Herr Lehmann, bitte kommen!

Von Oliver Wittenburg
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© Imago

München - Der VfB Stuttgart verliert auswärts. Eigentlich nichts Neues in dieser Saison, denn schließlich hat der Meister ja alle fünf Spiele auf fremdem Platz verloren. Die 1:4-Pleite beim Hamburger SV hatte aber eine neue Qualität.

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Denn: Alle bisher gehörten Erklärungsmuster griffen diesmal nicht.

Stuttgart hatte nicht nur einfach die Anfangsphase verschlafen, Stuttgart hatte das Spiel diesmal nicht über weite Strecken bestimmt und einfach nur die Dinger nicht gemacht und Stuttgart hatte auch nicht nur Pech gehabt, wie bei den Pleiten in Bremen, Rostock oder Karlsruhe noch eingeräumt werden konnte.

In Hamburg war der VfB eine kollektive Katastrophe, ein Hühnerhaufen, ein Desaster in kurzen Hosen.

Ein "gesamtheitliches Problem"

Immerhin, die Verantwortlichen auf und neben dem Platz versuchten erst gar nicht zu beschönigen. Manager Horst Heldt nannte die Vorstellung in der ersten Halbzeit (0:3) "unfassbar" und stellte ernüchtert fest: "Wir können nichts entgegensetzen."

Trainer Armin Veh machte ein "gesamtheitliches Problem" aus und der glücklose Torjäger Mario Gomez wies in der Nachbetrachtung schon mal vorsorglich auf die Gefahr hin, die aus dem Ligakeller droht, schließlich hatten ja Duisburg und Nürnberg gewonnen und damit Tuchfühlung zum Meister aufgenommen.

Konkrete Lösungsvorschläge wollte (oder konnte) in der Öffentlichkeit niemand anbieten. Veh machte lediglich klar, dass er nicht auf die Mannschaft "draufhauen" werde, was in der jetzigen Situation die falscheste aller Maßnahmen sei.

Problemfall Torhüter

Aber was wäre nun das Richtige? Sicher wird die Rückkehr der Verletzten und Gesperrten irgendwann für Linderung sorgen; für die Partie in Hamburg fielen Meira, Hitzlsperger, Boka, Magnin, da Silva, Delpierre und Marica aus.

Damit wäre aber ein Problem nicht aus der Welt geschafft, über das bislang noch nicht gesprochen wurde: die Torhüterposition.

Nun ist es nicht direkt so, dass Raphael Schäfer einen Klops nach dem anderen produziert, wenngleich sich der 28-Jährige nach der Partie beim HSV kritische Fragen zu seiner Auffassung von Strafraumbeherrschung schon gefallen lassen muss.

Es ist aber auch nicht so, dass Schäfer Timo Hildebrand auch nur annähernd ersetzen kann. Oder deutlicher: Einen Punkt hat der Ex-Nürnberger für den VfB noch nicht gewonnen, geschweige denn ein Spiel.

Unsicherheit von hinten bis vorn

Dass Schäfer Hildebrand als Führungsfigur nicht oder noch nicht ersetzen konnte, liegt in der Natur der Sache. Das Standing seines Vorgängers kann er einfach noch nicht haben.

Aber ein wenig mehr Führung auf dem Platz täte der jungen und derzeit völlig konfusen VfB-Mannschaft gut. Heldt gab in der Halbzeitpause in Hamburg zu, dass sich die Unsicherheit, die von der Hintermannschaft ausgehe, "wie ein roter Faden durch die ganze Mannschaft zieht".

Und die Unsicherheit beginnt beim Torhüter. In der vergangenen Woche sind viele Vergleiche zwischen dem VfB Stuttgart 2007 und dem Hamburger SV 2006 gezogen worden.

Beispiel Hamburg, Beispiel Rost

Das Schema: Dem großen Erfolg folgt die große Seuche. Personalsorgen ausgelöst durch Verletzungen und Sperren infolge von Undiszipliniertheiten gehen einher mit sportlichem Misserfolg und ungenügendem Krisenmanagement und münden irgendwann in die totale Hilflosigkeit.

Beim HSV hatten zwei Faktoren großen, großen Anteil an der Wende zum Guten. Natürlich war der Trainerwechsel von Thomas Doll zu Huub Stevens der eine. Der andere - und dessen Bedeutung darf man nicht hoch genug einschätzen - war die Verpflichtung von Frank Rost.

Bevor Rost kam, hatte der HSV eine nicht zufriedenstellende Torhütersituation, mit Rost hatte der HSV erstens einen exzellenten Torhüter, zweitens einen neuen Führungsspieler und drittens ein gehöriges Stück an Erfahrung dazu gewonnen.

Warum nicht Lehmann? 

Das alles fehlt dem VfB Stuttgart in der gegenwärtigen Situation. In einem Fan-Forum fordern die ersten den Einsatz des jungen Österreichers Michael Langer, dem großes Potenzial bescheinigt wird und der bei seinem bislang einzigen Bundesliga-Spiel (0:0 gegen Wolfsburg am 25. Spieltag der vergangenen Saison) einen starken Eindruck hinterließ.

Dem VfB sei aber noch ein anderes Szenario ans Herz gelegt. Warum nicht in der Winterpause Jens Lehmann holen?

Der hat beim FC Arsenal offenbar seine Schuldigkeit getan. An eine Rückkehr ins Tor der Gunners ist momentan nicht zu denken. Nur dritte Wahl ist Deutschlands Nummer eins aktuell beim Spitzenreiter der Premier League.

Ein ideales Paar

Wären Stuttgart und Lehmann nicht ein ideales Paar? Der VfB bekäme erstens einen exzellenten Torhüter, zweitens einen neuen Führungsspieler und drittens ein gehöriges Stück an Erfahrung.

Lehmann bekäme einen Stammplatz garantiert und könnte sich eine Menge Diskussionen auf dem Weg zur Europameisterschaft im kommenden Sommer ersparen.

Es wird Zeit für konkrete Maßnahmen beim VfB.

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