"Für die Bank ist Enke zu ehrgeizig"

Von Interview: Haruka Gruber
Illgner, Interview, Rensing
© Getty

München - Welchen Torwart verpflichtet der FC Bayern als Nachfolger des scheidenden Oliver Kahn? Von Bielefeld Mathias Hain ist die Rede, auch von Kasey Keller (FC Fulham), Marc Schwarzer (FC Middlesbrough) oder Francesco Toldo (Inter Mailand).

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Allesamt über den Zenit, allesamt wären sie als Ersatz für die designierte Nummer eins Michael Rensing eingeplant.

Ein anderes Szenario wäre jedoch dieses: Nach Rensings teilweise schwachen Auftritten diese Saison vertrauen die Bayern nicht völlig auf dessen Qualitäten und holen einen neben Rensing gleichgestellten Torwart.

Sebastien Frey (AC Florenz) wird seit längerem gehandelt, Hannovers Robert Enke scheint nicht abgeneigt.

Für welche Variante sollen sich die Bayern entscheiden? Im Interview mit SPOX.com spricht der frühere Nationalkeeper und Premiere-Experte Bodo Illgner über schwierige Vertrauensverhältnisse, die Risiken mit Rensing und Ambitionen von Robert Enke.

SPOX: Michael Rensing hat diese Saison schon des Öfteren gepatzt. Ist er gut genug für die Nummer eins des FC Bayern?

Bodo Illgner: Sicherlich sah er nicht immer glücklich aus, aber als junger Torwart muss man regelmäßig spielen, um sich zu entwickeln. Die Chance hat er vom FC Bayern noch nicht bekommen, daher darf man sich nicht wundern, wenn bei den sporadischen Einsätzen nicht alles glatt läuft.

SPOX: Was bedeutet das für die Einkaufspolitik der Bayern?

Illgner: Es geht um eine Grundsatzentscheidung: Wenn sie Rensing hundertprozentig vertrauen, dürfen sie keinen Torwart verpflichten, durch den er sich gleich angegriffen fühlt. Wenn die Bayern eine klassische Nummer zwei holen, wird es das Selbstvertrauen von Rensing festigen. Die Grundvoraussetzung, um über einen langen Zeitraum gute Leistungen abzuliefern.

SPOX: Welches Modell ist demnach das realistischste?

Illgner: Die Bayern haben sich bislang ja ganz klar für Rensing ausgesprochen, daher werden sie vermutlich einen erfahren Torwart holen, der sich ohne zu Murren auf die Bank setzt.

SPOX: Also einen Mann wie Hain, Keller oder Schwarzer?

Illgner: Bei den Genannten gibt es das Problem mit dem Alter. Die drei sind 35 oder älter, das könnte etwas riskant sein. Am besten wäre es, wenn die Bayern einen Torwart finden, der seine Qualitäten hat, vielleicht so zwischen 28 und 32 ist und ganz wichtig: Sich mit der Reservistenrolle anfreunden kann.

SPOX: Robert Enke ist 30 Jahre alt...

Illgner: ... aber für die Bayern-Bank ist er sicherlich zu ehrgeizig.

SPOX: Würde ein Torwartgespann Enke/Rensing jedoch nicht genau den Vorstellungen von Jürgen Klinsmann entsprechen? Das "Modell Konkurrenzkampf", sich gegenseitig zu Höchstleistungen pushen...

Illgner: Das kann ich nicht beurteilen, Klinsmann hielt sich diesbezüglich ja zurück. Ich weiß aber, dass es sich positiv auswirken kann, wenn man vorbehaltlos auf einen Torwart setzt. Zu Beginn meiner Karriere wurde in Köln klipp und klar entschieden: Der junge Illgner hat das Vertrauen als Nummer eins. Und zum Beispiel ging es auf Schalke mit Manuel Neuer ebenfalls gut aus.

SPOX: Aus Sicht von Enke wäre ein Wechsel zu den Bayern aber der richtige Schritt, oder?

Illgner: Robert Enke ist jetzt in einem Alter, wo es sich entscheidet: Entweder er wird nach der EM die deutsche Nummer eins - oder er wird es nie. Hannover 96 hat die letzten Jahre immer ganz gut mitgespielt in der Bundesliga. Aber das ist eben nicht der Verein, bei dem man sich mit letzter Sicherheit für höhere Aufgaben empfehlen kann. Daher ist es natürlich legitim, sich umzuschauen.

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