Sächsisches Ministerium streicht Geld für Sozialprojekte

SID

Dresden - Das Gewaltproblem im sächsischen Fußball tritt immer offenkundiger zu Tage, doch das Sozialministerium im Freistaat streicht ab 2008 den Fanprojekten das Geld.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Damit ist Sachsen das einzige Bundesland, dass sich aus der Finanzierung von Fansozialarbeit komplett heraushält. Das ist eine Katastrophe", sagte Torsten Rudolph, Leiter des "Fanprojekts Dresden", der Deutschen Presse-Agentur dpa und betonte: "Dabei würden schon 150 000 Euro im Jahr ausreichen, um alle sächsischen Fanprojekte zu unterstützen. Doch das Land wehrt sich vehement dagegen."

Während Rudolph diese Entscheidung besonders nach den Krawallen am Rande eines Fünftligaspiels als falsches Signal bezeichnet, verteidigt das Sozialministerium seinen Beschluss. "Das Gewaltproblem muss dort angepackt werden, wo es entsteht. Das geht an die Adresse der Vereine selbst. Das Problem wird nicht allein durch eine bessere finanzielle Ausstattung von Fanprojekten gelöst", erklärte Ministeriumssprecher Ralph Schreiber.

"Das bedeutet Chaos"

Die Folgen dieser Einsparmaßnahme sind jedoch verheerend. Dem Fanprojekt in Dresden, dass keinem Verein angegliedert ist und bislang etwa zu je einem Drittel von der Stadt, dem Freistaat und dem DFB finanziert wird, fehlen damit jährlich mindestens 30.000 Euro.

 

Zudem muss einer der drei hauptamtlich beschäftigten Sozialarbeiter entlassen werden. "Wenn es wirklich so weit kommt, löst das eine Kettenreaktion ungeahnten Ausmaßes aus, da dann auch der DFB seine Fördergelder streicht. Das bedeutet Chaos", meinte Rudolph, der sich mit seinen Mitstreitern seit 2003 um die Fansozialarbeit in der Landeshauptstadt kümmert: "Die Ereignisse überschlagen sich, und Vereine wie Dynamo Dresden sind allein überfordert. Gerade deshalb ist unsere langfristig angelegte präventive Arbeit so wichtig."

Dass sich die vielen Zusagen der Politik dagegen oftmals nur als Lippenbekenntnis entpuppen, ärgert Rudolph besonders. "Sachsens Politiker müssen endlich erkennen, dass Verantwortung weiter geht, als in Polizeieinsätze zu investieren", forderte der Sozialpädagoge.

Den Hinweis des Ministeriums an das Fanprojekt, sich doch künftig in die Pauschalförderung der Jugendhilfe einzuklinken, weist er als eine ungünstige Variante entschieden zurück. "Erstens sind diese Pauschalen über Jahre hinaus verplant. Und zweitens müssten dann andere soziale Projekte sterben. Wir brauchen Unterstützung aus einem separaten Topf, so wie das in anderen Bundesländern schon längst gehandhabt wird", meinte Rudolph.

Polizei fordert Fußballverbot

Die Polizeigewerkschaften GdP und DPolG fordern unterdessen Veranstaltungsverbote und zugleich größeren Druck auf die Vereine. "Städte und Kommunen müssen in Zukunft das Recht haben, Fußballspiele zu verbieten, bei denen mit gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Anhängern der konkurrierenden Fußball-Klubs zu rechnen ist. Davon sollten sie auch Gebrauch machen, damit den Vereinen endlich klar wird, dass die Polizei nicht länger für ihre Versäumnisse herhalten kann", sagte Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), in Berlin.

Zugleich fordert er ein härteres Durchgreifen vom DFB. "In Dresden ist deutlich geworden, dass die Bemühungen des DFB auf ganzer Linie gescheitert sind. Wenn der DFB offensichtlich nicht in der Lage ist, Randalierer unter Kontrolle zu bringen, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als diese Spiele von dritt- und viertklassigen Vereinen zu untersagen."

"Das ist mehr als grotesk"

Wendt verwies in diesem Zusammenhang vor allem auf die hohen Kosten der Polizeieinsätze, die vom Steuerzahler beglichen werden müssen: "Unsere Kolleginnen und Kollegen stehen im Steinhagel, weil der DFB Spiele veranstaltet und die Auswüchse nicht im Griff hat. Das ist mehr als grotesk."

Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sprach im "Deutschlandradio Kultur" über die Überlegungen der sächsischen Landesregierung, Kosten von Polizeieinsätzen teilweise den Vereinen aufzubürden. "In der Praxis wird das nach der heutigen Gesetzeslage schwierig werden, den Vereinen das aufzubrummen."

Die Ankündigung sei laut Freiberg aber ein Versuch, den Druck auf die Vereine zu erhöhen. Für die Polizei sei es schwierig, die Sicherheitskonzepte der Bundesligen auf die Vereine niedrigerer Spielklassen zu übertragen: "Das überfordert uns alle."