Wilde Spekulationen um Hitzfelds Zukunft

SID

München - Sechs Jahre dauerte Ottmar Hitzfelds erste Amtszeit als Trainer des FC Bayern München, die zweite steht schon nach zehn Monaten mehr denn je auf dem Prüfstand.

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Seit der heftigen Kritik von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge an dem "Rotations-Weltmeister" und dem jähen Verfall der Spielkunst des neuformierten Millionen-Starensembles hat beim Bundesliga-Herbstmeister eine rasante Trainerdebatte eingesetzt, die vor dem UEFA-Cup-Spiel gegen Aris Saloniki in wilden Spekulationen gipfelte. Hitzfeld musste sich sogar die Frage nach einem Rücktritt im Falle einer Niederlage im letzten Fußball-Spiel des Jahres anhören, die er angesichts der guten Ergebnis-Bilanz empört zurückwies: "Die Frage erübrigt sich."

Nationaltrainer in der Schweiz nach der EM 2008, Nachfolger von Giovanni Trapattoni bei Red Bull Salzburg, Ende beim FC Bayern oder die Rückkehr zur TV-Analyse - jede Variante und jedes Gerücht wird inzwischen hektisch diskutiert. "Es wird überall viel spekuliert, darauf will ich nicht eingehen", sagte der Coach vor der Partie gegen Saloniki, die maßgeblich die Halbjahres-Bilanz des Vereins und auch des Trainers bestimmt.

"Ich habe eine Abmachung mit dem FC Bayern, dass wir uns im Januar zusammensetzen", bekräftigte Hitzfeld noch am 18. Dezember. Vom Vorstand war nach dem Gewinn der Herbstmeisterschaft nur noch zu hören, dass Hitzfeld weiterhin "erster Gesprächspartner" sei. Als "blanken Unsinn" bezeichnete Manager Uli Hoeneß Spekulationen, dass der Verein bereits mit anderen Trainern gesprochen habe.

Knackpunkt Bolton-Spiel 

Intensive Gedanken dürften sich die Vorstände sehr wohl machen. Hitzfelds Vertrag läuft Ende der Saison aus - und das Duo Rummenigge/Hoeneß muss eine klare inhaltliche und personelle Strategie und Vision für die Zukunft entwickeln. Auch die beiden Vorstände stehen in dieser Saison ganz besonders unter Druck, einen souveränen und überzeugenden Eindruck hinterlassen sie nicht.

Ein Knackpunkt war der 8. November, als ein innerlich aufgewühlter Rummenigge nach dem 2:2 im UEFA-Cup-Spiel gegen die Bolton Wanderers Hitzfeld harsch für seine Auswechslungen rügte. "Fußball ist keine Mathematik", hielt er bitterböse dem gelernten Mathematik-Lehrer Hitzfeld vor.

Dies öffentlich zu tun, sei ein Fehler gewesen, räumte Hoeneß inzwischen ein, inhaltlich aber teilte er Rummenigges Kritik. Der fürs Rotieren bekannte Hitzfeld habe "Rotations-Weltmeister" werden wollen.

Kritik immer noch nicht verdaut

Den stets loyalen Trainer überraschte die Vehemenz und Art der Attacke, die Bewältigung dauert an. Hitzfeld sprach von einem "kräftigen Schlag, den man erstmal wegstecken muss".

Die Medien wurden auf den Plan gerufen, ein Wechsel in die ruhigere Schweiz ist verlockender geworden. Und ein Autoritätsverlust ist nicht wegzudiskutieren. "Die Spieler sehen, wenn der Trainer vom Vorstand gerügt wird", kommentierte Hitzfeld.

Spieler geben sich loyal

Öffentlich versichern die Spieler, dass sie den Coach weiter gut finden. "Wir alle wünschen uns, mit ihm weiter zu arbeiten", sagte Nationalspieler Miroslav Klose. Veränderungen beim Trainer seien angeblich nicht festzustellen, wird von den Profis versichert, auch wenn die jüngste, harte Bestrafung von Oliver Kahn und ein Blick in Hitzfelds Gesicht anderes vermuten lassen.

Als Klose und Toni bis zum Herbst Tore am Fließband schossen, als Franck Ribery die Gegenspieler nach Belieben narrte und die Fans gerade bei den Heimspielen in der stets ausverkauften Allianz Arena verzückte, war Hitzfeld noch der perfekte Bayern-Coach. "Für uns war es zu hundert Prozent klar, dass wir den Vertrag verlängern", sagte Hoeneß. Vorbei, vergessen - trotz Herbstmeisterschaft.

Wie der "Fall Hitzfeld" ausgeht, erscheint in alle Richtungen offen. Der Trainer selbst versagt sich eine Tendenz: "Wir sind nicht im Wettbüro."

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