"Und dann rief Gerland an"

Von Interview: Jonas Schützeneder
Sein größter Triumph: Didi Hamann wurde mit Liverpool Champions-League-Sieger
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SPOX: Im Rückblick haben Sie viel erlebt und sehr viel gewonnen. Würden Sie etwas anders machen?

Hamann: Überhaupt nichts. Ich hatte das große Glück bei tollen Vereinen zu spielen. Dazu noch die Länderspiele und die starke WM 2002. Absolutes Highlight war natürlich der Champions-League-Sieg mit Liverpool. Nach diesem unglaublichen Spiel gegen Milan.

SPOX: Bei dem saßen Sie zu Beginn erst einmal auf der Bank...

Hamann: Das stimmt und natürlich war ich enttäuscht. Aber Fußball ist ein Teamsport. Dann lagen wir zur Halbzeit 0:3 zurück und ich kam in die Partie. Das war natürlich auch nicht gerade einfach.

SPOX: Also kam mit Ihnen die große Wende.

Hamann: Wie gesagt: Fußball ist Teamsport. Wir hatten uns in der Halbzeit vorgenommen, alles zu riskieren und ein schnelles Tor zu erzwingen. Plötzlich stand es dann 3:3. Damit waren wir im Elfmeterschießen natürlich psychologisch im Vorteil.

SPOX: Kann man die Gefühlslage vor so einem wichtigen Elfmeter beschreiben?

Hamann: Das ist schwer. Durch die unglaubliche Aufholjagd hatten wir natürlich enormes Selbstvertrauen. Ich bin dann zum Punkt gegangen und habe mir vorgenommen, nach links zu schießen, wollte aber auch auf eine frühe Reaktion des Torhüters warten. Dida ist aber lange stehengeblieben, also habe ich nach links geschossen und getroffen.

SPOX: Danach haben Sie noch für City gespielt. Sie kennen den englischen Fußball: Wie kann man den erneut schwachen Auftritt der Three Lions bei der WM erklären?

Hamann: Bei aller Stärke der Premier League: England ist seit Jahren nicht auf dem Niveau anderer Teams. Das Ausscheiden war für mich keine große Überraschung aber natürlich eine große Enttäuschung für das ganze Land. Aber: In den nächsten Jahren kommen talentierte Jungs nach. Die Zukunft sieht also besser aus.

SPOX: Trotz der Blamage will Roy Hodgson nicht zurücktreten. Zurecht?

Hamann: Er hat einen Vertrag und die FA ist scheinbar weiter von ihm überzeugt. Ob er der richtige Trainer ist? Ich bin mir nicht sicher.

SPOX: Mit Luis Suarez ist ein Reds-Spieler zum wiederholten Mal äußerst negativ aufgefallen. Wie sehen Sie seine Zukunft in Liverpool?

Hamann: Wie Sie richtig sagen, ist es nicht der erste große Fehler. Ich bin mir nicht sicher, ob der Klub ihn halten will. Gerade jetzt. Selbst für so einen Topstürmer wird der Geduldsfaden dünner. Wenn das Interesse aus Spanien bleibt, wird die Luft in Liverpool dünn für ihn.

SPOX: Mit Blick auf die positiven Erkenntnisse der WM: Ist der FC Bayern nach den tollen Auftritten Müller, Robben und Shaqiri ein Gewinner des Turniers?

Hamann: Natürlich ist es für den Klub und die Fans toll zu sehen, wenn die Spieler so gut spielen. Ob es ihnen konkret etwas nützt, ist aber eine andere Geschichte. Falls das Interesse an Shaqiri anhält, bekommt Bayern wohl ein paar Millionen mehr für ihn. Dafür muss Pep Guardiola länger warten, bis seine Spieler aus dem Urlaub kommen.

SPOX: Nach großen Turnieren ist der Start der Topteams oft recht holprig. Wie haben Sie die Vorbereitung nach so kurzen Pausen als Spieler erlebt?

Hamann: Die Motivation ist kein Problem. Man ist ja Profi und will jeden Tag topfit sein. Das Problem ist vielmehr die kurze Erholungsdauer. Was noch dazukam: In England gibt es ja keine Winterpause. Nach der WM 2002 war ich zum Beispiel zwei Wochen im Urlaub. Dann ging es quasi ein Jahr ohne Pause durch. Das war schon hart.

SPOX: Sie waren bereits als Spielertrainer in England aktiv. Können wir in den nächsten Jahren mit Ihnen als Coach rechnen?

Hamann: Ich habe jedenfalls alle Scheine und würde gerne anfangen. In England gibt es allerdings viele Trainer, die einen Job suchen. Derzeit habe ich als TV-Experte und Botschafter für den FC Liverpool genug zu tun. Was die Zukunft bringt, wird man dann sehen.

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