Nachwehen aus der Sandgrube

Von Florian Bogner
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© Getty

München - Thomas Doll ist in der Vergangenheit oft für seine nichtssagenden Aussagen nach Bundesligapartien gescholten worden.

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Nach dem 0:0 gegen den FC Bayern am 11. Spieltag überraschte der Dortmunder Trainer allerdings mit für seine Verhältnisse knackigen und griffigen Aussagen. Obwohl sein Team die wohl beste Leistung in dieser Saison gezeigt hatte, war dem Coach nicht nach Lobhudelei zu Mute.

"Wir hätten ein richtiges Ausrufezeichen setzen können", haderte der 41-Jährige. Nach einem Punktgewinn gegen den FC Bayern könne man eigentlich nicht enttäuscht sein, "wenn man aber unsere zweite Halbzeit sieht, dann doch. Wir hätten den Platz als Sieger verlassen müssen."

Dortmunds mangelnde Chancenverwertung

Chancen hatte der BVB in der zweiten Halbzeit schließlich genug, um dem Meister in spe die erste Niederlage seit April zuzufügen. Innerhalb von fünf Minuten hätten Jakub Blaszczykowski, Delron Buckley, Florian Kringe und Nelson Valdez alles klar machen können, wenn nicht sogar müssen. Am Ende stand aber doch wieder die Null auf Bayerns Gegentorkonto - bereits zum siebten Mal in dieser Saison.

Doll: "Wir hatten Riesentorchancen und das ärgert mich auch ein bisschen. Wir hatten herrliche Kombinationen, aber im entscheidenden Moment hat das Quäntchen Konzentration und die Coolness im Abschluss gefehlt."

Positiv lediglich aus seiner Sicht: "Meine Spieler haben gesehen, dass wir keine Schwierigkeiten in der Innenverteidigung bekommen, wenn wir uns taktisch gut verhalten und im Mittelfeld früh raus schieben."

Schachzug mit Sosa zündet nicht

Ein Fingerzeig an den Rest der Liga. Der dürfte wohlwollend zur Kenntnis genommen haben, dass der FC Übermächtig doch gar nicht so übermächtig ist, vor allem, wenn er sich 72 Stunden vorher noch im Belgrader Morast die Knöchel bunt gebogen hatte.

So konnte Dolls Gegenüber Ottmar Hitzfeld mit der Punkteteilung auch sehr gut leben. Das Spiel in Belgrad ("wie in einer Sandgrube") habe schließlich viel Kraft gekostet.

Zudem hatte Hitzfelds Schachzug, Neuzugang Jose Ernesto Sosa zu bringen, nicht gezündet. Der Argentinier bewarb sich mit Fehlpässen und verlorenen Zweikämpfen von der ersten Minute an für die Wahl des ersten Auswechselspielers.

Während Doll auf Lob für seine Elf verzichtete, stellte Hitzfeld seiner dahinstolpernden Mannschaft trotz erstmaliger Torflaute in dieser Saison das Prädikat "zufriedenstellend" aus: "Ich muss den Spielern ein Kompliment machen, dass sie auf die Zähne gebissen haben und den Dortmundern Paroli geboten haben."

Bayern ist doch zu schlagen

Dolls Einschätzung, Dortmund hätte das Spiel gewinnen müssen, teilte er indes nicht. "Das ist seine Sicht. Aus meiner Sicht hätten wir den Sieg verdient", meinte Hitzfeld und führte an, dass die ersten Chancen der Partie ja seiner Mannschaft gehört hätten.

Und sicher, wäre die Bogenlampe von Martin Demichelis und der folgende Nachschuss von Miroslav Klose im Netz gelandet und nicht gegen den Querbalken geklatscht (36.) - die Dortmunder hätten es wohl kaum geschafft, die abgeklärte Bayern-Defensive um Michael Rensing noch zu überwinden.

Fakt ist jedoch: Fallen die Komponenten schweres Auswärtsspiel unter der Woche und Ausfall eines Schlüsselspielers (Franck Ribery) zusammen, ist der FC Bayern auch in der Bundesliga zu schlagen. Hitzfeld: "Am Schluss müssen wir sehr zufrieden sein, dass Dortmund eben auch zwei, drei Chancen nicht verwerten konnte."

Degens Zupfer ohne Wirkung

Einzig strittige Szene des kurzweiligen Spiels war zuvor ein Zupfer des ansonsten starken Philipp Degen an Miroslav Kloses Trikot in der 38. Minute gewesen. Markus Merk hatte nämlich nichts Regelwidriges bemerkt, obwohl er durchaus auch auf Rot für den Schweizer und Freistoß für Bayern hätte entscheiden können, weil Degen letzter Mann war.

"Ich sage ja nichts, wenn er mit dem Körper ein bisschen reingeht und den Ball dabei spielt. Aber der Ball ist ja drei Meter weit weg von ihm", monierte Klose hinterher. Auch Hitzfeld hatte "ein klares Foul von Degen" gesehen.

Hitzfeld fehlt der Mut

Nur zugesehen hat in Dortmund Bayerns Youngster Toni Kroos, am Donnerstag noch Matchwinner gegen Belgrad. Nachdem bereits Bayern-Manager Uli Hoeneß seinen behütenden Mantel über den 17-Jährigen gelegt hatte ("Matchwinner? Wie bitte? Lassen sie den schön mal unten"), war Hitzfeld angesichts des Spielstandes schlichtweg nicht gezwungen, seine juvenile Waffe von der Bank auf den Platz zu beordern.

Das gestand er hinterher auch ein: "Das Spiel war in den letzten 20 Minuten sehr hektisch, da spielt Erfahrung eine große Rolle. Da habe ich nicht den Mut gehabt, den ganz jungen Toni Kroos zu bringen. Wäre es doch schief gegangen und wir hätten verloren, wäre am Ende noch er Schuld gewesen." Bei einem Rückstand hätte er ihn aber "sicherlich eingewechselt".

Am Ende des Tages bleibt also festzuhalten: Die Bayern sind schlagbar. Außer Hitzfeld schickt den kleinen Toni auf den Platz.

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