"Sowas ist doch Heuchelei"

Von Interview: Roman Ahrens
Benjamin Auer spielte vier Jahre lang für Alemannia Aachen
© getty
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SPOX: Im Jahr davor verpassten Sie dafür den Aufstieg am letzten Spieltag trotz Ihres Viererpacks beim 4:1 gegen Eintracht Braunschweig denkbar knapp. Hat man danach schon die Kloppschen Motivationskünste gespürt?

Auer: Jürgen Klopps große Stärke ist seine Rhetorik. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch vor der Mannschaft. Er hat eine ganz besondere Gabe, die Spieler zu motivieren und das hat er damals in Mainz bereits in Perfektion umgesetzt.

SPOX: Hat sich die große Karriere da bereits abgezeichnet?

Auer: Ich habe schon gedacht, dass er mal in die Bundesliga geht. Aber ich war mir nicht sicher, ob er auch mit großen Stars so gut klarkommt. Er ist ein super Typ und Trainer, ich gönne ihm absolut alles, was er erreicht hat.

SPOX: Ihre anschließenden Stationen in Bochum und Kaiserslautern verliefen nicht zufriedenstellend, bei Alemannia Aachen trafen Sie aber wieder regelmäßig. Welchen Stellenwert hat die Alemannia für Sie?

Auer: Die Entwicklung in Aachen verfolge ich nach meiner schönen Zeit dort schon mit einem weinenden Auge. Eigentlich müsste man eine oder zwei Ligen höher spielen.

SPOX: Nach dem Abstieg aus der zweiten Liga 2012 wurde mit Ihnen als einem der letzten gesprochen. Wie groß war Ihre Enttäuschung?

Auer: Nach den vielen Toren war es natürlich schon enttäuschend, dass der Verein nicht auf einen zukam. Aber ich wüsste auch nicht, ob ich den Weg in die dritte Liga mitgegangen wäre. Jetzt drücke ich dem Team die Daumen für den Aufstieg.

SPOX: Hätten Sie nach dem Abstieg nicht hier weiterspielen können?

Auer: Als Fußballer ist die Zeit, in der man Geld verdient, begrenzt. Da verstehe ich jeden, der versucht, in dieser Zeit das Maximum für sich rauszuholen. Aber ich wollte nach dem schmerzhaften Abstieg mit Aachen einfach nicht mehr weiter in der zweiten Liga oder dann gegen Aachen spielen. Die Angebote aus Griechenland oder dem Ostblock waren mit meiner Familie nicht zu vereinbaren.

SPOX: Das erinnert ja stark an Marcell Jansen. Stichwort: "Den Fußball nie geliebt"?

Auer: Da ist jeder Typ anders. Marcell Jansen wird sich sicher gar keine Sorgen mehr um seine Zukunft machen müssen. Aber wenn einer das Wappen eines Vereins küsst und zwei Wochen später weg ist, dann ist das doch verrückt. Ich finde, sowas ist Heuchelei. Das Ausland hingegen wäre nochmal ein Erlebnis gewesen.

SPOX: Sie standen dann kurz vor einem Wechsel zu Racing Santander. Woran ist dieser gescheitert?

Auer: Das hätte alles sehr gut gepasst. Im Endeffekt ist es dann an meinem alten Kreuzbandriss gescheitert: Obwohl ich davon seit Jahren nichts gemerkt hatte, war den Spaniern das Risiko zu groß.

SPOX: Kam Ihnen angesichts des geplatzten Wechsels dann ihr Studium in Fitnessökonomie und Gesundheitsmanagement zugute?

Auer: 2004 habe ich mein erstes von drei Fitnessstudios eröffnet. Da war mir klar, dass das ohne entsprechende Vorbereitung nicht gehen würde. Für mich war vor allem die Abwechslung zum Fußball sinnvoll, mal etwas ganz anderes und etwas für den Kopf zu machen. So konnte man sich auch etwas vom "typischen" Fußballer abheben. Ich habe auch viele Spieler gesehen, die kurz vor dem Karriereende keinen Plan hatten, was sie danach machen. Mir war schon klar, dass das Leben nach der Karriere weitergeht. Ich kann und will mein Leben nicht nur auf der Couch verbringen.

SPOX: Verfolgen Sie denn den Profifußball überhaupt noch, da gibt es ja auch immer wieder die Diskussion um klassische Mittelstürmer oder falsche Neuner?

Auer: Ich gucke ab und zu schon Spiele mit Freunden. Das war direkt nach der Karriere anders, da hab ich mich kaum mit dem Thema beschäftigt. Ich war immer schon ein Fan des klassischen Mittelstürmers, der die Bälle halten oder direkt verwerten kann. Aber davon gibt es ja nicht mehr wirklich viele, daher gehört für mich Mario Gomez ins DFB-Team. Daniel Ginczek wäre vielleicht auch eine Option geworden, aber der ist derzeit ja wieder verletzt.

Benjamin Auer im Steckbrief

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