Die Zyklopen-Könige

Von Haruka Gruber
Schalke, Hamburg, Kuranyi
© Getty

München - Gewiss, das Sinnbild mit den Einäugigen unter den Blinden ist etwas weit hergeholt.

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Doch die verunglückten Pässe von Ivica Olic... Bastian Reinhardts haarsträubendes Stellungsspiel... Oder Thimothee Atoubas Flanken rund zehn Meter hinter das Toraus.... Vielleicht ist doch was dran mit dem einäugigen König unter den Blinden.

Als Endspiel um die Champions-League-Teilnahme wurde die Partie deklariert, als ein Duell zweier Topvereine, der Vierte empfing den Dritten, der Hamburger SV den FC Schalke 04.

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Mittelmaß - nicht mehr, nicht weniger

Was folgte, war eine Erkenntnis, ernüchternd wie schonungslos: Schalke ist nicht überragend, nicht mal gut, schon gar nicht zum Zungeschnalzen - doch Schalke ist eine der drei besten Mannschaften Deutschlands.  

Weil in dieser Saison Mittelmaß offenbar ausreicht, um sich in Hamburg mit 1:0 durchzusetzen. Weil Mittelmaß offenbar ausreicht, um sich vor den Sonntagsspielen als Dritter ein Sechs-Punkte-Polster auf Platz vier herauszuspielen. Besser gesagt herauszuarbeiten.

"Der HSV war aktiver und hat mehr Druck gemacht. Ich hatte den Eindruck, dass unsere Mannschaft nicht so frisch war. Deswegen hat das Spiel nach vorne gelitten", sagte Schalke-Manager Andreas Müller. Nur: Gelitten hat nicht nur das königsblaue Offensivspiel, sondern auch der neutrale Zuschauer.

Müller zuversichtlich

Nach dem frühen Führungstor durch Kevin Kuranyi nach 93 Sekunden (das Tor im SPOX-Replay) und temporeichen ersten 25 Minuten versiegte der Spielfluss, Hamburg rannte ideenlos nach vorne, Schalke hingegen mauerte nüchtern. Ohne Schnickschnack, Hauptsache effektiv. "Wir haben hinten zugemacht", sagte Kuranyi. Richtig, hinten dicht machen reicht ja bei all den Olic', Reinhardts und Atoubas.

Aber will man Schalke ob der spielerischen Armut einen Vorwurf machen? Die Sache mit den Einäugigen unter den Blinden und der Königsklasse eben. "Wir haben eine gute Ausgangssituation, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen", sagte Müller.

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Reich an Spielwitz

Etwas anders gelagert die Situation beim SV Werder. Reich an Spielwitz und Kreativität, erzielten die Bremer in Karlsruhe fast beiläufig drei Auswärtstore. Statt hinten im Schalker Stil dicht zu machen, dilettierten sie sich aber auch zu gleich vielen Gegentreffern.

"Man muss klar festhalten, dass wir Punkte liegen gelassen haben. Ich weiß gar nicht, wie viele klare Chancen wir gehabt haben", so Werder-Coach Thomas Schaaf nach dem 3:3. "Wir hätten den Sack zumachen machen müssen, das haben wir nicht geschafft."

Aber alles halb so schlimm, Bremen ist trotz aller Nachlässigkeiten ja weiterhin Zweiter. Per Mertesacker und Naldo können in der Abwehrzentrale weiter neben sich stehen, die Abseitsfalle mag nicht immer zuschnappen, doch angesichts von Konkurrenten wie Hamburg oder Leverkusen reicht nun mal Mittelmaß, um sich für die Champions League zu qualifizieren.

Bremen und Schalke. Die einäugigen Könige auf dem Weg in die Königsklasse. Hamburg? Das vor allem in der Offensive blinde Pendant dazu.

In den letzten acht Partien trafen die Hanseaten leidliche dreimal ins gegnerische Tor, seit sechs Partien gab es keinen Erfolg mehr.

"Riesenchance verpasst"

"Dem HSV geht die Luft aus. Die Mannschaft wirkt müde, sie macht nicht den frischesten Eindruck. Ich würde dies nicht allein an der Trainersituation festmachen. Es ist ein Produkt des Ganzen", sagte Premiere-Experte Matthias Sammer.

Dementsprechend unzufrieden zeigte sich Klubboss Bernd Hoffmann: "Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Wir haben die Riesenchance verpasst, einen Schritt Richtung Champions League zu machen. Uns gelingt es im Moment nicht, die ordentlichen Leistungen in Punkte und vor allem auch in Siege umzusetzen."

Ist ja auch schwierig, so ohne Augenlicht und Sehvermögen.

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