Sag's durch die Blume!

Von Stefan Moser
grinch, cheerleader
© Imago

München - Weihnachten steht vor der Tür und so weiter. Darum drehte sich am letzten Spieltag der Hinrunde naturgemäß auch fast alles um das Fest der Liebe.

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Einige allerdings wollten partout keine besinnliche Atmosphäre aufkommen lassen. Sie fälschten Statistiken, drohten Feuer zu legen, beleidigten die Schiedsrichter oder das ästhetische Empfinden von Langzeitstudenten. Und einer wollte sogar das Weihnachtsfest klauen.

Alles, wie immer stichhaltig belegt mit knallharten Fakten, in der Alternativen Liste von Spieltag Nummer 17:

1. Die Tücken der Statistik: Ganz recht herzlichen Glückwunsch, FC Bayern! Zur Herbstmeisterschaft und darüber hinaus zu einer recht erquicklichen Zahlenspielerei: Weil neun von zehn Herbstmeistern am Ende der Saison auch richtig Meister werden, ist der 21. Titel der Münchener Vereinsgeschichte doch nun reine Formsache. Statistisch gesehen. Allerdings, so gilt es zu bedenken: Wenn der Jäger einmal links und einmal rechts vorbei schießt, dann hat er - statistisch gesehen - auch den Hasen erschossen.

2. No Sports: Apropos gefälschte Statistiken: Der gute Felix um-Wolfsburg-weiterhin- im-unteren-Mittelfeld-ersaufen-zu-lassen-brauch-ich-doch-keine-Vorgesetzten Magath, der gleicht mittlerweile seinem Patriarchen-Vorbild Winston Churchill nicht mehr nur rein äußerlich. Auch Statistiken verlesen kann er inzwischen schon ganz prima. Die enttäuschende Hinrunde und Platz elf in der Tabelle interpretierte Magath nämlich so: "Wenn man am Ende der Vorrunde ein Tor weniger als der FC Bayern geschossen hat, ist das nicht so schlecht."

3. Unpassende Metaphern: Vorbildlich ist das, wie sich die Dortmunder Profis auch von einer 0:4-Klatsche nicht die Weihnachtsstimmung verhageln lassen! So richtig rührend war vor allem, wie sich Christian Wörns, einer der Hauptschuldigen für die Niederlage, hinterher den Kameras präsentierte und versicherte: "Natürlich brennt bei uns jetzt dann der Baum." Trotzdem: Frohes Fest!

4. Durch die Blume: Weil Armin Veh im Spiel gegen Bielefeld den Schiri angepflaumt hatte, verbannte dieser den Stuttgarter Trainer kurzerhand auf die Tribüne. Dort hatte Veh nun jede Menge Zeit, um nachzudenken und an seinen Formulierungen zu feilen. Heraus kam kurz nach Schlusspfiff folgendes rhetorisches Husarenstück: "Ich weiß nicht mehr genau, was ich gesagt habe, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich ihn beleidigt habe." Die Aussage ist strafrechtlich nicht ernsthaft von Belang, und genau darin liegt die psychologische Finesse. Denn letztlich wiederholte der durchtriebene Schwabe damit faktisch die Beleidigungen, indem er zwischen den Zeilen nämlich sagte: "Ich weiß ganz genau, dass ich ihn beleidigt habe, und ich bin durchaus auch immer noch davon überzeugt, dass ich damit absolut Recht hatte."

5. Ivan Klasnic: Nach 13 Monaten und zwei Nierentransplantationen erzielte Ivan Klasnic gegen Leverkusen seine ersten beiden Tore für Bremen. Und das ist nicht nur zu Weihnachten eine wirklich schöne und sehr beeindruckende Geschichte!

6. Postmoderne Beliebigkeit: "Pogo tanzende Weihnachtsmänner" - klingt wie der gesucht skurrile Refrain einer zwanghaft postmodernen, leicht übermotivierten Deutsch-Pop-Band in einem x-beliebigen Partykeller eines x-beliebigen Studentenwohnheims. Es ist in Wahrheit aber ein erschütternd reales Zeitdokument aus Wolfsburg. Dort feierten die VfL-Spieler nämlich ihre bayerngleiche Hinrunde, und zwar, genau: Pogo tanzend mit schicken roten Bommelmützen. Auch das wirkte gesucht, skurril, übermotiviert und in seiner Beliebigkeit auch postmodern - dank chronischer Erfolglosigkeit in Wolfsburg aber taugt die Party nicht zur Wiederholung und mithin glücklicherweise auch nicht zum Refrain.

7. Das gestohlene Weihnachtsfest: Aber was, liebe Kinder, hatte sich in Wolfsburg da so still und heimlich unter die tanzenden Weihnachtsmänner gemogelt? So finster und dürr und ganz in Grün... War das nicht der böse Grinch? Augenzeugen vermuten, es könnte auch Sergiu Radu im VfL-Trikot gewesen sein, aber wer will dafür seine Hand ins Feuer legen?

8. Daily Soap mit Norbert Meier: Es war Ende der 1. Halbzeit im Spiel Bremen gegen Leverkusen, als Tranquillo Barnetta den sterbenden Meier gab: Der Bremer Markus Rosenberg war im Strafraum zu Fall gekommen, Schiri Knut Kircher aber ließ weiterspielen, wodurch Barnetta sich berufen fühlte, dem Rosenberg aus zwei Zentimetern Entfernung mal so richtig ins Gesicht zu brüllen.

Dem kühlen Schweden aber war das zu intim: Angewidert setzte er zur Kopfnuss an, berührte Barnetta aber höchstens minimal. Der jedoch witterte die Chance zum Ruhm, sprang - freilich mit gut einer Sekunde Verspätung - hoch in die Luft, landete mit angewinkelten Beinen krachend auf dem Boden, wälzte sich im Schlamm und gab die recht abgeschmackte Vorstellung der tiefsten körperlichen Pein. "Er ist ein guter Schauspieler", sagte Rosenberg hinterher. Eine glatte Lüge!

9. Kleine Heimatkunde: "Ich bin nicht der Knurrer aus Kerkrade", knurrte HSV-Trainer Huub Stevens nach dem Spiel in Karlsruhe schlecht gelaunt in ein gezücktes Mikrofon. Echt nicht? Echt nicht! Um das jetzt ein für allemal klar zu stellen: "Ich bin der Knurrer aus Sittard!"

10. Freunde fürs Leben: Donnerwetter, war der Petr Gabriel da angefressen! Stuttgarts Ciprian Marica hatte dem Bielefelder Abwehrchef soeben unabsichtlich ein richtig fettes Veilchen verpasst. Schimpfend und tobend stampfte Gabriel daraufhin zur Auslinie, besorgte sich eine schöne Handvoll Eis, kühlte damit die blinkende Beule unter seinem Auge und marschierte stocksauer zurück an seinen Arbeitsplatz. Ecke für Stuttgart stand da gerade auf der Tagesordnung. Tapfer stieg Gabriel zum Kopfball hoch - und bekam prompt den Eisenschädel an die Schläfe, von, natürlich, Ciprian Marica. Damit war's dann aber auch genug, Gabriel hatte endgültig die Schnauze voll und ließ sich auswechseln. Nachvollziehbare Maßnahme!

11. Knoten in den Beinen: Der Karlsruher SC hat seine Fans in dieser Hinrunde wirklich vom Feinsten verwöhnt: moderner Offensivfußball, erfolgreich und auf hohem technischen Niveau. Umso überraschender die leicht ordinäre Rumpeleinlage, die Andreas Görlitz gegen Hamburg da zum Besten gab. Mit freier Bahn zum Tor stolperte er erst über den Ball, dann über die eigenen Beine, dann über seine Nerven, wieder über den Ball und zuletzt noch über sein schlechtes Gewissen, weil er bereits ahnte, dass er soeben im Begriff war, eine 100-prozentige Torchance ziemlich armselig zu verdaddeln. Hoch anzurechnen ist dem Unglücksraben aber, dass er bei all dem Gestocher und Gestolper immerhin den Ball nicht noch kaputt getreten hat.

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