Die Sache mit der Effektivität

Von Daniel Börlein
van der Vaart, Haggui
© Getty

München - Mitte November machte es Huub Stevens offiziell: Der Niederländer gab bekannt, nach der laufenden Saison in seine Heimat zurückzukehren, seiner kranken Frau wegen.

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Seitdem holte der HSV in fünf Spielen sechs Punkte. Nicht gerade die Welt. Vor allem wenn man bedenkt, dass sich die Norddeutschen nach dieser Saison gerne wieder auf internationaler Bühne präsentieren würden, im Idealfall in der Champions League.

Doch Panik herrscht bei den Hanseaten ob der zuletzt mageren Punkteausbeute keine, und Kritik am Trainer ist schon mal überhaupt nicht angesagt, denn der hat den HSV und ganz Hamburg fest im Griff.

Erfolgsrezept heißt Disziplin

Vor gut einem Jahr stand der HSV - damals noch unter Thomas Doll - im Tabellenkeller, sechs Punkte aus fünf Spielen wären gar nicht mal so schlecht gewesen. Nach einem verpatzten Rückrundenauftakt gegen Bielefeld und Cottbus (jeweils nur 1:1), musste Doll gehen. Stevens übernahm und führte den HSV gar noch in den UI-Cup. Das Erfolgsrezept: Disziplin! Und zwar auf und neben dem Platz.

"Huub Stevens steht ja bekanntermaßen dafür, dass hinten die Null stehen muss", erklärt Leverkusens Simon Rolfes vor dem Duell gegen den HSV (ab 15.30 Uhr im SPOX-LIVE-TICKER und bei Premiere) wie das mit der Disziplin dann in der Praxis aussieht. "So hat er den HSV zu einer defensivstarken Mannschaft gemacht."

Die Zahlen belegen, dass stimmt, was Rolfes sagt. Achtmal spielten die Hamburger in dieser Saison bislang zu Null, kassierten insgesamt erst 14 Gegentore. Stevens legt Wert darauf, dass jeder Spieler zuerst seine Aufgaben in der Defensive verrichtet und für das Team arbeitet. Da ist keiner ausgenommen, auch ein Rafael van der Vaart nicht.

Van der Vaart als Spitze

Stevens ist es auch egal, wenn das Ganze zugunsten der Attraktivität geht, denn mit Offensivfeuerwerken begeistert der HSV seine Fans in dieser Spielzeit nicht gerade. Nur zweimal erzielten die Norddeutschen mehr als zwei Tore in einem Spiel, beim 3:0 in Dortmund und beim 4:1 gegen den VfB. Ansonsten ist eher Minimalismus angesagt: Fünfmal gab es ein 1:0.

Das geht dann, wie am vergangenen Spieltag gegen Hannover, gar soweit, dass Stevens Kapitän van der Vaart als einzige nominelle Spitze aufstellt. Das Experiment missglückte zwar, doch von seinem System mit nur einem Angreifer wird der 54-Jährige deshalb dennoch nicht abrücken. Effektivität vor Attraktivität heißt es in Hamburg.

Zweitbeste Offensive

Effektivität mit Attraktivität heißt es dagegen in Leverkusen. Bayer begeistert die Liga mit Offensiv-Power. "Es gibt nur wenige Mannschaften, die so ein Offensivpotenzial haben und sich so viele Torchancen herausarbeiten", stellt Keeper Rene Adler völlig zu Recht fest.

Mit 35 Treffern hat Leverkusen nach Werder den besten Angriff der Liga, in sieben Partien dieser Saison erzielte die Elf von Michael Skibbe mehr als drei Tore. Der große Unterschied zum HSV: Während bei den Hamburger van der Vaart und Olic zusammen 17 der 25 Saisontore erzielten, sticht bei Bayer nur Gekas mit acht Treffern heraus. Die restlichen 27 Tore verteilen sich auf zehn Akteure. Leverkusen ist dadurch schwerer ausrechenbar.

Und Leverkusen spielt ohne Wenn und Aber nach vorne, und zwar zu Hause und auswärts. Fünf Siege gelangen Bayer bereits in der Fremde, dazu kamen 17 Tore. Kein anderer Bundesligist traf häufiger.

Doch auch vor heimischem Publikum liest sich die jüngste Bilanz mit drei Siegen in Folge und einem Torverhältnis von 11:1 recht beeindruckend. Daran soll nun auch der HSV nichts ändern, schließlich "wollen wir auf Platz 3 bleiben", sagt Trainer Skibbe. Und dafür wäre Bayers Coach wohl ausnahmsweise auch mal ein unattraktives Spiel seiner Mannschaft recht. Hauptsache effektiv.

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