Ein Jahr lang Stillstand

Von Jochen Tittmar
Fußball, Bundesliga, Doll, Thomas, Dortmund
© Getty

München - Es tut sich irgendwie nichts beim BVB. Mal einen Schritt nach vorne, dann wieder zwei zurück. Immer mal wieder steht ein sogenanntes Sechs-Punkte-Spiel an.

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Den einen Schritt nach vorne haben die Dortmunder im neuen Jahr mit dem 2:1-Erfolg im DFB-Pokal gegen Bremen schon hinter sich, die zwei zurück mit nur einem Zähler gegen Duisburg und Schalke auch. Steht nun gegen Cottbus also das Sechs-Punkte-Spiel an (Sa., ab 15.30 Uhr im SPOX-TICKER). Bei einer Niederlage wäre der BVB mitten im Abstiegskampf angekommen - schon wieder.

Rückblick: Die Borussen beendeten die Vorrunde der Saison 2006/07 mit 22 Punkten auf Platz neun. Zu schlecht, befanden die Verantwortlichen um Hans-Joachim Watzke und setzten Coach Bert van Marwijk vor die Tür.

In der Winterpause kam Jürgen Röber. Einem 3:2-Auftakterfolg gegen die Bayern folgten sechs Niederlagen aus sieben Spielen - aus dem BVB war ein ernstzunehmender Abstiegskandidat geworden, und Röber deshalb seinen Job wieder los.

Schlechter als 2007

Nachfolger Thomas Doll wendete den Super-GAU allerdings ab und bekam den Auftrag, einen Neuanfang zu starten. Gelungen ist ihm der bislang allerdings nicht. Ganz im Gegenteil: Die Borussia dümpelt im grauen Mittelmaß herum, war mit 21 Zählern zur Winterpause sogar noch schlechter als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.

Kritik am Verantwortlichen für diese Leistung, dem Trainer, gibt es in Dortmund allerdings nicht, zumindest nicht von Vereinsseite. Vielmehr verlängerten die BVB-Bosse Dolls Vertrag in der Winterpause. Und zwar gleich um zwei Jahre.
"Wir haben in intensiven Gesprächen gemeinsam mit Cheftrainer Thomas Doll und Sportdirektor Michael Zorc ein tragfähiges sportliches Zukunftskonzept für Borussia Dortmund entwickelt", freute sich BVB-Geschäftsführer Watzke am 25. Januar.

Bayer: "Kein sportliches Konzept"

"Im Moment kann ich da kein großes sportliches Konzept erkennen", erklärt Premiere-Kommentator und Dortmund-Experte Tom Bayer im Gespräch mit SPOX.com. "Ich habe mich auch etwas gewundert, dass man den Vertrag mit Doll vor allen Dingen gleich um zwei Jahre verlängert hat, denn die schwierige Situation des BVB erinnert an den Januar 2007."

Dabei war die momentane Situation durchaus absehbar. Nach der 0:3-Heimpleite gegen den HSV sprach Zorc bereits am 7. Spieltag von "Weicheier-Fußball", während Watzke meinte, ihn "kotze es total an".

Dolls Durchhalteparolen

Vielleicht wählte man den Begriff "Zukunftskonzept" auch deshalb, weil davon auf dem Platz gegenwärtig so gut wie nichts zu sehen ist. Der BVB stagniert unter Doll - bestenfalls. Das Gesicht, das die Mannschaft auf dem Feld zeigt, ist wechselhaft und vor allem unvorhersehbar. Zwar ist mit Sebastian Kehl, der laut "Bild" zögert, eine Vertragsverlängerung bis 2011 für 3,5 Millionen pro Jahr anzunehmen, der Anführer auf dem Platz zurück. Dennoch wird den Profis mangelnde Berufseinstellung und zu lasches Auftreten  nachgesagt.

Doll hingegen flüchtet sich nach schwachen Auftritten in seine sich ständig wiederholenden Worthülsen. Man werde sich sortieren und neu aufstellen. Es werde von nun an genau hingesehen und knallhart analysiert. Geändert hat sich selten etwas. Eine Tatsache, die man neben den Spielern auch Doll ankreiden muss.

Sportlicher Schlingerkurs

Der sportliche Schlingerkurs begann bereits in der Saisonvorbereitung. Neuzugang Mladen Petric - eigentlich ein Vollblutstürmer - sollte als neue Nummer 10 das lahmende Mittelfeld beleben, die alternden Wörns und Kovac eine zuverlässige Innenverteidigung bilden. 

Petric allerdings spielt längst wieder im Sturm. Und in der Abwehr, der mit 36 Gegentreffern zweitschlechtesten der Liga, wird fortwährend durchgewechselt. Martin Amedick beispielsweise, musste wochenlang bei den Amateuren ran, wurde dann auf der für ihn ungewohnten Rechtsverteidigerposition eingesetzt und durfte zuletzt sein Glück als Innenverteidiger versuchen.

Nach seinen rabenschwarzen Tag im Derby gegen Schalke, soll am Samstag nun Winterneueinkauf Mats Hummels verteidigen. Auch Marc Ziegler wird gegen Cottbus wohl nun doch spielen können. Für die Verletztenmisere im Tor kann Doll freilich nichts, doch auch sie verbessert die Abwehrdefizite nicht.

"Das große Problem von Dortmund in dieser Saison sehe ich in der Abwehr. Wenn man Wörns, Kovac, Amedick oder Brzenska nimmt -  da spielt keiner konstant gut. Ich hatte da eigentlich schon in der Winterpause jemanden anderen erwartet als Hummels. Da kann einem angst und bange werden. Man braucht ja bloß auf die Statistik schauen: vier Gegentore in Wolfsburg, drei in Duisburg, drei gegen Schalke", sagt Bayer.

Nicht mit Doll dem Abstieg entgegen

Die Vertragsverlängerung mit Doll scheint also etwas vorschnell erfolgt zu sein, denn was passiert, sollte der BVB tatsächlich noch weiter abrutschen? Die Mechanismen des Geschäftes würden auch in Dortmund greifen. 

"Wir wissen ja selber wo der BVB finanziell her kommt und jetzt sehen sie gerade mal wieder etwas Land. Ich glaube nicht, dass sie einen Abstieg in die zweite Liga riskieren werden und sich das alles kaputt machen, nur um den guten Namen zu wahren und dann mit Doll quasi sehenden Auges in die zweite Liga zu gehen", sagt Bayer.

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