Gnadenlos verpfiffen

Von Daniel Paczulla
Branko Jelic
© Getty

München - Nach dem Schlusspfiff im Stadion der Freundschaft hagelte es ein gellendes Pfeifkonzert von den Zuschauerrängen. Zudem quittierten die Cottbus-Fans die Vorstellung des Unparteiischen Lutz Wagner und seinem Gespann mit "Schieber, Schieber"-Rufen. Und das nicht ganz  zu Unrecht.

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Eine schwache Schiedsrichterleistung brachte Energie im Abstiegskampf um wichtige Zähler. "Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht um Kopf und Kragen rede", musste sich auch der Cottbuser Kapitän Timo Rost auf die Zunge beißen.

Doch der Kragen hätte ihm nach der mehr als unglücklichen 2:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen durchaus platzen können. Rost aber hielt sich zurück, schluckte seine Wut und formulierte moderat: "Mit ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl hätten wir gewonnen."

Lächerlicher Elfmeter 

In Sachen Selbstbeherrschung eine glatte Eins für den Kapitän, denn seine Cottbuser lieferten einen grandiosen Fight - und wurden von den Unparteiischen letztlich verpfiffen.

Zwei Treffer wurden den Hausherren wegen einer vermeintlichen Abseitsposition aberkannt. Und als Krönung pfiff der Wagner kurz vor Schluss noch einen ziemlich albernen Elfmeter für Leverkusen. Simon Rolfes sagte "Danke" und erzielte den 3:2 (86.)-Siegtreffer.

Die drei Schlüsselszenen in der Chronologie:

75. Minute - Spielstand: 1:2

Stanislaw Angelow flankt von links, und Branko Jelic (im Bild) köpfte die Kugel aus sechs Metern ins Tor. Doch der Schiedsrichter-Assistent hebt die Fahne - Abseits.

"Vielleicht gleiche Höhe - und in dem Fall immer für den Stürmer", meinte Rost später. Das "vielleicht" konnte der 29-Jährige jedoch getrost streichen: Eine klare Fehlentscheidung. Beim Abspiel stand Bernd Schneider auf der rechten Seite mindestens auf gleicher Höhe mit dem Torschützen.

83. Minute - Spielstand: 2:2

Wieder flankt Angelow von links und Jelic setzt einen Flugkopfball an. Keeper Rene Adler fischt den Ball stark aus der Ecke. Ervin Skela hämmert den Abpraller aus acht Metern unter die Latte.

Doch erneut ist die Fahne oben. Beim Zuspiel auf Jelic stand der Albaner auch tatsächlich knapp im Abseits - allerdings passiv. Beim Torschuss griff er, so die Interpretation des Assistenen, aber aktiv ins Spielgeschehen ein. Eine Szene, über die man durchaus diskutieren und zugunsten der Schiedsrichter werten kann. Man kann den Abstauber von Skela aber auch als "neue Spielsituation" betrachten. Die Crux mit dem passiven Abseits.

85. Minute - Spielstand 2:2

Pirmin Schwegler läuft mit Ball in den Strafraum. Stiven Rivic will ihn am Abschluss hindern. Dabei fährt er den Arm aus und berührt den Schweizer leicht.

Der fällt ebenso dankbar wie theatralisch, und Wagner zeigt auf den Elfmeterpunkt. Eine mehr als strittige Entscheidung: "Da müsste man in jedem Spiel mindestens fünf Elfer pfeifen", pflegt Kaiser Franz Beckenbauer in solchen Situationen zu sagen. In Anbetracht der Vorgeschichte und der Entwicklung des Spielverlaufs muss man Wagner zumindest das Fehlen des berühmten "Fingerspitzengefühls" attestieren.

"Sehr große Enttäuschung" 

Zwei Fehlentscheidungen und eine diskussionswürdige Szene bringen die Cottbuser um ihren verdienten Lohn. "Die Enttäuschung ist sehr groß, wir hätten Minimum einen Punkt verdient gehabt", trauerte Rost.

Sein Team zeigte  - bis zur 86. Minute - eine engagierte Vorstellung. Michal Papadopulos, der erst im Winter vom Gegner aus Leverkusen ausgeliehen wurde, brachte die Heimelf mit 1:0 (14.) in Front. Die Treffer von Simon Rolfes (59.) und Dimitri Bulykin (69.) drehten die Partie zugunsten der Werks-Elf.

Reaktion zeigen 

Energie aber zeigte Moral und kam durch Christian Bassila zum 2:2 (77.). Doch nach dem Elfmeterpfiff standen die Lausitzer mit leeren Händen da und werden in den nächsten Tagen an den Geschehnissen zu knabbern haben. 

Nun können sie in der kommenden Woche in Bochum nur eine Reaktion auf dem Feld zeigen. Mit viel Leidenschaft, so wie sie es gegen Leverkusen zeigten - genau wie ihre  Fans nach Spielende.