Barcelona weist den Weg

Von SPOX/Andreas Renner
Champions-League-Sieger, Meister und Pokalsieger: Barcelona ist derzeit das Maß der Dinge
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In der taktischen Ausbildung gibt es noch viele Möglichkeiten. Warum sollte es in der Zukunft keine Spezialtrainer für Angriff und Abwehr geben? Und einen, der die Standardsituationen coacht? Aus denen in der internationalen Spitze fast 50 Prozent aller Tore entstehen. "Die Spezialisierung der Trainer, das wird kommen", ist sich Wolfgang Frank ganz sicher. In anderen Sportarten ist sie längst Standard.

Natürlich müssen all diese Trainer auch ausgebildet werden. Und zwar möglichst gut. Ein Projekt, an dem Sammer und Wormuth bereits arbeiten. Und es nicht leicht haben. In einem Land, in dem viele noch glauben, dass ein Trainer seinen Spielern eigentlich gar nichts beibringt.

Und dass Ergebnisse die einzigen Kriterien sind, an denen man die Arbeit eines Trainers messen kann. Siegenthaler glaubt jedenfalls, dass die Zukunft für uns noch viele Überraschungen parat hält: "Die Trainerausbildung muss gegeben sein, dann ist alles machbar."

Konservative Kräfte

Die Sache hat aber einen Haken, glaubt Wormuth: "Ein Trainer hat bei uns nicht das Standing wie in anderen Ländern." Er erlebt immer wieder, dass Trainer ihre Vorstellungen nicht umsetzen, weil sie Angst vor der öffentlichen Reaktion haben. Leverkusens meuternde Spieler bei Labbadias Laufwegetraining (siehe Teil 7) sind nur ein Beispiel.

Kaiserslauterns Ex-Coach Milan Sasic erzählte mal, dass er im Training gerne mit seinen Spielern Basketball spielen würde: "Da könnte man die Koordination trainieren, das Verteidigen im Raum und auch Möglichkeiten, sich auf engstem Raum Lücken zu schaffen." Und warum tat er es nicht? Sasic: "Haben Sie eine Ahnung, was am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde?"

Tja, die konservativen Kräfte in Deutschland sind eben immer noch sehr stark. In den Medien und vor allem in den Vereinen selbst, wo viele Altstars alles für unnötig erklären, was sie aus ihrer aktiven Zeit nicht kennen. Das Neue wird erst einmal abgelehnt und die einfachsten Lösungen sind immer die Besten.

In Zukunft wird diese Denkweise jedoch immer weniger erfolgreich sein, das Rad der Zeit kann man nicht zurückdrehen. Intensiveres Training wird kommen. Es bedeutet auch mehr Zeit auf dem Platz für die Spieler (und Trainer). Auch die Videoanalyse wird immer wichtiger werden. Weil man den Spielern so vor Augen führen kann, was sie falsch machen.

Mentaltraining unverzichtbar

Zur Verbesserung der Spieler gehört auch ein Mentaltraining. "Wichtig ist es, dass sich Spieler gedanklich mit dem Fußball befassen", sagt Wolfgang Frank. Das Visualisieren von bestimmten Situationen vor dem Spiel hilft, die Handlungsschnelligkeit auf dem Platz zu verbessern. Im US-Sport ist das längst Standard.

Wer Situationen gedanklich durchgespielt hat, der kann sie in der Realität besser lösen. Funktioniert übrigens auch im richtigen Leben, nicht nur im Sport.

Die Frage aller Fragen

Bleibt zum Schluss noch eine Frage, die seit Anbeginn der Zeit (siehe Teil 1) durch die Fußballwelt geistert: Was ist denn nun wichtiger, die bessere Taktik oder bessere Spieler zu haben? Wer alle acht Teile dieser Themenwoche gelesen hat, wird hoffentlich zustimmen: Mit einer guten Organisation kann man Defizite in der individuellen Qualität der Spieler bis zu einem gewissen Grad ausgleichen.

Trotzdem wird aber ein Fünftligist auch mit guter Taktik Probleme haben, den FC Bayern zu besiegen. Und deshalb lautet die Antwort auch: Am besten man hat beides. Gute Spieler und eine gute Organisation. Wer international ganz vorne mit dabei sein will, hat anders keine Chance.

10 Verteidiger oder Libero

Der Fußball der Zukunft wird also vielfältig bleiben. Und sich weiterentwickeln. Wichtig ist, sich eins vor Augen zu führen: Keiner weiß alles über Fußball. Nicht Ihr, nicht ich und auch nicht Franz Beckenbauer. Und wenn es tatsächlich jemand schaffen sollte, morgen alles über Fußball zu wissen, dann ist er am Tag danach schon nicht mehr auf dem neuesten Stand. Der Sport verändert sich permanent und jeder Beteiligte, der nicht dauernd die neuesten Entwicklungen interessiert verfolgt, ist schon bald von der Realität überholt worden.

Urs Siegenthaler war beim Confed-Cup und beobachtete die möglichen Gegner des DFB bei der kommenden WM. Seine Erkenntnis: "Irak spielte mit zehn Mann in der Defensive gegen Spanien. Ägypten spielte hier mit einem Libero. Also mein Fazit: Alles ist möglich." Freuen wir uns darauf.

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