Per Mertesacker verabschiedet sich mit Eistonne und Tränen: Homecoming King

Von Jonas Rütten
Per Mertesacker hat mit einem Abschiedsspiel in Hannover die Schuhe an den Nagel gehängt.
© imago

Unter dem Motto "Mertes Homecoming" hat sich Per Mertesacker endgültig als Aktiver von der Bühne Profifußball verabschiedet. Weggefährten und gute Freunde zollten dem 34-Jährigen in der Hannoveraner HDI-Arena ihren Respekt. Jenen Respekt, den sich Mertesacker im Laufe seiner Profilaufbahn überall verdient habe, wie alle Beteiligten einstimmig bestätigten. Der ausgelassenen Stimmung konnten auch zwei Wermutstropfen nichts anhaben.

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"Es war Perfektion." Claudio Pizarro schien sichtlich Gefallen an dem bunten Treiben gefunden zu haben, das sich ringsherum um ihn an diesem Samstag abgespielt hatte. "Es war etwas, das er niemals wieder vergessen wird", konstatierte der Peruaner circa eine Dreiviertelstunde, nachdem Per Mertesacker unter Tränen und Slaughterhouse-Klängen seine allerletzte Abschiedsrunde durch die Hannoveraner HDI Arena gezogen hatte.

Hier hatte Mertesackers Profikarriere so richtig begonnen, als er 2004 unter Trainer Ralf Rangnick und später unter Ewald Lienen zum Stammspieler bei Hannover 96 wurde.

Knapp zwei Stunden bevor sich Mertesacker zu seinem letzten Gang durch das Hannoveraner Rund aufmachte, übergab der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil dem ehemaligen Nationalspieler und Weltmeister kurz vor dem Anpfiff seines "Homecoming" die niedersächsische Sportmedaille. Explizit erwähnte Weil dabei, dass Mertesacker diese Auszeichnung nicht nur aufgrund seiner Verdienste auf, sondern gerade aufgrund derer neben dem Platz verdiene.

Wenger: "Was Mertesacker geleistet hat, ist hervorragend"

"Was er geleistet hat, ist hervorragend", sagte Trainerlegende Arsene Wenger deshalb und war mit seinen Lobeshymnen im Anschluss an das Abschiedsspiel zwischen Mertes 96-Freunden und Mertes Weltauswahl bei weitem nicht der Einzige. Jener Wenger sorgte in der 89. Minute für den Gänsehautmoment des Tages.

Als in dieser Minute ein letztes Mal die Auswechseltafel des Linienrichters in die Höhe schnellte, war auch dem Letzten der 40.096 Zuschauer klar: Hier geht ein ganz Großer - und das nicht nur bezogen auf das Gardemaß von 1,98 Meter des in Hannover geborenen Innenverteidigers. Wenger brachte Mertesackers Vater und Sohn Per verließ unter Standing Ovations das Feld.

Arsenal-Weggefährten und Ballack bleiben Mertesacker-Abschied fern

Tatsächlich erinnerte vieles an diesem Samstag an "Perfektion", wie es Pizarro ausdrückte. Und das, obwohl zahlreiche zuvor angekündigte Weggefährten Mertesackers besonders aus dessen Zeit beim FC Arsenal nicht erschienen waren. Hector Bellerin, Laurent Koscielny und Santi Cazorla blieben der Veranstaltung ebenso fern wie Michael Ballack, der mit Mertesacker lange Jahre gemeinsam in der Nationalmannschaft gespielt hatte.

Während es durchaus üblich ist, dass aktive Profis trotz einer Länderspielpause etwaigen Spaßveranstaltungen fernbleiben, so überraschte dennoch die Abwesenheit des ehemaligen Nationalmannschaftskapitäns.

Dieser hatte nur Tage zuvor durch ein Interview mit der Deutschen Welle auf sich aufmerksam gemacht, in dem er öffentlich seine Überraschung darüber kundtat, dass Bundestrainer Joachim Löw trotz des historisch schlechten Abschneidens bei der WM 2018 in Russland weiter im Amt bleiben durfte.

Nicht wenige witterten eine Retourkutsche, eine Art Revanche für die Vorgänge im Frühjahr 2011, als Philipp Lahm trotz der Wiedergenesung des einstigen "Capitanos" die Binde des Nationalmannschaftskapitäns behalten durfte. Ebenso hegten manche Anwesende den Verdacht, dass die kurzfristige Unpässlichkeit Ballacks unmittelbar mit dem DW-Interview zusammenhängen könnte.

Mertes Homecoming: Kieran Gibbs und die Weisheit des Tages

Doch wie Kieran Gibbs, der als einziger aktiver ehemalige Arsenal-Spieler anwesend war, zurecht feststellte, spielten diese Wermutstropfen an diesem Tag keine Rolle. Zumal die Abwesenheit von Cazorla (Rückkehr zu Villarreal nach zweijähriger Verletzungspause) und Koscielny (Rückkehr ins Training nach Achillessehnenriss) nur mehr als verständlich war.

"Es geht an diesem besonderen Tag nicht um sie, sondern darum, die Karriere von Per gebührend zu feiern", sagte der 29 Jahre alte Linksverteidiger, der die Gunners noch während der aktiven Zeit von Mertesacker nach zehn Jahren verließ und mittlerweile für West Brom in der zweiten englischen Liga spielt.

Der Medienrummel rund um beispielsweise Wenger, der sich zur Verpflichtung von Thierry Henry als Trainer der AS Monaco oder zum angeblichen PSG-Interesse an seiner Person äußern sollte, ließ zwar anderes vermuten. Doch Gibbs traf den Nagel auf den Kopf.

Per Mertesacker verabschiedet sich von den Fans in der Hannoveraner HDI Arena.
© DAZN
Per Mertesacker verabschiedet sich von den Fans in der Hannoveraner HDI Arena.

Per Mertesacker feiert Abschied: Eistonne nach 19 Toren

Es ging nicht um die An- oder Abwesenheit einiger prominenter Namen aus der Fußballwelt oder das Endergebnis von 10:9 für Mertes Weltauswahl. Es ging einzig und allein um die Würdigung eines Spielers, der mit markanten Statements den Blick auf den Profifußball veränderte (Stichwort Druck). Der auch mal Tacheles redete, wenn ihm eine Journalistenfrage nicht passte.

"Es gibt nicht viele Spieler, die zum Abschiedsspiel einladen, und dann ein ganzes Stadion vollkriegen. Per hat das geschafft, weil er ein super Typ ist und ein erfolgreicher Fußballer war", sagte Thomas Hitzlsperger, der Mertesacker für dessen neue Aufgabe als Leiter der Nachwuchsabteilung gerade wegen seiner Charaktereigenschaften für gewappnet hält.

Gemeinsam mit Hitzlsperger feierte Mertesacker vor fast genau 14 Jahren sein Nationalmannschaftsdebüt. Eine Länderspielkarriere, die am 30. Juni 2014 ihren verbalen Höhepunkt fand und an dessen Ende der Weltmeistertitel und der Mythos von der Eistonne stand. Eben jener Mythos wurde am Samstag noch einmal zum Leben erweckt, als die Comedians Elton, Oliver Pocher und Matze Knop Mertesacker zu einem letzten Bad im Eis einluden.

Diese Spieler und Promis waren beim Abschiedsspiel dabei

Kader Mertes 96-Freunde: Ron-Robert Zieler, Jörg Sievers, Carsten Linke, Christoph Dabrowski, Steven Cherundolo, Martin Harnik, Altin Lala, Mike Hanke, Otto Addo, Babacar N'Diaye, Gerald Asamoah, Jan Schlaudraff, Thomas Brdaric, Hanno Balitsch, Michael Tarnat, Christian Schulz, Niclas Füllkrug, Konstantinos Konstantinidis, Silvio Schröter, Fabian Ernst, Denis Wolf, Oliver Pocher

Kader Mertes Weltauswahl: Tim Wiese, Jens Lehmann, Marcell Jansen, Kieran Gibbs, Naldo, Arne Friedrich, Frank Baumann, Jurica Vranjes, Clemens Fritz, Max Kruse, Michael Ballack, Patrick Owomoyela, Aaron Hunt, Ivan Klasnic, Felix Kroos, Daniel Jensen, Christoph Metzelder, Torsten Frings, Tim Borowski, Claudio Pizarro, Peter Niemeyer, Per Mertesacker, Thomas Hitzlsperger, Elton

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