohem Niveau gespielt. Früher hatte ich immer wieder Phasen, in denen ich in ein Loch gefallen bin. Dieses Mal war ich konstant. Die Winterpause hat mir gut getan.

SPOX: Was war Ihr bestes Bundesliga-Spiel?

Ribery: Ganz am Anfang beim SV Werder (4:0-Sieg am 2. Spieltag, Anm. d. Red.). Wir haben eine weltklasse Leistung gezeigt, und zwar von der ersten Minute an. Auch persönlich war es meine beste Partie.

SPOX: Welche Spieler haben den größten Anteil an dieser 21. Meisterschaft?

Ribery: Oliver Kahn. Er hat nicht viele Tore kassiert. Er war stets höchst konzentriert, immer voll bei der Sache, immer ernst. Martin Demichelis hat mir ebenfalls imponiert. Er hat eine großartige Saison gespielt. Er ist konstant in seinen Leistungen, er hat immer den Willen, jedes Spiel zu gewinnen. Ganz egal wie der Gegner heißt. Dazu ist er ein fairer Spieler. Ich schätze ihn sehr. Und natürlich noch Luca Toni. Im Spiel sieht man ihn kaum, aber er ackert viel und ist immer für ein Tor gut. Er ist unser Torjäger und unheimlich wichtig für unsere Mannschaft.

SPOX: Noch ein Wort zu Oliver Kahn, der mit bald 39 Jahren seine Karriere beenden wird?

Ribery: Ich möchte betonen, dass es für mich eine Ehre war, ein Jahr lang sein Kollegen gewesen zu sein. Oliver ist ein großartiger Torwart. In der Mannschaft ist er eher zurückhaltend, diskret, auch wenn er ab und zu für Stimmung sorgen kann. Mal kann er sich über irgendetwas kaputt lachen und mal geht er mit ernster Miene auf den Trainingsplatz. Und wenn er merkt, dass einer der Teamkollegen nicht richtig konzentriert ist, sorgt er dafür, dass sich das schnell ändert. Olli hat er eine Winner-Mentalität. Wir werden ihn nächste Saison schon vermissen.

SPOX: Auch Trainer Ottmar Hitzfeld wird München verlassen...

Ribery: Es wäre für besonders schön für ihn gewesen, wenn wir alle drei Titel gewonnen hätten. Das wäre für den Trainer den perfekten Abschied gewesen. Aber die Meisterschaft hatte oberste Priorität, also kann er die Bayern würdevoll verlassen. Ich persönlich habe mich immer super mit ihm verstanden. Ich habe viel Spaß mit ihm gehabt. Er war für mich immer da. Er hat für diesen Verein unheimlich viel geleistet. Nochmals meinen großen Respekt!

SPOX: Am 1. Juli wird Jürgen Klinsmann als neuer Trainer kommen. Freuen Sie sich auf Klinsi?

Ribery: Auf jeden Fall. Aber es ist klar, dass er von Anfang an unter Druck stehen wird. Wir haben das Double geholt und es wird schwer, es nächste Saison noch besser zu machen. Es wird wichtig sein, sofort auf einer Wellenlänge mit Klinsmann zu liegen, um gleich die Erwartungen zu erfüllen. Aber vieles spricht dafür, dass wir auch unter Klinsmann erfolgreich sein werden. 

SPOX: Reicht der Kader, um die hohen Ziele zu erreichen?

Ribery: Ich hoffe, dass die Verantwortlichen neue Spieler verpflichten werden. Wir brauchen Verstärkungen. Ab September werden wir die Champions League bestreiten. Das ist eine andere Welt als der UEFA-Cup. Wir werden stark sein müssen, um mit den Besten mithalten zu können. Insofern sind neue Spieler eine Pflicht.

SPOX: Auf welchen Positionen sollte sich der FC Bayern Ihrer Meinung nach verstärken?

Ribery: Das ist nicht meine Aufgabe. Aber ich bin überzeugt, dass Klinsmann die Mannschaft genau richtig verstärken wird.

SPOX: Uli Hoeneß meinte jüngst, die Bayern gehörten momentan zu den acht besten Klubs Europas. Würden Sie das - vor allem nach dem Desaster in St. Petersburg im UEFA-Cup - so unterschreiben?

Ribery: Wir haben das Double geholt und sind ins Halbfinale des UEFA-Cups eingezogen. Ich denke, das kann sich sehen lassen. Aber ob wir zu den acht besten Teams Europas gehören, wird sich erst nächste Saison zeigen.

SPOX: Sie hatten in der Vorrunde bemängelt, dass beim FCB ein echter Chef fehlt. Ist das immer noch der Fall?

Ribery: In der Rückrunde hat sich innerhalb der Mannschaft eine gewisse Hierarchie entwickelt. Spieler wie Kahn, Demichelis und van Bommel sind Leader, die auf den Putz hauen, wenn es nötig ist.

SPOX: Sie sind jetzt seit einem Jahr in der Bundesliga aktiv. Was gefällt Ihnen am besten?

Ribery: Ich bin begeistert, dass alle Mannschaften ständig versuchen nach vorne zu spielen, um Tore zu erzielen. Dadurch gibt es natürlich auch viele Freiräume. Für einen Offensivspieler wie mich ist es wunderbar, so viel Freiheit zu genießen. Und die Stadien sind wirklich wunderschön. Jedes Spiel war bisher ausverkauft. Außerdem ist die Stimmung auch bombastisch.

SPOX: Welche Mannschaften haben Sie am meisten beeindruckt?

Ribery: Besonders zwei: Hamburg und Schalke. Der HSV hat eine gute Mannschaft. Gegen sie ist es schwer zu spielen, weil sie gut organisiert ist. Dort gibt es viele gute Spieler, zum Beispiel Rafael van der Vaart. Und Schalkes Spielweise hat mir gefallen. Ich möchte auch noch den VfB Stuttgart nennen: Nach einer schweren Hinrunde hat Stuttgart eine großartige Rückrunde gespielt, nachdem die vielen Verletzten zurück waren. In bester Verfassung ist der VfB sehr stark.

SPOX: Welche Spieler, die Sie vor Ihrer Bundesliga-Zeit nicht unbedingt kannten, haben Ihnen gefallen?

Ribery: Mario Gomez, der Torjäger vom VfB. Ein sehr guter Angreifer. Er hat viele Tore erzielt und hat kaum Schwächen. Ein kompletter Stürmer. Außerdem finde ich Schalkes Bordon sehr stark. Was ich bei ihm mag: Er strahlt etwas besonders aus. Er gibt immer alles und lässt nie nach. Er bringt immer 100 Prozent. Ein Vorzeigeprofi.

SPOX: Sie haben auch viele neue Bundesliga-Stadien entdeckt, andere nach der WM 2006 wieder besucht. Welches sind Ihre Lieblingsstadien?

Ribery: Die beste Stimmung, die ich erlebt habe, war in Hamburg und auf Schalke. Auch von der Infrastruktur sind beide wunderschön.

SPOX: Werden Sie definitiv beim FC Bayern bleiben?

Ribery: Ja, definitiv. Ich habe noch einen Vertrag bis 2011. Hier fühle ich mich sehr wohl und mit Bayern München habe ich schließlich noch viel vor.

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