"Ich war noch nie in der Allianz Arena"

Von Interview: Christian Baldermann
Carsten Jancker erzielte in 143 Spielen für den FC Bayern München 48 Tore
© Getty

Carsten Jancker gewann mit dem FC Bayern München die Champions League und den Weltpokal, nach seinem Wechsel zu Udinese Calcio wurde es ruhiger um den geborenen Grevesmühlener. Es folgten Stationen in Kaiserslautern, Shanghai und letztendlich dem SV Mattersburg. Im Interview spricht er über nicht nachvollziehbare Entscheidungen, glorreiche Zeiten und den aktuellen Kader vom FC Bayern.

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SPOX: Seit der Ausmusterung aus dem Kader vom SV Mattersburg hat man sportlich nichts mehr von Ihnen gehört. Ist Ihre Laufbahn nun endgültig beendet?

Carsten Jancker: So wie es aussieht, ja. Ich hatte geplant, im Sommer aufzuhören. Ich habe noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2010 und das war es dann für mich.

SPOX: Sie haben im Sommer 2009 angekündigt, dass Sie gerne noch zwei, drei Jahre spielen würden.

Jancker: Es hat sich einfach nichts mehr ergeben. Ich hätte nur noch ins Ausland gehen können und das wollte ich nicht, weil ich meine Familie nicht noch einmal aus der Umgebung heraus reißen möchte.

SPOX: Können Sie noch einmal die Situation beim SV Mattersburg aus Ihrer Sicht rekonstruieren?

Jancker: Da gibt es nichts zu erzählen. Man hat mir vorgeworfen, dass ich zu alt bin und es nicht mehr bringen würde. Ich war Kapitän, hatte gerade für ein Jahr verlängert und habe bis heute keinen richtigen Grund erfahren. Ich habe auch keinen Kontakt mehr zu den Verantwortlichen.

SPOX: Also können Sie die Entscheidung von Trainer Franz Lederer immer noch nicht nachvollziehen?

Jancker: Beim SV Mattersburg trifft der Trainer ja keine Entscheidungen, sondern der Präsident. Der Trainer hat bei so etwas nichts zu sagen. Das hat der Präsident entschieden und ich habe danach leider keine Gespräche mehr mit ihm geführt.

SPOX: Sie hatten Ambitionen, einen Trainerschein zu machen. Hat sich in der Beziehung schon etwas getan?

Jancker: Ich bin seit Dezember in einem Kurs für die B-Lizenz und werde im Sommer 2011 versuchen, die A-Lizenz zu schaffen.

SPOX: Haben Sie schon Pläne, wo Sie die Trainerkarriere hinführen soll?

Jancker: Das wird man sehen. Ich werde probieren, meinen Schein zu machen und dann denke ich, dass ich erstmal junge Spieler trainieren werde. So einfach ist es ja nun auch nicht mehr,  Bundesliga-Trainer zu werden, man muss auch die UEFA-Lizenz machen. Deswegen denke ich, dass ich den Weg über die Jugend nehme, weil ich denke, dass ich denen auch einiges mitgeben kann. Ich habe ja viel erlebt.

SPOX: Apropos viel erlebt: Was kommt Ihnen zuerst in den Sinn, wenn Sie auf Ihre Karriere zurück blicken?

Jancker: Natürlich die Bayern! Wenn man vier Mal deutscher Meister wird, die Champions League und den Weltpokal gewinnt, ist das extrem. Und wenn auch die Kinder da geboren werden, dann ist das eine Zeit, die man nicht so schnell vergisst.

SPOX: Gibt es auch sportliche Entscheidungen oder Momente, die Sie bereuen?

Jancker: Wenn ich gewusst hätte, dass Italien so Scheibenkleister läuft, dann hätte ich das natürlich nicht gemacht. Aber das kann man alles nicht mehr zurück drehen.

SPOX: Würde Ihnen der Fallrückzieher an die Latte im verlorenen Champions-League-Finale den Schlaf rauben, wenn 2001 nicht der Sieg gekommen wäre?

Jancker: Ruhig schlafen könnte ich sicher, aber ich denke, dass man das natürlich einfacher verdauen kann, wenn man 2001 die Champions League gewonnen hat. Deswegen kann ich leichter über 1999 sprechen.

SPOX: Wenn Sie den Kader von 2001 mit dem aktuellen FC Bayern vergleichen, wo sehen Sie da die Unterschiede?

Jancker: Das kann man nicht vergleichen, dazu bin ich auch zu weit weg vom jetzigen FC Bayern. Sie müssen sich vorstellen, ich war noch nicht einmal in der Allianz Arena. Ich kriege das nur so aus der Ferne mit und denke, dass der FC Bayern im Moment einen sehr guten Kader hat, der mit dem Spiel gegen Juventus zu einer Mannschaft geworden ist, in der man auch an den Trainer glaubt. Mit dem Erfolg kommt auch das Selbstvertrauen. Da können Sie jeden Spieler unserer 2001er-Mannschaft fragen, dass das eine Riesen-Truppe war. Von den 22, 23 Spielern waren 17 oder 18 Nationalspieler.

SPOX: Könnten die Vertragsverhandlungen mit Franck Ribery den Erfolgsfluss des FC Bayern behindern?

Jancker: Sollte eigentlich nicht, weil das nun einmal zum Geschäft dazu gehört. Ribery hat einen Vertrag bis 2011 und er soll entweder verlängern oder verkauft werden. Bayern wird sicher an seine finanzielle Grenze gehen. Wenn es nichts wird, dann wird sich Bayern nach Ersatz umschauen, so ist nun mal das Geschäft.

SPOX: Wird man einen qualitativ gleichwertigen Ersatz finden können?

Jancker: Sicher nicht. Aber es ist ja kein Kindergeburtstag. Er hat bis 2011 einen Vertrag und Bayern möchte verlängern. Wenn er nicht verlängern will, wird er eben für 50, 60 Millionen verkauft und man schaut sich nach Ersatz um.

SPOX: Wie sehen Sie allgemein die Entwicklung des FC Bayern an, der immer mehr auf die eigene Jugend setzt?

Jancker: Sie haben Riesen-Ausgaben für das Jugend-Internat. Da sollen dann natürlich auch mal ein paar Spieler rauskommen und auch eingekauft werden.

SPOX: Am Mittwoch findet das Hinspiel zwischen dem FC Bayern und dem AC Florenz statt. Wie ist ihr Tipp?

Jancker: Ein 3:1. Für die Bayern natürlich (lacht). Ich habe zig Jahre dort gelebt und würde niemals etwas gegen den FC Bayern sagen, dazu hat es mir dort viel zu gut gefallen.

Wie stark sind die Bayern wirklich?