"Das Ende des Zeitalters der Privilegien"

SID
Aleksander Ceferin ist neuer UEFA-Präsident
© getty

Der Slowene Aleksander Ceferin ist zum neuen Präsidenten der Europäischen Fußball-Union gewählt worden. Der 48-Jährige setzte sich beim UEFA-Kongress in Athen gegen den Niederländer Michael van Praag durch und kündigte vollmundig den Beginn einer neuen Epoche an.

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Aleksander Ceferin wurde von den Dutzenden Kamera-Teams fast erdrückt, im Blitzlichtgewitter verzog der neue UEFA-Präsident aber keine Miene.

Mit ernster Stimme und prägnanten Sätzen ließ der Slowene, der nach fast einem Jahr im quälenden Machtvakuum die Nachfolge des gesperrten Franzosen Michel Platini antritt, keinen Zweifel aufkommen: In der Europäischen Fußball-Union (UEFA) weht ab sofort ein anderer Wind!

"Es ist das Ende des Zeitalters der Privilegien", sagte der 48-Jährige, der sich am Mittwoch beim UEFA-Kongress im Luxus-Hotel Grand Resort Lagonissi südlich von Athen deutlich mit 42:13 Stimmen gegen den Niederländer Michael van Praag (68) durchsetzte: "Es ist der Anfang einer neuen Epoche. Wir sollten mit der Politik, mit den Intrigen aufhören. Der Fußball kommt an erster Stelle."

Auch DFB stimmt für Ceferin

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte für den Slowenen, der bis 2019 gewählt wurde, gestimmt. "Das ist ein so gutes Ergebnis, dass ich keinen Zweifel haben, dass er wirklich die breite Unterstützung aller Nationalverbände hat, um seine Arbeit aufzunehmen", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel.

Das Votum zeige, "dass der Wunsch nach einer grundlegend neuen Dynamik von außerhalb des UEFA-Exekutivkomitees sehr breit vorhanden war."

Noch vor ein paar Wochen hatte kaum jemand im komplizierten Machtgefüge des europäischen Fußballs den Slowenen auf der Rechnung gehabt. Als Präsident seines Heimatverbandes (seit 2011) rangierte der Familienvater (drei Kinder) höchstens unter "ferner liefen".

Platini-Auftritt mit Sondergenehmigung

"Ich bin kein Träumer, ich bin Pragmatiker", sagte Ceferin: "Man wollte den Wandel und ein neues Gesicht. Wir haben sehr viel Arbeit." Er sei "kein Showman" und habe "keine Ego-Probleme", sagte der Jurist - im Gegensatz zu Vorgänger Platini.

Der für vier Jahre gesperrte Ex-Weltstar, der nur dank einer Ausnahmegenehmigung durch die FIFA-Ethikkommission eine Abschiedsrede halten durfte, sagte zu Beginn des Kongresses mit viel Pathos "Danke" und kündigte weitere Verfahren an.

"Ich habe ein ruhiges Gewissen und bin überzeugt, keinen einzigen Fehler gemacht zu haben", sagte Platini: "Ich werde meinen Kampf vor den Gerichten fortsetzen." Seinem Nachfolger wünschte der 61-Jährige "viel Erfolg auf dem Weg".

"Ostblock" und Infantino als Unterstützer

Ceferin darf dabei auf einflussreiche Freunde bauen. Begleitet wurde der Wahlkampf des Aufsteigers nämlich von Gerüchten und Spekulationen. Die Indizien sprechen für Ceferin-Befürworter in Russland und damit im "Ostblock" der UEFA. Auch FIFA-Präsident Gianni Infantino (Schweiz) unterstützte den Slowenen. Der neue FIFA-"Chefaufseher" Tomaz Vesel, der Vorsitzende der Audit- und Compliance-Kommission, ist ein Studienkollege Ceferins.

"Es ist der Beginn eines neuen Kapitels der UEFA", sagte Infantino, einst UEFA-Generalsekretär. Ceferin bekräftigte, dass der FIFA-Präsident nicht aktiv in seinen Wahlkampf eingebunden gewesen sei: "Ich hoffe, dass er mich unterstützt hat, aber ich weiß es nicht", sagte er.

Reformen und EM-Vergabe

Auf den neuen UEFA-Präsidenten kommt viel Arbeit zu: Mitten im Machtvakuum hatten die UEFA-Macher zuletzt die Reform der Europapokal-Wettbewerbe durchgedrückt. Dass die Milliarden künftig noch einfacher in die Kassen der Groß-Klubs fließen, hatte zu heftiger Kritik geführt.

"Wir wurden nicht richtig informiert, was die Champions League angeht. Ob ich es möchte oder nicht - wir müssen uns damit befassen", sagte Ceferin: "Wir sollten zeigen, dass wir diejenigen sind, die die UEFA führen, und wir brauchen den Dialog mit den Klubs. Ich glaube, dass sich die Situation verbessern wird."

Zudem steht spätestens 2018 die Vergabe der EM 2024 an, die der DFB unbedingt nach Deutschland holen will. "Wir haben zum Ausdruck gebracht, dass wir es begrüßen würden, wenn unsere Bewerbung unterstützt wird", sagte Grindel. "Das ist ebenso naheliegend wie legitim. Es wurde aber keine Absprache getroffen."

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