"Sowas ist doch Heuchelei"

Von Interview: Roman Ahrens
Benjamin Auer spielte vier Jahre lang für Alemannia Aachen
© getty

Einst war Benjamin Auer einer der großen Hoffnungsträger für die WM 2006. Das Versprechen auf die ganz große Karriere konnte er aber nicht einhalten. Mittlerweile lässt der Stürmer die Karriere in der Regionalliga ausklingen. Auer über den frühen Medienhype, Jürgen Klopp und planlose Fußballer.

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SPOX: Herr Auer, seit Winter 2014 spielen Sie beim FK Pirmasens in der Regionalliga. Wie groß ist denn der Respekt, wenn da auf einmal ein ehemaliger Bundesliga-Spieler in der Kabine steht?

Benjamin Auer: Meine Mitspieler sind alle ziemlich jung, ich bin mit weitem Abstand der Älteste. Natürlich haben die Respekt und hören darauf, was ich sage. Das liegt aber glaube ich nicht so sehr an meiner Vergangenheit, sondern mehr an meinem Alter. Aber ich muss auch beweisen, dass ich noch etwas kicken kann. Von den Gegnern gibt´s häufiger mal auf die Socken, ich bin ja doch kein Unbekannter. Aber ich bin kein Kind von Traurigkeit und weiß mich da schon zu wehren.

SPOX: Wie kam ihr Engagement in Pirmasens überhaupt zustande?

Auer: Mein Steuerberater ist der Präsident des FKP, wir kennen uns schon seit zehn Jahren und sind gut befreundet. Er hat mich immer wieder gefragt, ob ich nicht nochmal Lust habe zu spielen. Irgendwann habe ich mich dann bequatschen lassen. Im Sommer soll aber eigentlich Schluss sein.

SPOX: Sie haben sich schon 2005 als "Talent im Endstadium" bezeichnet. Welche Beschreibung würde Ihnen denn heutzutage gerecht?

Auer: (lacht) Gute Frage. Ich bin jetzt 35, ein Alter, in dem man langsam mal mit dem Fußball aufhören sollte. Ich bin durch meine anderen Tätigkeiten schon stark eingebunden. Was ich jetzt mache, kann man nicht mehr wirklich als ernsthaften Fußball bezeichnen, aber es macht mir einfach noch Spaß.

SPOX: Ihnen wurde eigentlich eine große Karriere prophezeit. Wie zufrieden sind Sie mit dieser unterm Strich?

Auer: Wenn man meine Jugendzeit von der U15 bis zur U21 nimmt und den Medienhype, der damals über mich hereingebrochen ist, hätte man schon erwarten können, dass ich den Durchbruch in der Nationalmannschaft schaffe. Aber ich bin nicht unzufrieden. Ich habe den Traum vieler Kinder als Fußballprofi gelebt. Ich habe dem Fußball sehr viel zu verdanken, habe viele Erfahrungen gemacht, von denen ich heute noch profitiere. Darüber hinaus habe ich natürlich auch sehr, sehr gutes Geld verdient.

SPOX: Stichwort Medienhype: Wie sehr haben Sie sich von Schlagzeilen wie "größtes deutsches Sturmtalent" unter Druck setzen lassen?

Auer: Als junger Spieler ist es etwas Schönes, wenn man gehypt wird. Ich bin mir nicht sicher, ob sich noch so viele Leute an mich erinnern würden, wäre der Hype damals nicht so groß gewesen. Das hat jetzt auch im beruflichen Leben noch seine Vorteile.

SPOX: Sie sind der drittbeste Torschütze der U21. Auch vor der Heim-EM im Jahr 2004 war das Interesse groß. Nach der Vorrunde war aber trotz eines Teams mit Ihnen, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski schon Schluss. Woran lag das?

Auer: Das Aus war natürlich sehr enttäuschend, zumal wir dadurch auch die Qualifikation für Olympia verpasst haben. Ich glaube, die Zusammenstellung des Teams hat einfach nicht gepasst, es gab viele Ungereimtheiten. Dazu hat dann die No-Go-Aktion von Uli Stielike, im zweiten Spiel (1:2 gegen Schweden) die gesamte Mannschaft zu tauschen, zu noch mehr Reibereien geführt. Mit der A-Mannschaft hätten wir das Spiel nicht verloren.

SPOX: Auch für das Team 2006 sind Sie der Rekordtorschütze. Im letzten Spiel, einem 5:2-Sieg gegen Österreich, trafen Sie und ein gewisser Mario Gomez. Wie groß war die Hoffnung im Team, den Sprung zur WM zu schaffen?

Auer: Die war natürlich riesengroß. Aber es wusste auch jeder, dass dich ein paar Einsätze hier nicht nach oben katapultieren. Wichtig war die Leistung im Verein, das Team 2006 war eigentlich unnötig.

SPOX: Nach Ihrer starken U20-WM 2001 mit vier Toren galten sie als neuer Hoffnungsträger bei den Fohlen. Warum hat es am Ende doch nicht geklappt?

Auer: Nach dem Kreuzbandriss, den ich mir bei der WM zugezogen habe, war es nicht leicht, wieder zurückzukommen. Das war ein psychischer Knacks. Unter Hans Meyer, der eher auf ältere Spieler wie Arie van Lent gesetzt hat, war es auch nicht gerade einfach.

SPOX: In der öffentlichen Wahrnehmung ist Hans Meyer ja auch als Spaßvogel bekannt. Wieso kamen Sie mit ihm nicht wirklich zurecht?

Auer: Wer ihn kennt, weiß, dass er nichts davon hält, wenn junge Spieler in den Medien zu präsent sind. Auch wenn ich ja nichts dafür konnte. Als Außenstehender würde ich das auch alles witzig finden. Er ist ja eine Erscheinung, der nicht nur Phrasen und Standardantworten gibt. Wenn er aber nicht dein größter Fan ist, hat man als junger Spieler an manchen Sprüchen schon zu knabbern. Heute würde ich darüber lachen, aber damals hat mich das nicht kalt gelassen.

SPOX: In Mainz lief es dafür umso besser. Was verbinden Sie mit den 05ern?

Auer: Primär die positiven Dinge wie den Aufstieg 2004. Da hat man in der ganzen Stadt eine Euphorie gespürt und wir hatten mit Jürgen Klopp einen gigantischen Trainer.

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