"Soll ich mich für Schalke schämen?"

Von Interview: Benedikt Treuer
Mike Büskens erlebte beim FC Schalke die emotionalsten Momente seiner Karriere
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SPOX: Wäre für Sie eigentlich auch ein Engagement im Ausland denkbar?

Büskens: Eine meiner wichtigsten Eigenschaften ist es, Leute für eine Sache begeistern zu können und auf einen Weg mitzunehmen. Gerade bei diesen Aufgaben muss man sich sprachlich auf einer Ebene treffen und - wenn möglich - nicht unbedingt einen Übersetzer zu Rate ziehen. In dem Moment, in dem jemand zwischengeschaltet ist, kann man nicht mehr authentisch sein.

SPOX: Also kein Ausland?

Büskens: Es gibt sicherlich interessante Aufgaben. Jedoch sollte man eins zu eins rüberkommen. Da muss schon alles passen.

SPOX: Auch wenn Sie in Fürth eine erfolgreiche Zeit erlebt haben, kündigten Sie damals an, dass Sie der nächste Schritt zurück in den Westen führen würde. Das ging mit Düsseldorf schneller als erwartet. Zu schnell?

Büskens: Vielleicht hätte ich mir nach den drei Jahren in Fürth eine längere Pause nehmen sollen, aber die Fortuna war eine Herzensangelegenheit und ich war davon beseelt, mit dem Klub in den zwei Jahren meines Vertrags aufzusteigen. Wolf Werner sagte am Tag meiner Beurlaubung, ich hätte die Fortuna gelebt und geliebt. Wir haben im Trainerstab wahnsinnig viel Energie investiert. Nach dem bitteren Bundesliga-Abstieg sollten und wollten wir den Verein stabilisieren und von der Spielanlage verändern. Wir wussten, dass es Zeit braucht. Nach einem ordentlichen Beginn hatten wir aber nicht die nötigen Ergebnisse und hätten diese Phase nur mit einer großen Geschlossenheit im gesamten Verein durchgestanden. Die Fortuna war aber in einem großen Umbruch, der beim Vorstand begann und sich durch die gesamte Struktur zog. Drei der fünf Leute, die damals das Sagen hatten, sind heute nicht mehr tätig. In den Transferperioden 2012/13 und 2013/14 kamen über 30 neue Spieler sowie ein neues Trainerteam. Da müssen Dinge zusammenwachsen und bei fehlenden Ergebnissen bist du dann weg. Für die damalige Situation müssen wir alle die Verantwortung übernehmen.

SPOX: Wie siehen Ihre Planungen für die Zukunft nun aus?

Büskens: Es ist nicht möglich, im Fußball konkret zu planen. Dieser Sport ist ein Tagesgeschäft. Eine ganze Situation stellt sich in diesem Bereich schon in dem Moment anders dar, in dem der Ball vom Innenpfosten rein- oder rausspringt. Für mich ist entscheidend, dass sich das Feuer wieder entfacht hat und mich der Fußball wieder fesselt. Ich merke, dass ich wieder ich selbst sein kann, mit all den Dingen, für die ich stehe. Von daher spielt es keine Rolle, ob morgen eine Tür aufgeht, in drei Wochen oder in zwei Monaten.

SPOX: Ist es Ihnen in dieser Phase überhaupt noch recht, dass der Name Büskens so häufig mit Schalke assoziiert wird?

Büskens: Wir reden im heutigen Fußball immer von Identifikation. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, mich immer mit meinen Aufgaben identifiziert zu haben. Egal ob in Düsseldorf, Duisburg, Fürth oder auf Schalke. Soll ich die 18 Jahre auf Schalke aus meiner Vita streichen und mich dafür schämen? Ich durfte die achtmeisten Bundesligaspiele in der Schalke-Historie absolvieren, außerdem habe ich mit dem Verein zwei nationale und einen internationalen Titel gewonnen. Der UEFA-Cup-Sieg war der erste internationale Erfolg überhaupt. Das heißt, ich werde ein Leben lang Eurofighter sein. Wenn man den Fußball so liebt wie ich, dann ist das doch angenehm, für immer mit solchen Eckdaten in Verbindung gebracht zu werden. Ich muss meine Zeit beim FC Schalke 04 nicht leugnen.

SPOX: Wie haben Sie die Situation auf Schalke in den letzten Jahren aus der Ferne beobachtet?

Büskens: Die Blauen haben ein emotionales Umfeld. Der ganze Verein steht für leidenschaftlichen Fußball, was immer mit viel Energie verbunden ist. Wenn man einige Male kurz vor dem Gewinn der ersten Meisterschaft seit 1958 steht und am Ende immer wenige Zentimeter davor scheitert, dann ist die Sehnsucht natürlich groß. Ich war 2001 selbst ein Teil davon, wir waren Meister der Herzen. Gerade, weil sich immer der Glaube entwickelt, es in einer neuen Saison wieder schaffen zu können, war die Enttäuschung oftmals groß. Von diesen Zielen hat sich Schalke mittlerweile ein Stück weit entfernt.

SPOX: Trotzdem kehrt seit geraumer Zeit keine Ruhe ein. Die Ansprüche sind hoch, der Druck auch. Gibt es derzeit keinen Schlüssel zum Erfolg?

Büskens: Ich weiß nicht, was Schalke dazu bewegt hat, die Trainer in den letzten Jahren so häufig zu wechseln. Es steht mir auch nicht zu, das zu beurteilen. Roberto Di Matteo hat eine schwierige Aufgabe übernommen. Als neuer Trainer kommt man mit eigenen Ideen, jedoch muss man schauen, inwiefern diese in der Kürze der Zeit überhaupt umsetzbar sind. In der jetzigen Phase geht es primär darum, die nötigen Punkte zu sammeln. Schalke ist wieder auf Kurs zur direkten Champions-League-Qualifikation. In der Winterpause wird Di Matteo das erste Mal etwas mehr Zeit zur Verfügung haben - eine Art zweite Vorbereitung, in der an Feinheiten gearbeitet werden kann.

SPOX: Und dann beendet Schalke die Saison das erste Mal seit fünf Jahren vor dem BVB?

Büskens: Natürlich will man immer mindestens einen Platz vor dem großen Revierrivalen stehen. Das ist ganz klar und so ist es im Moment ein schönes Gefühl. Aber die Borussia wird wieder zurückkommen und oftmals denke ich an die Zeit zurück als mit Duisburg, Wattenscheid und dem VfL Bochum das Revier in der Bundesliga eine große Rolle spielte.

Seite 1: Büskens über sein Leben ohne Fußball und die Rückkehr der Gier

Seite 2: Büskens über seine Zukunftsplanungen und die Verbundenheit zu Schalke

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