Die Legende lebt

Von Stefan Moser
van der vaart, hamburg, hsv
© Getty

München - Stimmt schon: Karlsruhe hat auf Schalke gewonnen und heißt ab sofort "Mannschaft der Stunde". Sechs Siege in neun Spielen macht ja auch - abzüglich der Bayern - Platz eins in der Best-of-the-rest-Tabelle. Aber deshalb gleich die Contenance verlieren?

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Stimmt auch: Ailton traf gegen seine Ex-Kollegen aus Bremen. Werder gewann die ziemlich unansehnliche Partie in Duisburg aber trotzdem souverän. Taugt auch nicht zur Legendenbildung.

Genauso wenig wie der kriselnde Meister aus Stuttgart oder das reichlich fade 1:0 der Wolfsburger gegen Rostock. Das 0:0 der Hertha gegen Cottbus schon gar nicht.

Ganz ehrlich: Spieltag Nummer neun - Du warst bisher ein richtiger Langweiler! 13 Tore in sieben Partien sind nun wirklich kein Fall für die Geschichtsbücher.

Hamburg schreibt Geschichte 

Doch ausgerechnet in Hamburg, wo Huub Stevens die Langeweile in dieser Saison - sehr gewinnbringend freilich - zur Methode erhoben hat, wurde dann doch noch ein neues Kapitel Fußball-Historie geschrieben.

Indem Rafael van der Vaart in Bielefeld in seinem siebten Liga-Spiel in Folge ins gegnerische Tor traf, stellte er den 44 Jahre alten Rekord von HSV-Legende Uwe Seeler ein.

"Ich habe schon vor dem Spiel von dem Rekord gelesen", sagte der 24-Jährige nach vollbrachter Tat: "Ich freue mich natürlich, aber Uwe Seeler hat in der Zeit ja zehn Tore gemacht - ich nur sieben."

Der kleinere Scherbenhaufen

Was die nackten Zahlen angeht, hat van der Vaart Recht. Was er dabei aber durchaus bescheiden unter den Tisch fallen lässt, ist, dass er damit alleine drei Viertel aller HSV-Tore in der aktuellen Spielzeit erzielt hat - und sehr oft auch die entscheidenden.

Die Fakten sprechen für sich: Die HSV-Bosse hätten sich im Sommer jede Menge zerbrochenes Porzellan erspart, hätten sie dem Drängen ihres Spielmachers nachgegeben und ihn nach Valencia verkauft.

Doch der Scherbenhaufen, den van der Vaart mit einem kurzfristigen Wechsel nach Spanien hinterlassen hätte, wäre wohl ungleich größer gewesen. Denn wie kaum eine zweite Mannschaft in der Bundesliga ist Hamburg von diesem einen Spieler abhängig.

Der entscheidende Faktor

Der Sieg in Bielefeld war bereits der vierte 1:0-Erfolg für die Hanseaten in der laufenden Saison. Und dreimal hieß der Torschütze van der Vaart. Alles in allem hätte der HSV ohne den Niederländer mindestens sieben Punkte weniger auf dem Konto.

In der um van der Vaart bereinigten Tabelle hieße das Platz zwölf. Noch hinter Dortmund und punktgleich mit Stuttgart. In der tatsächlichen Tabelle steht Hamburg aussichtsreich auf Rang vier.

Huub Stevens' Minimal-Gleichung geht auf, weil van der Vaart trifft - irgendwie, und irgendwie immer. Hinten steht die Null und vorne hilft der kleine Engel.

Die abgeschmackte Inszenierung 

Nach der ganzen abgeschmackten Inszenierung, mit der der 24-Jährige noch im August seinen Wechsel zu Valencia erzwingen wollte, spricht seine Leistung letztlich für den Charakter - oder zumindest eine professionelle Berufsauffassung - von Rafael van der Vaart.

Es hätte auch ganz anders kommen können: Ein, zwei lustlose Auftritte des Niederländers, das ein oder andere Wehwehchen, ausbleibende Resultate, Knatsch mit den eigenen Fans, Verkauf nach Spanien im Winter.

So aber muss man letztlich auch Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer zu seiner hartnäckigen Linie gratulieren. Er lehnte den Wechsel unbeirrt ab, ging damit durchaus ein gewisses Risiko ein und wird nun dafür belohnt.

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