Fragen Sie mal Ziege!

Von Stefan Moser
Bilic, Ziege
© Imago

München - Über diesen 24. Spieltag kann man sich wirklich nur wundern: Ganz locker schlägt da eben mal der Tabellenletzte den Spitzenreiter, der HSV verzichtet freiwillig auf den UEFA-Cup, grölende Duisburger erobern die Arena auf Schalke und Bielefeld holt einen Punkt - mit einem Schafhirten im Tor!

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Doch wenigstens darauf kann man sich verlassen: Maik Franz reizt seine Gegner, die Hertha ist zum Gähnen langweilig, und Bibiana Steinhaus ist extrem toll. Ob in Gelsenkirchen aber wirklich noch die SPD regiert, erfahren Sie hier - in der Alternativen Liste:

1. Ruhrpott-Restauration: Das ist wahrlich selten: Duisburg führte auf Schalke mit 1:0 und in der Arena gewann ein versprengtes Grüppchen von Zebra-Fans die Oberhand. "Hier regiert der MSV!", hallte es durchs Stadion. Akustisch eine Meisterleistung, faktisch aber leider falsch. Denn in Gelsenkirchen regiert nun mal die SPD. Und in der Arena, Verschwörungstheorien zufolge, vielleicht noch ein paar sinistre Herrschaften aus Russland. Aber ein paar grölende Meidericher? Nein, die nun beileibe nicht! Das sahen schließlich auch die Schalker Spieler ein und stellten die alten Machtverhältnisse auf dem Platz wieder her.

2. Bibiana Steinhaus: Schiri Peter Gagelmann patzte derbe in Rostock, hatte hinterher aber immerhin den Anstand, sich dafür zu entschuldigen. Ganz anders Peter Sippel, der in Bochum reichlich neben der Kappe war, dazu jedoch nichts mehr sagen wollte: "Vielleicht beim nächsten Mal", raunte er nur in die Kameras. Vielleicht, Kollege Sippel, gibt's aber gar kein nächstes Mal. Denn: Bibi is back!! Frau Steinhaus pfiff am Freitag in der 2. Liga Offenbach gegen Jena, wie immer umsichtig und souverän. Höchste Zeit für einen Einsatz in der Bundesliga!

3. Kein Benimm: Als Erzbischof von Benevent schrieb Giovanni Della Casa 1597 eine Sammlung von Benimmregeln. Einen Abschnitt widmete er dabei dem Gähnen. "Vermeide diese Unsitte, die das Ohr, die Augen und den guten Geschmack beleidigt", schrieb der brave Della Casa, "schließlich zeigt das Gähnen nicht nur, dass wir der anwesenden Gesellschaft wenig gewogen sind, sondern es wirft auch ein schlechtes Licht auf uns selber."

Mario Gomez saß gegen Bochum angeschlagen auf der Bank, und der Stuttgarter war der anwesenden Gesellschaft wohl wirklich nicht besonders gewogen. Denn schon Mitte der 1. Halbzeit stand sein Mund so sperrangelweitoffen wie sonst nur noch die bayerische Defensive in Cottbus. Vielleicht beleidigte der müde Kick in Bochum (1:1) ja auch Gomez' Ohr und seine Augen - ganz bestimmt jedoch seinen guten Geschmack.

4. Slaven Bilic: Der Mann sieht irgendwie so aus, als könnte er - Verschwörungstheorien zufolge - auf Schalke insgeheim die Fäden ziehen. Was viele aber nicht wissen: Bilic wurde 2006 zum weltbesten Nachwuchstrainer gekürt.

Was inzwischen alle wissen: Der Coach der kroatischen Nationalmannschaft steht beim HSV auf der Liste potentieller Nachfolger von Huub Stevens. Entsprechend groß war die Aufregung, als Bilic gegen Dortmund plötzlich in Hamburg auf der Tribüne saß.

Offiziell war er natürlich nur da, um die Kroaten beider Teams zu sehen. Von denen spielte zunächst aber nur Mladen Petric. Der lief sich zwar Blasen, ansonsten aber lief nicht viel beim BVB. Und Slaven Bilic? Der sah dann doch extrem gelangweilt aus, immerhin verkniff er's sich zu gähnen.

5. Was mit "Ü": Ganz wenige Wörter fangen im Deutschen mit einem "Ü" an. Doch Olli Kahn, der rhetorische Tausendsassa, fand nach der Pleite in Cottbus trotzdem gleich zwei Stück: "Heute haben wir verloren, weil Energie einen Überlebenskampf hat. Und wir hatten auch was mit 'Ü', nämlich Überheblichkeit". Gar nicht schlecht, Herr Kahn, gar nicht ü...ü...übel. Allerdings müssen wir leider einen Punkt abziehen, denn in beiden Wörtern steckt das Präfix "über", und das zählt dann nur einmal. Weitere Wörter mit "ü" bitte unten posten! Orts- und Eigennamen sind ausdrücklich erwünscht.

6. Badboy Maik Franz (Was mit "ai"): Maik mit "ai": Wer so heißt, ist mit Vorsicht zu genießen, das lernt man schon in der Dorfschule bei Rempeleien auf dem Pausenhof. Denn die eingedeutschte Variante des amerikanischen Modenamens steht stellvertretend für die eingedeutschte Variante der amerikanischen Wettbewerbsmoral. Und die heißt: Ellbogen raus! Am besten dann, wenn keiner hinsieht. Das kroatische Pendant zu "Maik" heißt übrigens "Slaven". Fragen Sie mal bei Christian Ziege nach!

Die Pausenhof-Rempelei von Maik Franz und Ioannis Amanatidis noch mal zum Nachlesen.

7. Nach den Sternen greifen: Es gibt Dinge, über die man öffentlich nicht spricht. Ein Sparbuch in Liechtenstein zum Beispiel, oder Themen wie "nachts raus müssen". Eine ganz andere verbale Ladehemmung hat Huub Stevens. Der HSV-Coach weigert sich beharrlich, über hehre Ziele zu sprechen. Und so lautet der Steven'sche Anspruch beim Tabellenzweiten weiterhin: "Besser als im letzten Jahr". Heißt im Klartext: Platz 6. Und der reicht nicht mal für den UEFA-Cup.

8. Frank Mill: Am 9. August 1986 erzielte Frank Mill den wohl berühmtesten Pfostentreffer der Bundesligageschichte. Im Dortmunder Trikot umkurvte er Bayerns Torhüter Jean-Marie Pfaff, scheiterte dann aus drei Metern am leeren Tor und machte sich damit für lange Zeit zum absoluten Trottel.

Ähnlich clever stellte sich am Sonntag der Leverkusener Stefan Kießling an. Tranquillo Barnetta legte den Ball am Fünfer quer, und Kießling stand vorm leeren Tor. Was der Mill kann, kann ich längst, dachte sich der 24-Jährige und hämmerte das Ding ans Aluminium. Halb so schlimm, Bayer gewann gegen Nürnberg mit 4:1.

9. Im Hinterkopf: Diverse Hinterköpfe von diversen Fußballern mussten oft schon herhalten als Ausrede für schwache Spiele. Die Schalker zum Beispiel hatten angeblich schon Barcelona im Hinterkopf, als sie sich gegen Duisburg zu einem mühsamen 2:1 quälten. Der Revierrivale aus Dortmund dagegen vergeigte sein Spiel gegen Hamburg und verlor hoch verdient mit 0:1. Kein Wunder! Immerhin steckte in den schwarz-gelben Hinterköpfen schon ein Gegner von ganz anderem Kaliber: Im DFB-Pokal wartet nämlich Carl Zeiss Jena, Tabellenvorletzter in Liga zwei.

10. Nur so nebenbei: Die Hertha spielte in Rostock. Null zu Null ging's aus, und das Ergebnis war auch in der Höhe verdient. Selbst Erzbischof Della Casa hätte da wohl ungeniert gegähnt.

11. Die Auswanderer: Ein Torwart ist verletzt, ein anderer kommt für ihn ins Spiel. So was kommt im Fußball schon mal vor und sorgt normalerweise nicht für erhöhten Blutdruck in der Liga, vor allem dann nicht, wenn es bei Bielefeld passiert.Dort aber schickte Arminen-Coach Michael Frontzeck am Samstag den 37-Jährigen Dirk Heinen für Rowen Fernandez aufs Feld, obwohl der doch "vorgestern noch bei seiner Schafherde in Irland war". Kein Witz! Heinen hatte eigentlich keine Lust mehr auf die Bundesliga und ging zum Schafehüten auf die Insel.

Dort, erzählte der Standby-Profi nach dem Spiel gegen Hannover, halte er sich fit "mit meinem Sohn im Garten: Tore aufgestellt und rumgeballert". Glückwunsch an den Sohnemann! Den Herrn Papa hat er nämlich in eine absolut bestechende Form gebracht. Selbst Frontzeck fand Heinens Leistung hinterher "weltklasse".

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