Kaum Argumente für Hitzfeld

Von Florian Bogner
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© Getty

München - Es war angerichtet. Wie die kulinarischen Köstlichkeiten von Alfons Schuhbeck lag die Herbstmeisterschaft für den FC Bayern im Heimspiel gegen den MSV Duisburg auf dem silbernen Tablett.

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Bremen verliert in Hannover, Hamburg spielt gegen Cottbus nur Unentschieden - der Rekordmeister hätte gegen den Abstiegskandidaten nur ein glanzloses 1:0 gebraucht, um den Halbzeit-Titel auf der anschließenden Weihnachtsfeier mit Schuhbecks Gala-Dinner gebührend feiern zu können.

Doch irgendwas lief schief. Als Schiedsrichter Babak Rafati um 17.22 Uhr energisch zum Schlusspfiff blies, hüpfte Duisburgs Trainer Rudi Bommer vor Freude in die Arme seines Co-Trainers, während Ottmar Hitzfelds Körpersprache eher tiefste Beklemmung verriet.

Bayern Null, Duisburg Null, so stand es auf der Anzeigetafel. Und als es ein Teil der Zuschauer Rafati nachmachte und sich die Seele aus dem Leib pfiff, stand Hitzfeld unten an der Seitenlinie und blickte einfach nur leer vor sich hin.

Die Hände in den Manteltaschen vergraben, schüttelte er mehrmals gedankenverloren den Kopf, presste immer wieder die Lippen aufeinander und überlegte sich insgeheim wohl schon, wie er die abermalig dürftige Vorstellung seiner Mannschaft später gegenüber dem Vorstand rechtfertigen könnte.

Bemüht, aber ohne Spielkultur

Gegenüber den Journalisten gab sich der Bayern-Coach gewohnt souverän. Natürlich sei er enttäuscht über das Ergebnis, schließlich habe man die Herbstmeisterschaft so früh wie möglich perfekt machen wollen. "Wir haben uns sehr schwer getan, vor allem nachdem wir die ersten Chancen wieder nicht genutzt hatten", sagte der Bayern-Trainer.

In der Tat hatte man, je länger das Spiel dauerte, immer weniger das Gefühl, dass den Bayern dieses eine Tor zum Halbzeit-Titel noch gelänge, obwohl der MSV im zweiten Durchgang beide Innenverteidiger verletzt auswechseln und nach Mohamadou Idrissous Platzverweis zu zehnt zu Ende spielen musste.

Bezeichnend, dass mit Daniel van Buyten und Mark van Bommel zwei defensiv ausgerichtete Spieler die meisten Torschüsse abgaben (je 4). Ob er denn nun sauer auf seine Spieler wäre, wurde Hitzfeld später gefragt. "Nein", die Antwort, "sauer bin ich nicht. Die Mannschaft hat sich ja bemüht, das Spiel zu gewinnen."

Doch mit einem viel zu statischen Spiel ohne Bewegung abseits des Balles, mit einem Mittelfeld ohne spielerische Impulse und lethargischen Stürmern ohne Durchschlagskraft bringt man an manchen Tagen eben nicht mal gegen Duisburg den Ball über die Linie.

Lahm warnt: "Mancher nimmt's zu leicht"

Ein konkreter Vorwurf ist dem Trainer freilich nicht zu machen. Doch wer 70 Millionen Euro in neue Spieler investiert, will von denen auch das maximale Leistungspotenzial ausgeschöpft wissen. Wer an seine Leistungsgrenze gehen will, der braucht neben geistiger Frische und willigen Beinen vor allem Motivation. Und diese Motivation ruft Hitzfeld bei seinen Spielern momentan nicht hervor.

Philipp Lahm war der einzige, der dieses Problem nach dem Spiel offen ansprach. "Vielleicht nimmt es der ein oder andere ein bisschen zu locker im Moment. Das darf nicht passieren", kritisierte der Außenverteidiger. Man sei zwar noch Tabellenführer und man dürfe nicht alles schlecht reden, "aber momentan spielen wir einfach nicht den Fußball, den wir uns vorstellen", meinte Lahm.

Vor allem spielen die Bayern nicht den Fußball, den sich der Vorstand vorstellt - und das ist in erster Linie Hitzfelds Problem. Im Januar stehen Gespräche über seine Zukunft als Bayern-Trainer an, und momentan hat der 58-Jährige wenige Argumente, warum man ihm ein weiteres Jahr das Vertrauen schenken sollte.

Durchwurschteln - egal wie

Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zogen nach dem Spiel beide kommentarlos in Richtung Weihnachtsfeier von dannen. Ihre Körpersprache verriet dabei nicht gerade große Vorfreude auf einen besinnlichen Abend. Der Trend geht beim Rekordmeister seit September stetig bergab und nun schleppt man sich in den letzten Spielen des Jahres mit grausamen Leistungen Richtung Winterpause.

Premiere-Experte Stefan Effenberg brachte es auf den Punkt: "Mit der Entwicklung in den vergangenen Wochen können die Bayern nicht zufrieden sein. Da müssen sich alle mal am eigenen Schopf packen. Sie können froh sein, dass sie noch oben stehen."

In der nächsten Woche wird in Berlin die Hinrunde abgeschlossen und dann gibt es in zehn Tagen noch das letzte UEFA-Cup-Gruppenspiel gegen Aris Saloniki. In beiden Fällen braucht der Rekordmeister zumindest ein Unentschieden, um seine Ziele Herbstmeisterschaft und nächste Runde in Europa zu verwirklichen.

Irgendwie durchwurschteln ist die Devise, das merkt man allen Beteiligten an. Das Bayern-Magazin vom Duisburg-Spiel verkündete jedenfalls schon selbstbewusst, dass der FC Bayern in allen drei Wettbewerben überwintert. Sollte das so kommen, wäre es für Hitzfeld nach den gezeigten Leistungen dennoch nur ein schwaches Argument am Verhandlungstisch.

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