FIFA-Präsident Gianni Infantino steht nach neuen Enthüllungen mehr in der Kritik

SID
Nach den umfangreichen Dokumenten von Football Leaks wächst die Kritik an Infantino weiter.
© getty

FIFA-Präsident Gianni Infantino will am 5. Juni 2019 unbedingt in seinem Amt bestätigt werden. Doch die Kritik am Führungsstil und Machtanspruch des Wallisers wächst. Infantino gerierte sich in seiner Stellungnahme auf die neuen Enthüllungen in der Rolle, die ihm eigentlich am liebsten ist: Die des Saubermanns!

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"Da wir bei der FIFA die Reformen resolut umsetzen, war mir immer klar, dass es Widerstand geben wird. Vor allem von denjenigen, die nicht mehr schamlos vom System profitieren können", betonte der Präsident des Fußball-Weltverbandes in einem offiziellen Statement und sieht sich als Opfer einer Kampagne einstiger Mitstreiter, die ihre Einflusssphäre verloren haben.

Der 48-Jahre alte Jurist aus der Schweiz, der am 5. Juni 2019 seine Wiederwahl anstrebt, reagierte damit auf Enthüllungen von Der Spiegel, der von der Enthüllungsplattform Football Leaks umfangreiche Dokumente erhalten und diese mit dem NDR und dem Recherchenetzwerk EIC geteilt hatte.

Gianni Infantino soll Ethik-Komission aktiv geändert haben

Zwei der Hauptvorwürfe gegen Infantino: Er soll "heimlich daran mitgewirkt" haben, dass der FIFA-Ethikkodex "in mehreren Punkten aufgeweicht" wurde. Änderungen seien demnach, anders als von der FIFA behauptet, nicht allein von der zuständigen Ethikkommission und von Funktionären aus den Kontinentalverbänden sondern auch von Infantino selbst angestoßen worden.

Inzwischen gibt es nicht wenige Insider, die glauben, dass die FIFA unter Infantino vom Regen in die Traufe gekommen sei. Der höchst angesehene deutsche Richter Hans-Joachim Eckert war von Juli 2012 bis Mai 2017 Vorsitzender der Ethik-Kommission. Trotz erfolgreicher Ermittlungen gegen Ex-FIFA-Boss Joseph S. Blatter und den ehemaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini mussten Eckert und sein Schweizer Kollege Cornel Borbely gehen; die Verträge wurde nicht verlängert.

Joachim Eckert: "Gewaltentrennung zwischen Präsident und Ethik-Kommission absurd"

Der neue Ethik-Code hatte schon vor geraumer Zeit hohe Wellen geschlagen, denn das Wort Korruption wurde kurzerhand gestrichen. "Aber dadurch beseitigt man die Korruption natürlich nicht", sagte Eckert in einer ARD-Dokumentation. Außerdem wurden beispielsweise die Verjährungsfristen abgeändert. Eckert: "Die Änderungen tragen die Handschrift des Präsidenten. Die Gewaltentrennung, die es zwischen Präsident und Ethik-Kommission gab, ist ad absurdum geführt worden."

Die FIFA legte derweil Wert auf eine Feststellung: "Um Zweifel auszuräumen, müssen wir klarstellen, dass keiner der Berichte irgendetwas enthält, das auch nur annähernd einen Verstoß gegen Gesetze, Statuten oder Regularien bedeutet." Es handele sich um einen "bewussten Versuch, die FIFA zu diskreditieren", das Ziel sei offensichtlich: Die neue Führung des Weltverbandes und vor allem Infantino solle "untergraben" werden.

Als Initiatoren der Enthüllungen hat die FIFA frühere Offizielle im Verdacht, die als Folge des Korruptionsskandals unter dem ehemaligen Präsidenten Blatter "entfernt" wurden: "Sie verbreiten falsche Gerüchte, aus Frustration wollen sie der FIFA schaden."

 

DauerFIFA-PräsientHerkunftsland
2016-Gianni InfantinoSchweiz
1998-2015Sepp BlatterSchweiz
1974-1998Joao HavelangeBrasilien
1961-1974Sir Stanley RousEngland

Intern hagelt es viel Kritik für Gianni Infantino

Blatter hatte erst vor Kurzem im Interview mit der Süddeutschen Zeitung Infantinos Pläne über eine Einführung einer globalen Nations League und einer erweiterten Klub-WM für angeblich 25 Milliarden Dollar als "Ausverkauf des Fußballs" bezeichnet. Infantino konnte sich mit seinen Plänen allerdings bislang im FIFA-Council nicht durchsetzen.

Und auch die Erweiterung der WM-Endrunde von 32 auf 48 Teams spätestens ab 2026 ist vielen ein Dorn im Auge. Erst kürzlich hatte der aktuelle FIFA-Chef allerdings die Aufblähung der Weltmeisterschaft als Haupteinnahmequelle des Weltverbandes schon 2022 in Katar nicht ausgeschlossen. Infantino: "Wenn es möglich ist - warum nicht?"

Schon vor FIFA-Amtszeit mit "geheimen" Absprachen

Laut der Medienenthüllungen soll der Walliser noch in seiner Funktion als Generalsekretär der Europäischen Fußball-Union (UEFA) im Jahr 2014 den Großklubs Manchester City und Paris St. Germain zu sehr milden Strafen für ihre Verstöße gegen die Regeln des Financial Fair Play verholfen haben. Infantino soll sich auf die Seite der Vereine geschlagen, sich mehrfach zu "Geheimgesprächen" mit den Klubbossen getroffen und so an Kompromissen gearbeitet haben.

Zur angeblichen Einmischung Infantinos in die Arbeit der Kontrollgremien teilte ein Sprecher mit: "Die UEFA-Verwaltung, und das schließt natürlich den Generalsekretär mit ein, kann dem Gremium je nach Lage des Falles assistieren. Dazu können Diskussionen, Meetings und Hilfe bei der Lösungsfindung gehören. Trotzdem bleibt das Kontrollgremium absolut verantwortlich für seine eigenen Entscheidungen."