Hitzfeld hört auf

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Merkwürdig ist das schon: Der FC Bayern feiert zum Jahresabschluss ein Schützenfest gegen Aris Saloniki (Highlights im VIDEO) und qualifiziert sich als Erster in der Gruppe F souverän für die Runde der letzten 32, doch die Schlagzeilen werden beherrscht von der Trainerdiskussion.

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Verantwortlich dafür ist ein ziemlich denkwürdiges Interview, dass Ottmar Hitzfeld nach dem 6:0-Erfolg am Mittwochabend gab. Auf die Frage nach seiner persönlichen Zukunft auf der Bayern-Bank antwortete der 58-Jährige überraschend klar: "Ich weiß natürlich, wie es weiter geht. Meine Entscheidung ist bereits gefallen."

Offiziell werde er die Entscheidung zwar erst "im Januar mitteilen", doch wie SPOX.com aus sicherer Quelle erfuhr, steht fest: Hitzfeld wird im Sommer 2008 bei den Bayern aufhören.

In der Tat muss man auch nicht besonders subtil zwischen den Zeilen lesen, um auf diese Entscheidung zu schließen. Denn aufzuhören ist de facto die einzige Entscheidung, die Hitzfeld überhaupt alleine treffen kann. Die Entscheidung, seinen Vertrag zu verlängern, liegt dagegen mindestens zur Hälfte auch bei seinen Vorgesetzten.

"Dazu gehören immer zwei Verhandlungspartner", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge erst kürzlich. Für diesen Fall müsste der Trainer also erst die Gespräche im Januar abwarten, ehe er eine Entscheidung überhaupt treffen kann.

"Bundesliga ist nicht alles"

Doch schon vor der Partie deutete vieles darauf hin, dass Hitzfeld mit den Bayern bereits abgeschlossen hat. Der 58-Jährige hat ein Angebot vorliegen, nach der Europameisterschaft 2008 die Schweizer Nationalmannschaft zu übernehmen.

Anfang der Woche gab Hitzfeld ein Interview im Schweizer Magazin "L'Illlustre" - mit einer eindeutigen Tendenz: "Die Arbeit als Schweizer Nationaltrainer hat mich schon immer interessiert, die Bundesliga ist ja nicht alles. Ich werde meine Antwort im Januar geben."

Auch über den finanziellen Rahmen scheint der Erfolgscoach schon konkrete Vorstellungen zu haben: "Ich weiß, dass das Gehalt als Schweizer Coach nicht mit dem eines Bundesligatrainers zu vergleichen ist, aber das ist für mich nicht der ausschlaggebende Punkt", so Hitzfeld vielsagend.

Öffentliche Kritik

Es scheint, als hätte der Erfolgstrainer also endgültig genug von der ständigen Diskussion über seine Nachfolger und der öffentlichen Kritik von Rummenigge und Franz Beckenbauer. "Ich kenne keinen Menschen, bei dem man den Gefühlszustand so ablesen kann, und Ottmar steht der Frust der letzten Zeit ins Gesicht geschrieben", hatte der Kaiser am Wochenende erklärt.

"Mir geht es gesundheitlich gut. Das ist Populismus", konterte Hitzfeld durchaus deutlich in der "Sport-Bild". Nach dem Spiel gegen Saloniki jedoch räumte er ein: "Die letzten Wochen waren hart. Die Kritik nahm schon Formen an, die leicht bescheuert sind."

Besonders die öffentliche Schelte von Rummenigge nach dem UEFA-Cup-Spiel gegen Bolton ging Hitzfeld offenbar deutlich an die Nieren: "Das war schon ein kräftiger Schlag, den man erstmal wegstecken muss. Die Spieler sehen, wenn ein Trainer vom Vorstand gerügt wird", befürchtete er einen Autoritätsverlust.

Tischtuch zerschnitten

Das Tischtuch zwischen Rummenigge und Hitzfeld scheint seither zerschnitten. Am Mittwoch wollte dann auch Manager Uli Hoeneß, Hitzfelds stärkster Fürsprecher im Vorstand, keinen Treueschwur mehr leisten.

Auf die Frage, ob Hitzfeld der einzige Trainerkandidat wäre, wenn der denn Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit hätte, gab er nur ausweichende oder überhaupt keine Antworten. Ein einfaches "Ja" kam nicht über seine Lippen.

Trennung schon im Winter

In der momentan offenbar ziemlich angespannten Situation scheint es sogar denkbar, dass sich die Wege, trotz anders lautender Aussagen, doch schon im Winter trennen. Teile des Vorstands jedenfalls würden angeblich eine sofortige Ablösung befürworten. Der von Hitzfeld selbst angesprochene Autoritätsverlust ist sicher ein Argument.

Er selbst ging am Mittwoch aber von einer Erfüllung seines Vertrags bis Sommer 2008 aus: "Ich werde auf alle Fälle die Rückrunde bei Bayern sein. Das macht mir Spaß und da werde ich noch mal Vollgas geben mit den Jungs, um den ein oder anderen Titel zu holen."

Tatsächlich wirkte der Trainer dabei auch deutlich gelöster als noch in den Wochen zuvor. Möglicherweise lag das aber nicht nur am souveränen 6:0-Erfolg der Bayern und den "Du bist der beste Mann"-Sprechchören, sondern auch an der Erleichterung, dass er seine Entscheidung getroffen hat. (Die besten Szenen des Spiels im VIDEO bei SPOX.TV) 

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