Gewürgt, geschüttelt und gebissen

Von Stefan Moser
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© Imago

München - Am Sonntag war der zweite Advent, doch von Besinnlichkeit mal wieder keine Spur! Mit einer gewissen Besorgnis mussten wir sogar feststellen, dass die kriminellen Energien der Bundesliga in dieser Woche deutlich zunahmen. Sogar einen Lippenleser mussten wir bestellen!

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Heilige, Scheinheilige und Lothars neue Freundin - dazu Berti Vogts und sein bedenkliches Gewaltpotenzial gegen Ehefrauen: Das alles in der Alternativen Liste des 16. Spieltags.

1. Der heilige Uli: Am Freitag, einen Tag nach Nikolaus, stellten elf Dortmunder und elf Bielefelder Profis abends noch einmal ihre Stiefel auf den Rasen im Signal Iduna Park. Der Trick dabei: In den Dortmunder Stiefeln steckten elf Paar Dortmunder Beine, in den Bielefeler Schuhen dagegen steckte, nun ja - die blanke Armut. Da wollte der BVB mal nicht so sein und legte der Arminia sechs blitzsaubere Eier ins Nest - obwohl der Nikolaus ja eigentlich noch nie der Osterhase, und so weiter...

2. Was eigentlich so richtig keiner wissen will: Der Delfin, der Flipper spielte, hieß eigentlich Susi, die Geschwindigkeit, mit der Fingernägel wachsen, beträgt ca. 0,000000004 km/h, die erste Bibelausgabe in Eskimo-Sprache wurde 1744 gedruckt, und Duisburg boykottiert die Presse. Warum? Na, damit das endlich, endlich aufhört, dieses ewige, ähm...ja...was eigentlich?

3. Der heilige Friedhelm: "Hass gehört nicht ins Stadion." Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel erteilte seinem Fan-Beauftragten eine öffentliche Strafpredigt, weil dieser vor dem Schalke-Spiel die Stimmung im Stadion gegen den Ex-Frankfurter Jermaine Jones unnötig angeheizt hatte.

Weil Funkel selbst aber vorher 90 Minuten lang wie ein Derwisch an der Seitenlinie auf und ab hüpfte und bei jedem noch so harmlosen Foul der Schalker effektvoll brüllte, zappelte, gestikulierte und aufwiegelte, liegt der moralische Wert seiner späteren Aussage irgendwo zwischen scheinheilig und schizophren.

4. In Memoriam Hans-Hubert: Ein Fall für den nationalen Ethikrat sind indes aber auch die Ausführungen von Funkels berühmtem Vorredner Berti Vogts zum selben Thema: "Hass gehört nicht ins Stadion. Die Leute sollen ihre Emotionen zu Hause in den Wohnzimmern mit ihren Frauen ausleben."

5. In Würde altern, Teil I: Für weitaus weniger hat Olli Kahn schon jemanden gepackt, gepopelt, gewürgt, geschüttelt und gebissen. Und nun kam Duisburgs Idrissou daher und rempelte zunächst den Bayern-Keeper und trat ihm dann auch noch von hinten in die Beine. Früher hätte Idrissou dafür den Platz nur scheibchenweise in kleinen Plastikbeuteln abgepackt wieder verlassen. Doch der altersmilde Kahn überließ am Samstag die Justiz dem Schiedsrichter, der den Delinquenten auch mit Glattrot duschen schickte.

6. Anterograde Amnesie: Was man vergisst, hat man im Grunde nicht erlebt, so sagt man. Der arme Stanislav Sestak! Gegen Karlsruhe brachte er seine Bochumer mit 1:0 in Führung, doch zur Halbzeit konnte er sich an seine Heldentat nicht mehr erinnern. Ganz im Ernst: Sestak hatte früh in der Partie einen Schlag auf die Schläfe kassiert, der offenbar einen kurzzeitigen Filmriss verursachte. Weil er so ganz ohne Andenken aber nicht nach Hause fahren wollte, ging er nach der Pause wieder auf den Platz und machte dem KSC eben noch einen rein. Respekt! 

7. In Würde altern, Teil II: Donnerwetter, Michael Tarnat! Früher konnte der Hannoveraner Linksverteidiger eigentlich nur fest schießen, ganz früher auch noch fest laufen. Doch im zarten Alter von 38 Jahren entdeckt der Mann nun plötzlich sein Gefühl im linken Fuß. Blitzgescheit und butterweich bereitete Tarnat gegen Bremen gleich drei Tore vor. Das persönliche Highlight war das 1:1, als Tanne Doppelherz auf engstem Raum erst Per Mertesacker und Tim Wiese austanzte und dann den Ball lässig mit der Spitze an den langen Pfosten schnickte, wo Mike Hanke schließlich das Werk vollendete.

8. Materazzi and Friends: Wie es ihm denn jetzt so ginge, wurde Bojan Prasnikar auf der PK nach dem 0:0 gegen Hamburg gefragt. Weil der Cottbus-Coach vorher allerdings 90 Minuten lang seine Anweisungen über das Spielfeld gebrüllt hatte, bewegte Prasnikar zwar pflichteifrig den Mund - heraus kam aber kein artikulierter Laut, sondern nur ein langgezogenes, heiseres Krächzen. Als investigative Avantgarde scheute SPOX.com nun keine Kosten.

Um die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen, engagierten wir kurzerhand zwei weltbekannte Lippenleser, die den genauen Wortlaut rekonstruierten. Derzeit liegen uns nun zwei, in Nuancen voneinander abweichende, Gutachten vor. Nach Version 1 sagte Prasnikar: "Tschuldigung, habe ich keine Stimme mehr." Laut Lippenleser Nummer 2 aber beschimpfte der Slowene den Fragesteller, und zwar als "Sohn einer terroristischen Hure." Wir gehen der Sache weiter auf den Grund.

9. Gepflegter Größenwahn: Der Wolfsburger Diktator Felix Magath lässt seinen Allmachtsphantasien weiter freien Lauf. Gegen Stuttgart steckte er seine Vasallen zur Abwechslung in schmucke schwarz-blau gestreifte Arbeitskleider. Spontan erinnerte das an Inter Mailand - oder doch an den SC Paderborn? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen, gegen den VfB jedenfalls verloren die Wölfe mit 1:3.

10. Kommissar Dr. Helmut Fleischer: Fußballer sind doch wie die Kinder! Wenn ein Spiel nicht so läuft, wie sie es gerne hätten, dann werden sie zu motzigen kleinen Saboteuren, die auch noch allen Mitspielern den Spaß verderben. Weil Schalkes Carlos Grossmüller sich in Frankfurt über 85. Minuten ein ziemlich hässliches Gegurke ansehen musste, und das auch noch von der Ersatzbank aus, platzte ihm der Kragen. Trotzig schmollend marschierte er aufs Feld, streckte kurzerhand Michael Thurk nieder und verzog sich dann sofort recht hasenfüßig in den Kabinentrakt. Schiri Fleischer behielt den Überblick und notierte trotzdem nüchtern einen Platzverweis für Grossmüller. Zufrieden wirkte Fleischer jedoch nicht. Denn so eine Hinausstellung macht auch einfach keinen Spaß, wenn niemand mehr da ist, dem man die Rote Karte mit gestrenger Miene theatralisch vor die Nase halten kann. 

11. In Würde altern, Teil III: Am Samstag brachte Lothar Matthäus seine um 26 Jahre jüngere neue Freundin Kristina mit in die Allianz Arena, und laut Augenzeugenberichten gab es dort die erste handfeste Beziehungskrise. Denn nach dem Grottenkick gegen Duisburg wollte Lothar sich  noch eben schnell als neuer Bayern-Trainer ins Gespräch bringen, Kristina aber musste nach Hause, für die Religionsklausur lernen. Außerdem habe er, Lothar, ihr, also Kristina, doch ausdrücklich versprochen, dass er ihr noch bei den Hausaufgaben hilft. Wie dem auch sei - bekannt wurde außerdem, dass Kristina ohnehin nur einen Ein-Jahres-Vertrag unterzeichnet hat, und er, Lothar, die einseitige Option hält, um ein weiteres Jahr zu verlängern.

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