Ein Blick hinter die Kulissen

Von Interview: Jochen Tittmar
Spielerberater Dirk Hebel gewährt Einblicke in die Arbeitswelt der Spielervermittlung
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SPOX: Sie sprachen das Scouting an. Wo laufen denn die Ergebnisse zusammen?

Hebel: Wir haben ein wöchentliches Team-Meeting. Dort werden alle Informationen zusammen getragen. Über unsere Datenbank haben wir die Möglichkeit, 24 Stunden nach Spielende mit unseren Spielern über Internet und Telefon einzelne Spielszenen zu besprechen und zu analysieren.

SPOX: Stichwort Analyse von Spielszenen: Auf welche Dinge achten Sie dabei?

Hebel: Auf die persönlichen Merkmale: Körpersprache, Außendarstellung, Umgang mit positiven und negativen Erlebnissen. Wie verhalte ich mich bei Ballverlust? Wo hätte ich abspielen müssen? Für eine solch individuelle Betreuung hat ein Trainer nicht in jeder Woche Zeit. Wir setzen dort an, um unsere Spieler besser zu machen.

SPOX: Wie sind Sie denn zu Ihrem Job gekommen?

Hebel: Die Anfangszeit ist immer am schwierigsten. Ich habe damit angefangen, ehemalige Mannschaftskollegen zu betreuen. Die sind schon damals auf mich zu gekommen und haben mich nach Rat gefragt. Und dann entwickelte sich das einfach über Mundpropaganda und einfaches Ansprechen.

SPOX: Wie viele Spieler beraten Sie persönlich?

Hebel: Bei uns werden Teilgebiete vergeben. Verschiedene Mitarbeiter betreuen verschiedene Vereine und deren Entscheidungsträger. Dazu kommen die von mir schon erwähnten Mitarbeiter, die viele Kleinigkeiten für die Spieler erledigen und damit mir und meinem Partner viele Dinge abnehmen. Insgesamt betreuen wir mit unseren 17 Mitarbeitern rund 50 Spieler.

SPOX: Was sind denn zum Beispiel die vielen Kleinigkeiten?

Hebel: Wenn wir mal den Wechsel von Eren Derdiyok von Basel nach Leverkusen nehmen: Da besorgt man dem Spieler gewisse Papiere und muss dafür sorgen, dass er am ersten Trainingstag eine fertige Wohnung beziehen kann, das Auto vor der Tür steht, der Handyvertrag passt, Telefon- und Internetanschluss eingerichtet sein und so weiter.

SPOX: Was muss getan werden, um Verein und Spieler zusammen zu bringen?

Hebel: Wir müssen ganzjährlich wissen, welcher Verein welchen Bedarf hat. Wo könnte unser Spieler passen? Wer ist dort Trainer? In welchem System wird gespielt? Welche Mitspieler gibt es? Wer spielt auf meiner Position?

SPOX: Wie geht es dann weiter, wenn all diese Fragen beantwortet sind?

Hebel: Haben wir alle Infos zusammengetragen, liefern wir diese an unsere Spieler. Das Ziel ist, aufgrund unserer Recherchen dem Spieler möglichst zur richtigen Vereinswahl zu verhelfen. Ganz wichtig aber: Wir liefern die nötigen Informationen, der Spieler und sein Umfeld treffen die Entscheidung.

SPOX: Liegen Sie bei Ihren Analysen und Recherchen immer richtig?

Hebel: Es kann vorkommen, dass Vereine andere Baustellen im Kader sehen, als wir das von außen vermuten. Wir versuchen, wie ein Klubmanager zu denken. Oft liegen wir hierbei auch goldrichtig. Manchmal aber auch ganz daneben. Dies ist aber das Schöne am Fußball: Zehn Betrachter, zwölf verschiedene Meinungen. Herrlich!

SPOX: Sobald aber ein Vertrag unterschrieben wird, dürfte auch für Sie Geld fließen. Das ist ja wie bei der Provision eines Immobilienmaklers.

Hebel: Der Vergleich hinkt natürlich sehr, aber irgendwie ist es schon zu vergleichen. Wir müssen aber einen Spieler nicht von A nach B verkaufen, um Geld zu verdienen. Auch bei einer Vertragsverlängerung wird man bezahlt. Dadurch wird auch das allgemeine Vorurteil entkräftet, das der Berater nur deshalb ein Interesse an einem Transfer seines Spielers hat, weil er dann Provision verdienen kann.

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SPOX: Sie waren ja selbst Profi. Wie war das zu Ihrer Zeit?

Hebel: Als ich 20 Jahre alt und Fußballer war, da hatte ich von den ganzen Dingen, die rund um den Fußball passieren, gar keine Ahnung.

SPOX: Verständlich.

Hebel: Das war auch nicht meine Aufgabe. Meine Aufgabe war, gut zu spielen und Leistung zu bringen. Das kann ich aber nur, wenn ich glücklich bin und glücklich sein kann ich nur, wenn mein Umfeld stimmt. Und dafür muss jemand zuständig sein, dem ich im Idealfall voll Vertrauen kann. Wir sprechen hierbei oft von einer Drei-Säulen-Theorie.

SPOX: Die da wäre?

Hebel: Erstens: Der Spieler muss glücklich sein und sich wohlfühlen. Zweitens: Die sportliche Perspektive muss stimmen. Ist das so, dann kommt die dritte Säule - die Finanzen - von ganz alleine. So sehe ich die Zusammenhänge. Deswegen ärgert es mich manchmal, dass die Berater ein ganz schlechtes Image haben.

SPOX: Inwiefern?

Hebel: Das rührt daher, dass es auf dem Markt auch einige Leute gibt, die nicht gut arbeiten. Deshalb haben wir nun eine Organisation unter lizenzierten Beratern gegründet, die sich alle an die FIFA-Regeln halten müssen. Wenn dies nicht der Fall ist, drohen uns Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug. Wir haben uns einfach gesagt, dass wir es nicht mehr akzeptieren, dass nichtlizenzierte Berater machen können, was sie wollen und dem Image der gesamten Branche schaden.

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