Der Kürbis, die Torschlange und eine Prostituierte

Von David Kreisl
Die Torschlange schlängelt leider nicht in der Bundesliga
© Getty
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Auf die Größe kommt es an: Sportlich gesehen haben die Hannoveraner in den letzten Jahren fast alles richtig gemacht. Die letzten zwei Spielzeiten landete man am Ende der Saison auf einem Europa-League-Platz und vertrat Deutschland im internationalen Wettbewerb mehr als ordentlich. Die abgelaufene Transferperiode aber ist für die Herren Martin Kind und Co. wohl eher unter dem Motto "Das üben wir nochmal" einzuordnen.

Ein großes Missverständnis war das Interesse am Polen Pawel Wszolek. Eigentlich war man sich mit dem Talent schon einig. Als der 20-Jährige nicht zum vereinbarten Medizincheck erschien, sah man das Ganze bei 96 noch recht locker. Der Junge habe wahrscheinlich kalte Füße bekommen und sei deswegen nicht gekommen, vermutete Jörg Schmadtke, der daraufhin nach Warschau flog, wo Wszolek in Anwesenheit von Verantwortlichen Polonia Warschaus, einer Juristin und des 96- Sportdirektors die Transfervereinbarung unterschrieb.

Doch auch eine Woche später wartete man vergeblich auf das Eintreffen des Spielers. Schmadtke brachte das erneute Nichterscheinen des Polen auf die Palme. Er habe "schon ein paar Sachen erlebt, aber in dieser Form noch nicht. Ich halte das Verhalten für unseriös und nicht akzeptabel."

Der Spieler selbst sah sich als Opfer und fühlte sich übergangen. Seine Meinung habe beim angestrebten Transfer keine Rolle gespielt. "Ich fühlte mich wie eine in den Westen verkaufte Prostituierte", sagte der Offensivmann einer polnischen Zeitung.

Wszolek sollte nicht die einzige Wechsel-Kuriosität der Niedersachsen bleiben. Auch die Umstände des Transfers von Franca waren sehr skurril. Der 21-Jährige ist nämlich neun Zentimeter kleiner als gedacht.

Der Neuzugang von Noroeste wurde lediglich per Video gescoutet. "Wir hatten drei unterschiedliche Internetquellen mit identischer Größenangabe. Es gab keinen Grund, die anzuzweifeln", sagte Schmadtke über das Transfer-Malheur. Schließlich war ein wichtiges Kriterium bei der Spielersuche für Francas Position, auf die Körpergröße zu achten. Noch bei der Vorstellung des Neuzugangs hieß es, Franca habe mit 1,90 Meter die gewünschten körperlichen Voraussetzungen.

Coach Mirko Slomka, selbst 1,87 groß, fielen die fehlenden Zentimeter beim Aufeinandertreffen in der Kabine auf. Der Trainer nahm es aber mit Humor: "Was soll ich sagen? Ich war überrascht."

Technische Probleme, Teil II: Nicht ganz so altmodisch wie das Fax: In dem Mailänder Hotel, in dem die italienische Liga alle Wechsel offiziell abwickelt, fiel kurz vor Transferende das WLAN aus. Die Internetverbindung stand erst um 19.02 Uhr, genau zwei Minuten nach Ende der Transferfrist, wieder zur Verfügung. Leidtragender dieser Situation: Fulhams Pajtim Kasami, der in die Serie A zu Delfino Pescara wechseln sollte.

Der Last-Minute-Transfer platzte wegen des Last-Minute-Internetausfalls, denn die Unterlagen trafen erst nach 19 Uhr in Mailand ein. Während sich Kasami selbst über "Twitter" resigniert zeigte ("Warum läuft immer alles gegen mich?"), wurde sein Berater Mino Raiola dezent deutlicher: "In diesem Scheiß-Hotel kann man nicht arbeiten! Das Internet geht nicht, der Lift ist defekt. Es ist eine Schande!"

Der neue Löwen-Coach. Nicht: Bei den Löwen kann man sich seit dem Einstieg von Investor Hassan Ismaik sicher sein, dass in Giesing immer etwas los ist. Die Posse um Sven-Göran Eriksson war aber selbst für die Sechzger ein neuer Tiefpunkt.

Der ehemalige Nationalcoach Englands galt schon lange als Wunschtrainer von Ismaik, Mitte November war der Schwede sogar drei Mal in der Allianz Arena, um sich 1860 anzusehen. Präsident Dieter Schneider wiegelte die aufkommenden Gerüchte ab: "Das Ganze wird ein bisschen hochgehängt. Der Investor hat sich über Eriksson eine zweite Meinung über die Mannschaft eingeholt."

Der Präsident ging sogar so weit und gab Coach Alexander Schmidt eine Jobgarantie bis Saisonende. Das gefiel Ismaik gar nicht, der die Vereinsführung darauf heftig attackierte. Ein Treffen zwischen dem Investor und den Verantwortlichen endete im Eklat, Ismaik verließ mit den Worten "Ich kann mit diesen Leuten nicht arbeiten" die Runde.

Nach einer weiteren, fast siebenstündigen Krisensitzung schien ein Kompromiss gefunden: Eriksson sollte kommen und zusammen mit Schmidt die Löwen in Liga eins führen. Die Nachricht über Erikssons Engagement wurde unter anderem auf der Homepage der Löwen wie eine fixe Verpflichtung verbreitet.

Doch der Schwede wusste noch gar nichts von seinem Glück und hatte mittlerweile andere Pläne. Also sagte er den Münchenern kurzerhand ab: "Seit dem ersten Kontakt mit dem Verein im November ist einige Zeit vergangen und wir alle wissen, wie schnelllebig das Profi-Fußballgeschäft ist. Deshalb bitte ich alle Beteiligten, meine Entscheidung zu respektieren. Ich wünsche meinem Freund Hasan Ismaik und dem TSV 1860 München viel Erfolg für die Zukunft."

Die Absage der Torschlange: Die "Bild" lieferte definitiv die beste Headline des Winters: "Bobic jagt die Torschlange!" Gemeint war Duvier Riascos von Club Tijuana, der den Spitznamen wegen seines skurrilen Torjubels trägt. Nach einem Treffer schlängelt sich der Stürmer wie eine Schlange über den Rasen. Dass wir das noch nicht in der Bundesliga bestaunen durften liegt daran, dass Riascos Klub sich nicht mit dem geplanten Nachfolger einigen konnte und der Wechsel trotz weit fortgeschrittener Gespräche platzte.