Eine Renaissance war's noch nicht

Von Thomas Gaber
Toni, Klose, Bayern
© Imago

Hannover/München - In den ersten neun Spielen der laufenden Saison erzielte der FC Bayern sechs Mal mindestens drei Tore.

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Wahlweise verneigte sich die Liga anerkennend, erstarrte ehrfürchtig oder wies bockig darauf hin, dass keine Mannschaft der Welt ein so überragendes Niveau über 34 Spieltage hinweg halten könne.

Der FC Bayern machte da keine Ausnahme. Seit dem 3:0 gegen den 1. FC Nürnberg vergingen vier Monate und zehn Tage, ehe den Münchnern am Sonntag beim 3:0 in Hannover wieder einmal drei Tore in einem Bundesligaspiel gelangen - bei dem edlen Offensiv-Repertoire der Bayern ein Unding.

Phlegma abgelegt

Anfangs ähnelten die burschikosen Spielzüge der Bayern der perfekten Animation eines Computerspiels. Doch im Spätherbst waren die Auftritte des Rekordmeisters von Schwerfälligkeit und fehlender Zielstrebigkeit geprägt.

Ihr Phlegma legten die Bayern auch in den ersten beiden Spielen nach der Winterpause in Rostock und gegen Bremen nicht ab. In Hannover sah alles plötzlich viel besser aus.

Nach einer Findungsphase von etwa 20 Minuten übernahm eine von da an gut organisierte Hitzfeld-Elf das Kommando, zog ihre Angriffe entschlossen durch und hatte in Dreifachtorschütze Luca Toni (58./64./82.) einen einzigartigen Vollstrecker in ihren Reihen.

Tonis Pflichtbewusstsein

"Wir haben insgesamt ein sehr gutes Spiel gemacht und hätten schon in der ersten Halbzeit in Führung gehen müssen. Aber wir haben ja Luca Toni, der seinen unglaublichen Killerinstinkt unter Beweis gestellt hat", sagte Hitzfeld bei Premiere.

Luca Toni erledigte aber nur seine Pflicht. "Der FC Bayern hat viel Geld für mich ausgegeben. Das möchte ich mit möglichst vielen Toren zurückzahlen", sagte der Leader der Torschützenliste (13 Treffer).

Und außerdem seien seine Tore "ja immer auch ein Verdienst der ganzen Mannschaft". Einspruch! Auch in Hannover liefen einige Bayernspieler der Musik hinterher, allen voran die Außenverteidiger Willy Sagnol und Philipp Lahm.

Schweinsteiger stark verbessert

Doch diesmal gelang das Vabanquespiel, einen Gegner zu beherrschen und nebenbei zwei, drei Spieler durchzuschleppen. Mitentscheidenden Anteil an der erfolgreichen Mission hatte Bastian Schweinsteiger. Der Nationalspieler scheint in den letzten 72 Stunden eine sagenhafte Metamorphose durchgemacht zu haben.

Am Donnerstag setzte Schweini gegen Aberdeen (2:2) einer Serie von schlechten Spielen die Krone auf. In Hannover war er die treibende Kraft, die Hitzfeld schon in Schottland erkannt haben wollte.  

"Ich habe Bastian in Aberdeen schon stark gesehen, obwohl er von der Presse kritisiert worden ist. Dort hat man aber schon gesehen, dass er wieder voll konzentriert ist, viele Bälle will und Bälle verteilt. Deshalb war seine Leistung für mich keine Überraschung. Ich bin sehr froh, dass er wieder die Form hat, die wir uns von ihm wünschen", sagte der Coach.

Schweinsteiger zahlte Hitzfeld in Hannover das Vertrauen endlich mit Leistung zurück. Er profitierte zusätzlich von der Rückendeckung durch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, der Schweinsteiger eine baldige Vertragsverlängerung in Aussicht gestellt hatte. "Es ist sehr wichtig für mich zu wissen, dass der Verein auf mich zählt", sagte der 23-Jährige.

Offene Rechnungen mit dem HSV

Eine spielerische Renaissance war die Vorstellung der Bayern bei 96 allerdings noch nicht. Bereits am nächsten Spieltag wartet mit dem Hamburger SV ein neuer Prüfstein.

"In 350 meiner 400 Spiele für Bayern ging es um alles. Das ist auch gegen HSV so. Es geht darum, einen Konkurrenten um die Meisterschaft auf Distanz zu halten", sagte Torhüter Oliver Kahn, der in Hannover dank einer deutlich verbesserten Einstellung seiner Vorderleute weitgehend beschäftigungslos war.

Mit dem HSV haben die Bayern gleich zwei offene Rechnungen zu begleichen. Die Hamburger gewannen die letzten Spiele in München jeweils mit 2:1.

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